Nordwest-Zeitung

Hoch die Tassen nach jedem gelösten Fall

„Der Kommissar“ermittelte erstmals vor 50 Jahren – 97 Krimi-Folgen bis 1976 im ZDF

- VON OLIVER SCHULZ

Ihren Kultstatus erhielt die Serie durch den hohen Alkohol- und Nikotinkon­sum. Auch die Polizisten feierten gern.

OLDENBURG – „ rmordet sage e a red so r do s e a e r te er ermordet

Sätze für die Ewigkeit. Dazu eine Welt in Schwarz und Weiß, vernebelt von Zigaretten­rauch, und Charaktere, vernebelt von Alkohol und Drogen. Das ist – zugegeben stark reduziert – die Krimireihe „Der Kommissar“, die am 3. Januar 1969 mit der Episode „Toter Herr im Regen“erstmals im ZDF ausgestrah­lt wurde und seither in den öffentlich-rechtliche­n Seitenkanä­len mehrfach wiederholt wurde.

Seit nunmehr 50 Jahren sind die Anhänger fasziniert von dieser wort- und kontrastre­ichen Serie, in der die Täter weniger in wilden Verfolgung­sjagden zur Strecke gebracht wurden, sondern sich mehr im Labyrinth von Mordmotiv, Alibi und Verhör verstrickt­en und am Ende brav gestanden. Jüngere Zeitgenoss­en sind dagegen eher verstört aufgrund fehlender Farbe, lähmenden Tempos sowie zahlloser Menschen mit seltsamen Angewohnhe­iten.

„ ag ma ros er! gester " e d e #r#s

t o „ er!

ar ar

Zwischen 1969 und 1976 wurden 97 Mordgeschi­chten (für Netflix-Konsumente­n: in einer einzigen Staffel!) erzählt von Menschen, die Proschitz und Kurusch hießen, aber auch Kabisch, Basseck und Tolke, und die verdächtig waren – oder von Beginn an unverdächt­ig, weil tot.

Die Ermittler bildeten ein festes Team: Kommissar Herbert Keller (gespielt von Erik Ode), die Inspektore­n Walter Grabert (Günther Schramm) und Robert Heines (Reinhard Glemnitz) sowie Fritz Wepper als Kriminalha­uptmeister Harry Klein (bis Folge 71, als er in der fiktionale­n Serie von seinem realen Bruder Elmar alias Kriminalha­uptmeister Erwin Klein ersetzt wurde). Fritz Wepper wechselte bekannterm­aßen ins Farbfernse­hen zu „Oberinspek­tor Derrick“, für den er nicht nur den Wagen holte, sondern bis 1998 auch 281 Fälle löste.

Die Bücher wurden von Herbert Reinecker geschriebe­n und von Helmut Ringelmann umgesetzt. Die auf 35mm-Film produziert­e Serie wurde vom 3. Januar 1969 bis 30. Januar 1976 erstmals im ZDF ausgestrah­lt. Die Dreharbeit­en begannen im Frühjahr 1968. Die erste Folge „Das Messer im Geldschran­k“wurde im ZDF als zweite ausgestrah­lt.

Bemerkensw­ert ist, dass Kommissar Keller seinen ersten Fall vom Krankenbet­t aus löste – heute würde dagegen die Berufsgeno­ssenschaft einschreit­en. Und obwohl das ZDF bereits 1967 das Farbfernse­hen eingeführt hatte, wurde die Serie bis zuletzt – im Stile des „Film noir“– in Schwarzwei­ß produziert.

„ ass e ma #r das e de $err omm s% sar e e &ra# sagt s e tra#t s a# t me r a e e de 'a d 'as s d das #r (r e s e ) ge e#er s d das * r t ge ) ge e#er

Bemerkensw­ert ist die hohe Akzeptanz bei prominente­n Künstlern. Bei den von Regisseure­n wie Wolfgang Staudte und Zbynk Brynych mit experiment­ierfreudig­er Kamera inszeniert­en Episoden ist das Zeitkolori­t ein interessan­ter Aspekt. Viele soziale Brennpunkt­e jener Zeit werden angesproch­en, wie Generation­enkonflikt und aufkommend­er Drogenkons­um. Auch der Wandel der Jugendkult­ur (Hippies, Beatschupp­en, Gammler) wurde in der Serie reflektier­t.

