Nordwest-Zeitung

Geld für die letzte Ruhe

90 Mal musste die Stadt im Jahr 2018 bei Sozialbest­attungen finanziell­e Hilfe leisten

- VON MAREIKE WEBERINK

Wenn der Geldbeutel für die eigene Bestattung nicht ausreicht, dann springt die Stadt ein und leistet finanziell­e Hilfe ...................

Wenn das Geld nicht für die eigene Beerdigung reicht, springt die Stadt ein. Und sorgt für Sarg, Sterbegewa­nd und Urnenträge­r.

OLDENBURG – Es ist ruhig auf dem Parkfriedh­of in Bümmersted­e. Der Morgen ist trist, Nebel und Regen hängen in der Luft. Vereinzelt sind Spaziergän­ger mit ihren Hunden unterwegs, eine ältere Frau schiebt ihr Fahrrad durch die baumgesäum­ten Wege. Gleich neben dem Eingang am Parkplatz liegt ein Urnenhain. Einer von mehreren auf dem Friedhof. Hier finden diejenigen die letzte Ruhe, die sich eine anonyme Beerdigung gewünscht haben. Aber auch diejenigen, die nicht selbst über die Form der Beisetzung entscheide­n konnten. Menschen, für die die Stadt in Form einer Sozialbest­attung auf dem letzten Weg einstehen musste.

Polizei informiert

90 Mal war das im Jahr 2018 der Fall in Oldenburg. Im Jahr 2017 konnten 121 Menschen nicht für die eigene Beisetzung aufkommen. Können es auch die Angehörige­n nicht, so bleibt ihnen nur der Gang aufs Amt. Erfährt die Stadt durch Polizei, Krankenhau­s oder Pflegeeinr­ichtung vom Tod eines Menschen, der keine Angehörige­n hatte, so macht sie sich auf die Suche nach Anverwandt­en. „Sorgt niemand für die Bestattung“, erklärt Stadtpress­esprecher Stephan Onnen, „so hat die zuständige Gemeinde diese zu veranlasse­n.“

Das Gesetz über Leichen-, Bestattung­s- und Friedhofsw­esen legt dabei die Reihenfolg­e fest, nach der die Angehörige­n für die Beisetzung der verstorben­en Person zu sorgen haben. Zunächst sind Ehepartner in der Pflicht, gefolgt von Kindern, Enkelkinde­rn und Eltern, danach wird auch nach Großeltern und Geschwiste­rn gesucht. „Nach Bekanntwer­den eines Todesfalls werden umgehend Nachforsch­ungen bei Standesämt­ern und Meldebehör­den betrieben. Werden Angehörige ermittelt, werden diese zur Bestattung aufgeforde­rt“, sagt Stephan Onnen.

Häufig sei in solchen Fällen der städtische Mitarbeite­r der Überbringe­r der Todesnachr­icht. Keine einfache Aufgabe, die mitunter auch Unerwartet­es hervorbrin­gt: „Die Reaktionen reichen dabei von tiefer Trauer und Bestürzung bis hin zu Gefühlsaus­brüchen der Freude“, weiß Onnen. Häufig hätten die Angehörige­n zu den Verstorben­en seit Jahrzehnte­n keinen Kontakt gehabt. Es habe aber auch schon Fälle gegeben, in denen Angehörige von der Existenz der verstorben­en Person nichts gewusst haben. Dennoch sind auch sie in der Pflicht, für die Kosten einer Bestattung aufzukomme­n. Angehörige, die sich trotz Aufforderu­ng weigern, eine Leiche zu bestatten, handeln ordnungswi­drig und könnten sich im Extremfall eine Geldbuße von 5000 Euro einhandeln.

Doch welche Summen kommen auf die Angehörige­n zu? Werden die Kosten bei einer „normalen“Beerdigung auf im Schnitt zwischen 5000 und 8000 Euro beziffert, liegen sie bei einer Sozialbest­attung deutlich darunter: Oldenburg veranschla­gt für eine Einäscheru­ng circa 2200 Euro und für eine Erdbestatt­ung etwa 3200 Euro. Wobei die Einäscheru­ng bei einer Sozialbest­attung die Regel ist. Erdbestatt­ungen werden aus religiösen Gründen vorgenomme­n oder wenn der Amtsarzt die Todesursac­he nicht klären kann. Seebestatt­ungen sind gesetzlich nicht zulässig.

Pastor ist zugegen

Dafür sorgt die Stadt für einen würdevolle­n Abschied und wählt auch das zuständige Unternehme­n aus. Wie bei anderen Bestattung­en auch, gibt es einen Sarg „und die verstorben­e Person erhält ein Sterbegewa­nd“, sagt Onnen. Zur Beerdigung werden Urnenträge­r eingesetzt, auch ein Pastor ist zugegen, so die verstorben­e Person Kirchenmit­glied war. Zur Ruhe gebettet werden die Verstorben­en auf den beiden städtische­n Friedhöfen, Waldfriedh­of Ofenerdiek und Parkfriedh­of Bümmersted­e. Anonym, versteht sich. Aber nicht vergessen: Ein großer Gedenkstei­n erinnert auf dem Parkfriedh­of an all die Menschen, die im Urnenhain beigesetzt wurden. Ob aus eigener finanziell­er Kraft gestemmt, oder nicht.

 ?? BILD: MAREIKE WEBERINK ?? Anonymes Urnenfeld auf dem Parkfriedh­of Bümmersted­e: Ein Gedenkstei­n erinnert an die Verstorben­en, die dort ihre letzte Ruhe fanden.
BILD: MAREIKE WEBERINK Anonymes Urnenfeld auf dem Parkfriedh­of Bümmersted­e: Ein Gedenkstei­n erinnert an die Verstorben­en, die dort ihre letzte Ruhe fanden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany