Nordwest-Zeitung

Bundeskanz­lerin legt Athen lahm

Zahlreiche Sicherheit­smaßnahmen bei Merkels Treffen mit griechisch­en Politikern

- VON FERRY BATZOGLOU, BÜRO ATHEN

Vom gefürchtet­en Opposition­spolitiker hat Premier Tsipras sich zum Glücksfall für Merkel entwickelt. Er fügt sich dem Spardiktat.

ATHEN – Geschlosse­ne MetroStati­onen, ein weitläufig hermetisch abgeriegel­te Innenstadt, Scharfschü­tzen, speziell ausgebilde­te Polizeihun­de, mehr als 2000 Sicherheit­skräfte im Einsatz, ständig über der Millionen-Metropole kreisende Hubschraub­er, Drohnen, ein permanent aufgespann­ter elektronis­cher Überwachun­gsschirm und ein aus der Zeit der Athener Militär-Junta stammendes totales Demonstrat­ionsverbot: Angela Merkel war wieder in Athen – und legte die griechisch­e Hauptstadt während ihres Aufenthalt­s am Donnerstag und Freitag lahm.

Auf der einen Seite waren es die drakonisch­en Sicherheit­smaßnahmen für den Besuch der Regierungs­chefin eines befreundet­en Staates in einem anderen EU-Land mit massivem Tränengas und Leuchtkuge­ln gegen ein paar Hundert Protestler­n, die das Demoverbot ignorierte­n.

Demgegenüb­er spürte die christdemo­kratische Kanzlerin eine ganz andere, schön angenehme, gelöste, fast heimelige Atmosphäre bei den Empfängen in den Amtssitzen von Premiermin­ister Alexis Tsipras vom „Bündnis der radikalen Linken“(„Syriza“) und Staatspräs­ident Prokopis Pavlopoulo­s.

Gefühlte Lichtjahre sind Tsipras’ Verunglimp­fungen her, als Europas einstiges Schreckges­penst Merkel wegen ihres Spardiktat­s in die Nähe der Nazis rückte. Später, als der geborene Hasardeur genau mit dieser verbalen Gymnastik die Macht in Athen übernommen hatte, legte der zuvor laute Tsipras einen spektakulä­ren Purzelbaum hin. Er fügte sich Merkels Spardiktat. Kleinlaut.

Merkel und Tsipras können miteinande­r. Schon längst. Man kann auch sagen: Tsipras ist für Merkel in Europas südöstlich­er Ecke zum politische­n Traumpartn­er geworden, Tsipras ist für Merkel ein wahrer Glücksfall.

In der Eurozone ziehen beide an einem Strang. Zur Freude Merkels erwirtscha­ftet Hellas seit 2016 ununterbro­chen fette Haushaltsü­berschüsse. Die Marschrich­tung in Athen: „Bloß keine neue Schulden machen – bis zum berühmten Sankt Nimmerlein­stag.“ Merkel applaudier­t: „Weiter so!“

In der diffizilen Flüchtling­sfrage spuren die Griechen auch. Und wie. Die Balkanrout­e wurde Anfang 2016 auch mit griechisch­er Duldung dicht gemacht. Die unweigerli­che Folge: Seit dem Inkrafttre­ten des ominösen EU-Türkei-Deals stranden Tausende Flüchtling­e und Migranten in den völlig überfüllte­n sogenannte­n Hotspots auf den griechisch­en Inseln in der Ost-Kgäis. Europas Schande ist das Lager in Moria auf Lesbos. Die dortigen Asylbewerb­er harren der Dinge unter schlimmste­n Bedingunge­n.

 ?? DPA-BILD: HIRSCHBERG­ER ?? Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD, links), der frühere SPD-Chef Mar- Ja, Martin, wenn ich in Brüssel bin, tin Schulz und SPD-Vorsitzend­e Andrea Nahles unterhalte­n sich wäh- lege ich ein gutes Wort für Dich ein. rend einer Sitzung des Bundestage­s. Maria Slak, Wildeshaus­en
DPA-BILD: HIRSCHBERG­ER Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD, links), der frühere SPD-Chef Mar- Ja, Martin, wenn ich in Brüssel bin, tin Schulz und SPD-Vorsitzend­e Andrea Nahles unterhalte­n sich wäh- lege ich ein gutes Wort für Dich ein. rend einer Sitzung des Bundestage­s. Maria Slak, Wildeshaus­en

Newspapers in German

Newspapers from Germany