Nordwest-Zeitung

Die Devise lautet: Zurück zum Porzellan

;ie die Porzellan-Manufaktur Meissen wieder schwarze Zahlen schreiben möchte

- VON CHRISTIANE RAATZ

Europas älteste Porzellan-Manufaktur steckt mitten im ;andel. Symbol für die Neuausrich­tung ist eine imposante Vase nach historisch­em Vorbild.

DRESDEN – Mit feinen Pinselstri­chen malt Ulrich Mehner Blüte um Blüte auf die fast einen Meter hohe und mehr als 80 Kilogramm schwere Vase. Aus der grünlich-grauen Farbe wird nach dem Brand das typische Kobaltblau, für das die Porzellan-Manufaktur Meissen bekannt ist.

Rund drei Wochen braucht allein Mehner für sein Blütendeko­r, bevor die Vase gebrannt wird und dann Dutzende Porzellanm­aler auf die Glasur 130 Motive aus 300 Jahren Manufaktur-Geschichte zu einer modernen Collage zusammenfü­gen. „Die Vase ist etwas Besonderes, ein Kaleidosko­p der verschiede­nen Künste“, sagt Mehner.

Zugleich ist die Kratervase, wie das imposante Porzellans­tück genannt wird, ein Symbol für die Neuausrich­tung des Traditions­unternehme­ns: Zurück zum Porzellan, zur kunstvolle­n Porzellanm­alerei – mit modernen Elementen. „Alles, was Meissen zu bieten hat, ist darauf vereint“, sagt Geschäftsf­ührer Georg NussMarkeW­enn dorfer, zuständig für ting und Vertrieb. er und der zweite Chef, Tillmann Blaschke, über den laufenden Umbau sprechen, fällt immer wieder ein Schlagwort: „Moderne Opulenz“. „Da kommen wir her, da wollen wir hin, das ist unser Kern.“

Alles Handarbeit

Dahinter verbergen sich die Wurzeln der gut 300 Jahre alten Manufaktur im Barock – und der Spagat, das angeschlag­ene Unternehfü­hmen in die Zukunft zu ren. Der Trend gehe hin zu frischer und üppiger DekoMeisse­n ration, darin sieht eine große Chance. „Wir bekennen uns zu unserer Traauch dition, wollen aber die Reise nach vorn antreten. Es gilt zu zeigen, dass Meissen auch modern ist“, sagt Blaschke.

Bei der Kratervase, die 1856 das erste Mal hergestell­t wurde und nun erstmals seit vielen Jahren wieder, scheint der Plan aufzugehen: Für das 350 000 Euro teure Stück liegen weltweit elf Bestellung­en vor. Weil nur ein bis zwei Vasen pro Jahr geferwerde­n, tigt müssen sich Sammler schon jetzt bis zu fünf Jahre gedulden. Allein der Brennproze­ss dauert drei Wochen: Eine Woche lang wird der Ofen aufgeheizt, eine Woche wird die Vase gebrannt, eine Woche langsam abgekühlt, damit keine Risse im Porzellan entstehen. Monate dauert es, bis sich die 29 Porzellanm­aler auf der Vase verewigt haben. Europas älteste Porzellan-Manufaktur mit Gründung 1710 steckt im Wandel, nachdem der Umbau zum Luxuskonze­rn unter dem ehemaligen Chef Christian Kurtzke scheiterte. Dieser ließ auch Schmuck, Kleidung und Accessoire­s fertiDas gen. Konzept misslang, die Manufaktur häufte Millionen-Verluste an – allein im Vorjahr lag das Minus bei rund fünf Millionen Euro. Mit dem 2017 angekündig­ten Kurswechse­l will das Unternehme­n ab 2021 wieder schwarze Zahlen schreiben. „Im Umkehrschl­uss heißt das: Bis dahin wird es noch Verluste geben“, erklärt Blaschke.

Das Sortiment bekam inzwischen eine Frischekur, die Produktion wurde nach Unternehme­nsangaben effiziente­r gestaltet. Rund 60 Arbeitsplä­tze fielen weg – vor allem durch Altersabgä­nge und Altersteil­zeit.

Immer wieder wird Kritik laut, dass Millionen von Steuergeld in die Manufaktur fließen, deren alleiniger Gesellscha­fter Sachsen ist. Die Darlehen an die Manufaktur belaufen sich mittlerwei­le auf 22 Millionen Euro und sollen nach Angaben des Finanzmini­steriums ab 2021 über zehn Jahre zurückgeza­hlt werden. Eine weitere finanziell­e Unterstütz­ung sei derzeit nicht vorgesehen, hieß es im Ministeriu­m.

Neu aufstellen

In diesem Jahr ist ein neues Geschäft in der Dresdner Innenstadt hinzugekom­men, zudem wurden Webshop und Internetse­ite neu gestaltet, das Logo überarbeit­et. 2019 sollen mithilfe von Influencer­n mehr junge Menschen für Porzellan begeistert werden. Zur neuen Strategie gehört auch die Erschließu­ng internatio­naler Märkte. In Japan und Taiwan sind die Produkte mit den blauen Schwertern im Wappen gefragt.

 ?? DPA-BILD: KAHNERT ?? Blaumaler Ulrich Mehner arbeitet an einer Vase. Die Porzellan-Manufaktur Meissen möchte sich neu aufstellen.
DPA-BILD: KAHNERT Blaumaler Ulrich Mehner arbeitet an einer Vase. Die Porzellan-Manufaktur Meissen möchte sich neu aufstellen.

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