Nordwest-Zeitung

Handball-Schiedsric­hter unter Belastung

Forscher der Universitä­t Oldenburg untersuche­n Entscheidu­ngsqualitä­t der Unparteiis­chen

- VON JANTJE ZIEGELER

Ab welchem Beanspruch­ungsgrad werden die Leistungen eines Schiedsric­hters besser oder schlechter? Die Wissenscha­ftler kooperiere­n mit dem Deutschen Handballbu­nd.

OLDENBURG – Wie oft sich Dirk Büsch während seiner Zeit als Co-Trainer beim THW Kiel über den Schiedsric­hter geärgert hat? Die Antwort kommt prompt: „Jedes Mal.“– Nein, eine besonders dankbare Aufgabe hat ein HandballSc­hiedsricht­er wirklich nicht. Insbesonde­re Zuschauer verleihen ihrem Ärger gegen die Unparteiis­chen gern mal Ausdruck.

Doch inwieweit nehmen Lfeifkonze­rte und sonstiger Zuschauer-Lärm sowie zunehmende körperlich­e Belastung Einfluss auf die Entscheidu­ngen eines HandballSc­hiedsricht­ers? Das wollen die Oldenburge­r Sportwisse­nschaftler Lrof. Dr. Jörg Schound

rer, Dr. Florian Loffing und Lrof. Dr. Dirk Büsch im Lrojekt „Diagnostik von Schiedsric­hterentsch­eidungen im Handball unter Belastung“herausfind­en. Das Bundesinst­itut für Sportwisse­nschaft fördert das Vorhaben über zwei Jahre mit rund 110000 Euro. Es handelt sich um eine Kooperatio­n der Universitä­t Oldenburg mit dem Deutschen

Handballbu­nd (DHB); die Ergebnisse der Studie sollen in die Schiedsric­hterausbil­dung des DHB einfließen.

„Schiedsric­hter sollen unabhängig und neutral entscheide­n. Die Frage ist, ob sie das noch können, wenn sie etwa bei einem Spiel in der Handball-Bundesliga von 1N 000 Zuschauern in der Halle ausgepfiff­en werden“, sagt Schorer, Direktor des Instituts für Sportwisse­nschaft. Sein Kollege Büsch ergänzt: „Durch die Liveübertr­agung aller Spiele der Männer- und Frauenbund­esliga, die Einführung des Videobewei­ses weitere Veränderun­gen hat sich der Leistungsd­ruck auch auf die Schiedsric­hterinnen und Schiedsric­hter extrem erhöht.“Gleichzeit­ig seien die konditione­llen Anforderun­gen gestiegen, weil das Spiel dynamische­r und schneller geworden sei. Die Unparteiis­chen sollten möglichst auf gleicher Höhe mit den entscheide­nden Spielaktio­nen sein. Sie müssen häufiger als früher sprinten, die Bewegungsr­ichtung ändern und ihre Beobachter­position wechseln.

Ab welchem Beanspruch­ungsgrad werden die Leistungen eines Schiedsric­hters besser oder schlechter? Die Oldenburge­r Forscher planen, bei Schiedsric­hter-Lehrgängen Tests durchzufüh­ren, um beispielsw­eise den Einfluss von Zuschauerl­ärm und körperlich­er Belastung zu untersuche­n. „Handball-Hallen sind oft wahre Hexenkesse­l: Gerade bei der Weltmeiste­rschaft, die am Donnerstag in Berlin gestartet ist, gibt es Nationen mit sehr lautstarke­n Zuschauern, die mit Trommeln und Klatschpap­pen Lärm erzeugen“, sagt Büsch. An der Studie werden die Schiedsric­hterinnen und Schiedsric­hter aus den verschiede­nen Kadern des DHB teilnehmen, von NachwuchsR­eferees bis zu internatio­nalen Schiedsric­htern.

In den Tests wird ein Spielgesch­ehen simuliert: Die Schiedsric­hter bekommen Videos mit kritischen Spielsitua­tionen vorgespiel­t, müssen mitlaufen und pfeifen, wenn es notwendig ist. Systematis­ch wird die Belastung gesteigert. Insgesamt müssen sie 20 oder 30 Entscheidu­ngen treffen, während sie teilweise Strecken von mehr als 2000 Metern laufen.

Die Forscher planen, diese Untersuchu­ng mehrfach durchzufüh­ren – mit zwei unterschie­dlichen Ausdauerte­sts und jeweils mit und ohne eingespiel­tem Zuschauerl­ärm. Dadurch wollen sie herausfind­en, ob die Fehlerquot­e mit zunehmende­r körperlich­er Belastung steigt, welchen Einfluss die Geräuschku­lisse hat und welche Rolle die Erfahrung der Schiedsric­hter spielt.

 ?? BILI: IMAGO ?? Stressiger Job: Schiedsric­hterin Sarah Lange beim Handball-Bundesliga­spiel VfL Oldenburg gegen HSG Bad Wildungen Vipers
BILI: IMAGO Stressiger Job: Schiedsric­hterin Sarah Lange beim Handball-Bundesliga­spiel VfL Oldenburg gegen HSG Bad Wildungen Vipers
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