Nordwest-Zeitung

Mit Chef über die Perspektiv­en reden

Was die Betriebswi­rtschafts-Professori­n Jutta Rump berufstäti­gen Frauen rät

- VON TOM NEBE

In Deutschlan­d gibt es relativ wenig Frauen in Führungspo­sitionen. Dazu Wirtschaft­sprofessor­in Jutta Rump, Botschafte­rin für Chancengle­ichheit und Diversity bei der Initiative „Neue Qualität der Arbeit“.

FRAGE: Frau Rump, verkaufen sich Frauen schlechter als Männer, wenn es um ihre Karriere geht?

RUMP: Das kommt immer ein bisschen auf das Sozialisat­ionsmuster an. Viele Frauen – nicht alle – wurden erzogen, eher harmonieor­ientiert zu sein, im Hintergrun­d zu wirken, niemals anzugeben und auch mal zu sagen: „Ich kann das aber richtig gutL“Doch wenn man über Karriere redet, gibt es eine bestimmte Anzahl von Jobs und Positionen und eine größere Anzahl von Personen, die darum konkurrier­t. Und dann muss man auch mal laut sein, offensiv rangehen und sich durchboMen. Und da, das muss man ganz klar sagen, ist die Sozialisat­ion von Männern besser prägend als die von Frauen. FRAGE: Wie machen Frauen das wett? Heißt die Devise: Haare auf den Zähnen wachsen lassen? Es klingt ein bisschen danach.

RUMP: Nicht nur ein bisschen. Sie drücken das jetzt etwas negativ aus. Ich würde das positiv formuliere­n: Man muss mutiger sein und sagen: „Okay, ich bin gut“. Es geht um Selbstbewu­sstsein und darum, über den eigenen Schatten zu springen. FRAGE: Wie verkauft man sich dann am besten?

RUMP: Man wartet nicht ab, bis ein Gespräch kommt. Sondern man geht hin und fordert ein Perspektiv­gespräch ein. Wenn der Chef dann auf Ende des Jahres vertröstet, sagt man: „Ich möchte aber zeitnah ein Gespräch.“Man sollte sich auch auf Stellen bewerben, bei denen man denkt, das Profil passt zu 80 Prozent – und nicht nur auf die, bei denen man denkt, es passt zu 150 Prozent. Gibt Ratschläge: Professori­n Jutta Rump (Hochschule Ludwigsbur­g)

FRAGE: Warum?

RUMP: Es geht darum, sichtbar zu sein. Karriere wird nicht gemacht, weil man fachlich gut ist. Das ist selbstvers­tändlich. Karriere macht man, weil man sichtbar ist. Weil die Menschen, die Entscheidu­ngen treffen, sich sagen: „Ja klar, an die haben wir schon immer gedacht.“Das heißt, dass man sich nicht im Hintergrun­d bewegt, sondern sichtbar und laut ist, aber auch den richtigen Ton trifft. FRAGE: Was heißt das, den richtigen Ton zu treffen? RUMP: Das bedeutet nicht, eine Zicke zu sein, die sich überall vordrängel­t. Aber dass man schon bestimmt und selbstbewu­sst auftritt, höflich und gesprächsb­ereit. Also nicht unverschäm­t ist. Es ist das Spannungsf­eld zwischen Präsenz auf der einen und Diplomatie auf der anderen Seite.

FRAGE: Welche Rolle spielt die Qualifikat­ion?

RUMP: Die muss ich auch immer einbringen, klar. Aber die Frage ist: Was ist für die Führungspo­sition die adäNuate Oualifikat­ion? Das Fachliche natürlich auch. Gleichzeit­ig muss ich meine Methodenun­d Sozialkomp­etenz mit in den Ring werfen. Dieses Potpourri entscheide­t über Karrieren.

FRAGE: Kinder und Familie sind ein schwierige­s Thema mit Blick auf die Karriere. Wie verkauft man diesen Wunsch? RUMP: Das kommt immer auf die Unternehme­nskultur an. Es gibt Firmen, in denen kann man mit einer klassische­n Teilzeitst­elle oder Job-Sharing Karriere machen. Aber in sehr vielen Unternehme­n hat Karriere und Führung immer noch mit Präsenzkul­tur zu tun. In solchen Firmen muss man dann für sich eine Entscheidu­ng treffen. Man sollte sich überlegen, wie man das unter einen Hut bringt. Das ist nicht trivial. In den meisten Firmen lässt sich mit 50 Prozent Teilzeit im Moment noch keine Karriere machen. Das klappt in der Realität eher mit einer vollzeitäh­nlichen Teilzeit, also 75 Prozent Arbeitszei­t aufwärts. Darauf lassen sich mittlerwei­le viele Unternehme­n ein.

FRAGE: Das macht das Familienle­ben nicht unbedingt einfacher.

RUMP: Wenn Sie eine Familie haben und gleichzeit­ig Karriere machen, benötigen Sie die Mithilfe ihrer Familie und Ihres Partners. Der muss dann auch Familienau­fgaben übernehmen. Das ist ganz zentral. Und wenn die Kinder älter werden, braucht man auch die Unterstütz­ung von denen. Auch ohne eMterne Kinderbetr­euung wird es kaum gehen. Ich wünsche mir, das wäre in Zukunft anders. Doch so ist der Status Nuo.

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BILD: IBE

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