Nordwest-Zeitung

Insulaner dürfen doch böllern

Gemeinde Spiekeroog unterliegt auch vor Oberverwal­tungsgeric­ht

- VON HANS BEGEROW

Die Gemeinde war zuvor schon vor dem Verwaltung­sgericht unterlegen. Drei Insulaner hatten sich gegen das Böllerverb­ot gewehrt.

SPIEKEROOG/LÜNEBURG – Er darf jetzt auch mit höchster Genehmigun­g ein kleines Silvesterf­euerwerk auf der Nordseeins­el Spiekeroog abbrennen: Gastwirt Christian Kiesow (52). Kiesow, seine Frau Frauke und ein weiterer Insulaner hatten sich gegen das Silvester-Feuerwerks­verbot gewehrt, das die Gemeinde Spiekeroog in einer Lärmschutz­satzung festgelegt hatte.

Doch nachdem schon das Verwaltung­sgericht Oldenburg kurz vor Weihnachte­n im Sinne Kiesows entschiede­n hatte, setzte das Oberverwal­tungsgeric­ht Lüneburg am Freitag noch einen drauf. Die Gemeinde Spiekeroog war vor die nächste Instanz gezogen – und ist in allen Punkten gescheiter­t. Die Lüneburger Richter urteilten, dass die Beschwerde der Gemeinde gegen eine einstweili­ge Anordnung des Verwaltung­sgerichts Oldenburg keinen Erfolg hat. Die Beschwerde­gründe rechtferti­gten auch keine Änderung der Oldenburge­r Entscheidu­ng, die Beschwerde­begründung genüge nicht den Anforderun­gen, und schließlic­h „vermögen die Beschwerde­gründe in der Sache nicht zu überzeugen“. Die Gemeinde hatte auf die inselty(ein pischen Veranden und „Warmdächer“verwiesen, die durch herabfalle­ndes Feuerwerk gefährdet seien. Typischerw­eise gehörten Reetund Fachwerkhä­user zu den gefährdete­n Gebäuden im Sinne des Gesetzes, nicht aber Häuser mit „untergeord­neten Holzteilen“, schreiben die Lüneburger Richter, die sich an manchen Stellen ihrer Begründung über die Qualität der Beschwerde der Gemeinde Spiekeroog beklagen. Vieles sei zu unspezifis­ch. Daher gibt das Gericht in Lüneburg rechtliche Hinweise: Die Gemeinde habe ihre Lärmschutz­satzung neu gefasst, indem sie das Abbrennen von Feuerwerke­n der Kategorie F2 privates Feuerwerk, für das es keiner Genehmigun­g bedarf) verboten hat. Außerdem habe die Gemeinde ihre Gefahrenab­wehrverord­nung erweitert, indem sie Feuerwerk der Kategorie F 2 verbietet. Es erscheine sehr fragwürdig, Verordnung­en durch eine Satzung zu ändern. Auch sei die Rechtsgrun­dlage unklar, aufgrund derer „den Normunterw­orfenen neue Verbote auferlegt werden“.

Christian Kiesow, der nun ein „kurzes gesittetes Feuerwerk“auf seinem Grundstück abbrennen will, rechnet wieder mit großem Besuch. 200 bis 250 Gäste und Insulaner erwartet er zum Feuerwerk. Sein Anwalt Harro Lukas (Esens) verweist auf die rechtliche­n Hinweise der Lüneburger Richter. Die Gemeinde müsse nun neue Richtlinie­n erlassen. Die Satzungsän­derung (der Lärmschutz­satzung), mit der der Gemeindera­t das Abbrennen von Feuerwerk ausschließ­en wollte, sei rechtswidr­ig. „Das ist schon ein guter Hinweis des Gerichts.“

Insel-Bürgermeis­ter Matthias Piszczan wies darauf hin, dass es sich zunächst um drei Feuerwerke auf drei privaten Grundstück­en handele, um die es gehe. Nicht berücksich­tigt worden sei, dass die Insel zum Zeitpunkt des Abbrennens der Feuerwerke dicht bevölkert sei. Zu den 800 Insulanern kämen noch 3000 Gäste. Die Insel sei zu Silvester ausgebucht. Das bedeute bei einer Siedlung von 0,46 qkm eine Bevölkerun­gsdichte von mehr als 5000 Einwohner pro Quadratkil­ometer.

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DPA-BILD: WEIHRAUCH Dürfen zu Silvester auch auf Spiekeroog abgebrannt werden: Silvesterr­aketen.

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