Nordwest-Zeitung

Bremerhave­ner Olympionik­in vom Ehrgeiz gepackt

Kea Kühnel (27) will nach Winterspie­len in Südkorea nun bei WM in den USA glänzen

- VON JANET BINDER

BREMERHAVE­N – Inzwischen hat Kea Kühnel der Ehrgeiz gepackt. Die Winter-Olympionik­in aus Bremerhave­n will bei der Weltmeiste­rschaft im Ski-Freestyle im Februar in den USA groß auftrumpfe­n. „Ich habe hart trainiert“, sagt die 27-Jährige kurz vor dem Jahreswech­sel. Vor zehn Monaten war sie die erste Sportlerin aus dem Bundesland Bremen bei Olympische­n Winterspie­len.

Im Februar holte die 27Jährige zwar keine Medaille, ihr Start in Pyeongchan­g war dennoch etwas Besonderes. Denn Kühnel ist eine Spätstarte­rin: Erst mit 21 Jahren kam sie zum Ski-Freestyle. „Bis dahin habe ich von der Sportart nichts gewusst“, sagt Kühnel. Nur fünf Jahre später startete sie bei Olympia.

Angefangen hatte ihre Leidenscha­ft beim Skiurlaub in der Schweiz. Dort beobachtet­e sie Freestyler, wie sie auf Skiern akrobatisc­he Kunststück­e zelebriert­en. „Das fand ich cool“, sagt Kühnel. Sie war angefixt von der Sportart, bei

der man anders als beim Skirennen seinen eigenen Stil einbringen kann. Um den Sport ausüben zu können, entschied sie sich für ein Studium in Innsbruck.

Am Anfang brachte sie sich alle Tricks selbst bei. „Ich habe mich wohlgefühl­t in der Luft“, sagt sie. Ein bisschen Angst sei zwar immer mit dabei. „Aber wenn man einen Sprung geschafft hat, ist das ein Gefühl, das mit nichts zu

vergleiche­n ist.“Nach zwei Jahren kam sie als Nordlicht bereits ins Nationalte­am.

Weil es in Bremerhave­n, wo sie aufgewachs­en ist und ihre Familie lebt, keine Berge gibt, ist sie nur noch selten in ihrer Heimat. Sie trainiert in Bayern und Österreich, gleichzeit­ig macht sie in Innsbruck ihren Master in Wirtschaft­sprüfung und studiert in München Sinologie. Beim Weltcup Anfang November 2018 in Italien erreichte sie den dritten Platz in der Disziplin Big Air. Danach lernte sie zwei Wochen am Stück für die Uni. „Wenn ich lerne, dann von morgens bis abends, da kenne ich keine Gnade. Sonst würde ich es nicht schaffen.“

Kühnel genießt es, dass sie jeweils eine andere Rolle einnehmen kann: „Ich tauche dann in eine ganz andere Welt ein.“Dass sie neben dem Sport aktiv ist, ist ihr sehr wichtig. Sie weiß, dass ihre Sportler-Karriere schnell beendet sein kann, wenn sie sich verletzt. Sollte das der Fall sein, will sie nicht in ein Loch fallen. Die Verletzung­sgefahr in Kühnels Diszipline­n Big Air und Slopestyle ist nicht gering. Spektakulä­re Drehungen in schwindele­rregender Höhe zeichnen sie aus. Kühnel brach sich schon eine Hand, kleine Gehirnersc­hütterunge­n sind normal. „Ich habe immer blaue Flecken“, sagt sie. Beim Training für den Weltcup in Italien stürzte sie schwer. „Der Sport ist nicht gesundheit­sfördernd.“

Deshalb waren ihre Eltern zunächst nicht sonderlich begeistert. Ihre Leidenscha­ft für den Winterspor­t hatten sie allerdings selbst beeinfluss­t. „Meine Eltern sind sehr skibegeist­ert, ich stand schon mit zwei Jahren auf Skiern“, erzählt die 27-Jährige. Kühnel kam in den Rennkader des Bremer Skiverband­es, in ihrer Kindheit verbrachte sie im Winter jedes Wochenende im Schnee, sei es im Harz oder in Bayern. Nebenbei turnte sie: „Das kommt mir jetzt zugute.“

Eigentlich hatte ihr Leben nach dem Abitur anders verlaufen sollen. Zunächst war ein Studium in Shanghai geplant. In der elften Klasse war sie ein Jahr im Schüleraus­tausch in Taiwan gewesen, hatte fließend chinesisch und die Kultur lieben gelernt. Dann kam der Skiurlaub in der Schweiz. Obwohl ihr Lebensmitt­elpunkt inzwischen in Österreich und Bayern ist, sieht sie sich immer noch als Bremerhave­nerin: „Hier fühle ich mich wohl.“Auch weil in der Seestadt alle den gleichen norddeutsc­hen Slang sprechen wie sie. Die chinesisch­e Sprache liegt ihr letztlich näher als die bayrische.

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DPA-BILD: KIN CHEUNG In Pyeongchan­g dabei gewesen: Ski-Freestyler­in Kea Kühnel
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DPA-BILD: JASPERSEN Die 27-Jährige sitzt bei einem Spaziergan­g an der Weser.

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