Die Titelmusik zum „Kommissar“stammt von Herbert Jarczyk, dem bekannten polnischst­ämmigen Filmkompon­isten, der bereits Ende 1968 starb und den Ruhm der Serie nicht mehr erlebte. Peter Thomas, berühmt durch die Musik zur anderen Kultserie „Raumpatrou­ille“, aber auch die deutsche Avantgarde­Band Can (Folge 49) sowie die Les Humphries Singers (Folge 60) trugen ihren Stil bei.

Bei der Rolle der Frau endete die Aufklärung allerdings nach den 26 Folgen mit dem Verschwind­en von Kriminalas­sistentin Helga Lauer. Von da an füllte nur noch Fräulein Rehbein („Rehbeinche­n“) die entstanden­e Lücke mit klassische­n Vorzimmera­ufgaben sowie dem Bereitstel­len von Getränken, Schnittche­n und Würstchen.

Schnaps ist Schnaps und Dienst ist Dienst – und Dienst ist Schnaps. Die Aufklärung­squote des ermittelnd­en Quartetts um Kommissar Keller lag bei 100 Prozent, Grund genug, um regelmäßig und gedankenlo­s nach Dienst ordentlich zu bechern.

Die sehr detailreic­he Fanseite im Internet listet unter „kommissar-keller.de“die Anzahl der konsumiert­en Getränke auf. Man wundert sich aus heutiger Distanz, wie die Ermittler trotz ständiger Bedröhnung in der Lage waren, den Täter zu überführen. Durchschni­ttlich neunmal wurde pro Folge das Glas gehoben. In Episode 19 mit dem Titel „In letzter Minute“gab es rekordverd­ächtige 27 Drinks, die aus Bier, Whisky und Schnaps bestanden. Selbst später überführte Mörder waren zuvor perfekte Gastgeber. Ein „Danke nein, wir sind im Dienst“ist von den Polizisten nicht zu hören.

Nahezu alle namhaften Schauspiel­er der alten Bundesrepu­blik waren damals vertreten: Curd Jürgens, Peter van Eyck, Marianne Hoppe, Götz George, Helmut Käutner, Dieter Borsche, Peter Pasetti, Boy Gobert, Lilli Palmer, Christine Kaufmann, Martin Held, Bernhard Wicki, um nur einige zu nennen.

„Der Kommissar“

lief zwischen 1969 und 1976 in 97 Folgen. Die ZDF-Serie mit 94 Fällen ist als Komplettbo­x mit 28 CDs erhältlich.

Für Kommissar-Fans

bietet die Internetse­ite viele Anekdoten und Fakten – unter anderem die Liste der Alkoholika in jeder Folge.

@ www.kommissar-keller.de

Die Kriminalpo­lizisten ermittelte­n bei ganz einfachen Leuten in teilweise unwürdigen Behausunge­n und im Villenvier­tel bei München. Arme, Reiche – der Mörder konnte überall sein, wie auch das Opfer mal ein feiner Herr und mal ein Tippelbrud­er war. Die Hippie-Szene spielte häufig eine Rolle, dazu die Musik der 70er Jahre, das alles macht die Serie auch heute noch so interessan­t.

Am 30. Januar 1976 ging der Kommissar dann in den Ruhestand. Untypisch nüchtern quittierte Erik Ode alias Herbert Keller damals den Dienst: „a!ee# (raes

 ?? DPA-BILD: GREGOR ?? Eine Welt in Schwarzwei­ß: Dreharbeit­en im Juni 1969 an der Isar in München mit Erik Ode als Kommissar Keller (Mitte) und Reinhard Glemnitz als Assistent Heines (links).
DPA-BILD: GREGOR Eine Welt in Schwarzwei­ß: Dreharbeit­en im Juni 1969 an der Isar in München mit Erik Ode als Kommissar Keller (Mitte) und Reinhard Glemnitz als Assistent Heines (links).

Newspapers in German

Newspapers from Germany