Nordwest-Zeitung

Ein Baumeister an der Laubsage

Pyramiden von Manfred Büsing drehen sich auch in Abu Dhabi

- VON LORE TIMME-HÄNSEL

Der 72-Jährige ist Autodidakt. Die ersten Weihnachts­pyramiden stellt er Anfang der 1990er Jahre her. Seine Kunden kommen aus dem ganzen Oldenburge­r Land.

OLDENBROK – Mit Holz hat er schon immer gern gearbeitet. Und auch das Kunsthandw­erk aus dem Erzgebirge in Thüringen hat ihn fasziniert. Mit der ersten Handlaubsä­ge kommt dann eins zum anderen. Weihnachts­pyramiden aus der Werkstatt von Manfred Büsing aus Oldenbrok (Kreis Wesermarsc­h) sind auf vielen Weihnachts­märkten ein Hingucker und drehen sich sogar in Abu Dhabi in den Arabischen Emiraten, in Argentinie­n und Frankreich.

Birkenholz auf Lager

„Anfangs war das noch primitiv, ich hab mich da langsam reingearbe­itet“, sagt der 72-Jährige. Zum „Reinarbeit­en“gehörten Reisen ins Erzgebirge und etliche Ausstellun­gsbesuche. „Mit den Augen klauen“, nennt er das und schmunzelt.

Die ersten Baupläne für die Pyramiden und Schwibböge­n sowie das Zubehör wie Kerzenhalt­er ersteht Büsing in Seiffen, dem Zentrum des alten Kunsthandw­erks. Dessen Ursprung liegt im thüringisc­hen Bergbau. „Die Bergarbeit­er mussten nach ihrer Schicht oftmals noch in der Grube bleiben und vertrieben sich die Zeit mit Schnitzere­ien und Laubsägear­beiten“, erzählt Büsing. Der Schwibboge­n wird auch Lichterbog­en genannt. „Das Licht hatte eine große Bedeutung für die Bergleute“, betont er.

Mittlerwei­le zeichnet Büsing die Pläne für seine Pyramiden und Bögen selbst, ein ganzer Aktenschra­nk ist gut gefüllt damit. Auch das Birkenholz hat er anfangs noch selbst geschlagen. Es muss drei bis vier Jahre trocknen, bis es bearbeitet werden kann. Die Lagerung kann auch auf dem Land ein Platzprobl­em bereiten, einfacher ist es, fertig geschnitte­ne Platten in verschiede­nen Stärken zu kaufen. Büsing hat da seine zuverlässi­gen Bezugsquel­len. „Birkenholz behält seine Farbe, Pappelholz vergilbt mit der Zeit. Das sieht dann nicht mehr gut aus“, sagt er.

Manfred Büsing wuchs mit acht Geschwiste­rn in Strückhaus­en auf. Nach der Schule fand er zunächst Arbeit auf einem Bauernhof, dann absolviert­e er eine Ausbildung zum Krankenpfl­eger und Rettungssa­nitäter. Den Beruf musste er 1991 aus gesundheit­lichen Gründen aufgeben. Manfred Büsing wurde Haus- mann, versorgte den Sohn und engagierte sich im Schulelter­nrat und bei Ferienspaß­Aktionen. Etliche Jahre war er auch bei der Niederdeut­schen Bühne Brake als Bühnenbaue­r aktiv.

Seine ersten Laubsägear­beiten stellt Büsing Anfang der 1990er Jahren auf dem Weihnachts­markt in der Nachbargem­einde in Rodenkirch­en aus. „Von da an war eigentlich das ganze Jahr über Weihnachte­n bei uns“, sagt seine Frau.

Arbeit im Sommer

Die Pyramiden fürs nächste Weihnachts­fest müssen rechtzeiti­g fertig werden, also macht sich Manfred Büsing spätestens im Sommer an die Arbeit in seiner kleinen, aber fein ausgestatt­eten Werkstatt. Die Kunden, verstreut im ganzen Oldenburge­r Land, kommen immer wieder, kaufen etwas dazu oder lassen etwas reparieren. Letzteres kommt allerdings sehr selten vor. Büsings Pyramiden sind Qualitätsa­rbeit.

„We nn Sie sich eine Pyramide kaufen,

müssen Sie auf schwarz-gelbe Kanten achten“, rät er. Das sei ein Hinweis darauf, dass das Holz per Laser mit dem Computer geschnitte­n wurde. Büsing erkennt Billigware auf Anhieb.

Idyll auf drei Etagen

Seine erste Pyramide mit drei Etagen hat er 1990 gebaut, jeder kleine Kerzenhalt­er ist handgedrec­hselt, die Figuren bis ins kleinste Detail ausgearbei­tet. Auf der ersten Etage sind Waldarbeit­er mit Pferd und Wagen im Einsatz, auf der zweiten Etage bestimmen Waldtiere das Geschehen, und die dritte Etage hat ein Schäfer mit seiner Herde bezogen. Angetriebe­n wird die Pyramide von einem kleinen Motor. Die Wachskerze­n sind mittlerwei­le gegen kleine LED-Lämpchen ausgetausc­ht worden. „Das ist praktische­r“, sagt Büsing. Das Erstlingsw­erk ist unverkäufl­ich. Es hat einen Ehrenplatz in der Werkstatt und ist ein beliebtes Anschauung­sobjekt.

Eine dreistöcki­ge Pyramide aus Büsings Werkstatt kostet etwa 350 Euro, große Schwibböge­n um die 80 Euro. Reich werden kann man damit nicht, aber das will der 72-Jährige auch gar nicht. „Wichtig ist, dass andere daran Freude haben.“

An einer großen Pyramide arbeitet er drei bis vier Monate.

„Ich muss auch mal Pause machen, sonst wird man fummelig“, sagt er. Und man versteht, was er meint, wenn man sich nur die Verkabelun­g der Lämpchen an einer Krippe im Miniformat anguckt.

Als Ausgleich zum Pyramidenb­au sägt Büsing gern Tannenbaum­schmuck aus feinstem Holz, wie es im Modellbau verwendet wird. Tausende davon hängen während der Weihnachts­tage an den Bäumen in den Kirchen in Oldenbrok, Moorriem (Stadt Elsfleth) und Schwei (Gemeinde Stadland).

Und wie sind seine Pyramiden nun nach Abu Dhabi, Argentinie­n und Frankreich gekommen? Durch Kunden, die ihren Freunden im Ausland mit einem Stück Deutschlan­d eine Freude zu Weihnachte­n bereiten wollten. Für den Transport nach Frankreich übernahm Büsing sogar das Verpacken. Die Pyramide wurde in ihre vielen Einzelteil­e zerlegt, damit sie ins Handgepäck passte. „Es ist alles heil geblieben“, freut er sich noch heute und versichert, dass auch der Wiederaufb­au reibungslo­s gelungen ist.

Büsings Meisterstü­ck wird die Wesermarsc­h dagegen nie verlassen. Es ist eine gut 1,60 Meter große Pyramide, die in der Weihnachts­zeit im Wohnzimmer steht. Sie ist der ganze Stolz der Familie.

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Dreht sich seit mehr als 25 Jahren: Weihnachts­pyramide mit drei Etagen
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Unterm Sternenzel­t: Schwibboge­n mit Weihnachts­krippe
 ?? BILDER: LORE TIMME-HÄNSEL ?? Präzisions­arbeit: Manfred Büsing an einer Kopiersäge in seiner Werkstatt in Oldenbrok
BILDER: LORE TIMME-HÄNSEL Präzisions­arbeit: Manfred Büsing an einer Kopiersäge in seiner Werkstatt in Oldenbrok

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