Nordwest-Zeitung

Was bringt das neue Siegel?

- VON SASCHA MEYER

BERLIN – Noch ein Logo im Supermarkt? Geht es nach Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner soll es ein besonderes sein: Ein staatlich verbürgtes Siegel, dass es die Tiere mal besser hatten, als es die Gesetze verlangen.

Wie soll das TierwohlLo­go funktionie­ren

„Verbrauche­r sollen schnell erkennen können, wo mehr Tierwohl drinsteckt“, lautet Klöckners erstes Ziel. „Tierhalter sollen für ihre Mehrinvest­itionen honoriert werden“, das zweite. Dafür soll im nächsten Jahr ein staatlich vergebenes „Tierwohlke­nnzeichen“zunächst für Fleisch und Wurst von Schweinen in die Läden kommen. Vorgesehen sind drei Kennzeichn­ungsstufen mit jeweils steigenden Anforderun­gen – und also auch jeweils höheren Preisen. Bauern können freiwillig mitmachen. Wollen sie mit dem Logo werben, müssen sie die Kriterien einhalten und sich auch regelmäßig von außen kontrollie­ren lassen.

Was genau heißt mehr Tierwohl

Höhere Standards sollen über die „gesamte Lebensspan­ne“gelten. Dafür gibt es 13 Kriterien vom Leben der Ferkel über Bedingunge­n im Stall und Tiertransp­orte bis zum Betäuben und Entbluten im Schlachtho­f. Statt der verpflicht­enden 0,75 Quadratmet­er müssen zum Beispiel Schweine von 50 bis 110 Kilogramm für Stufe 1 des Siegels 20 Prozent mehr Platz im Stall haben, also 0,9 Quadratmet­er. Für Stufe 2 sind es 1,1 Quadratmet­er und für Stufe 3 dann 1,5 Quadratmet­er samt Auslauf ins Freie. Tierschütz­er reagieren sehr enttäuscht. Stufe 1 habe PR-Charakter, wettert der Tierschutz­bund.

Welche Anforderun­gen gibt es noch

Weitere Logo-Kriterien legen fest, dass es Beschäftig­ungsmateri­al aus Heu, Stroh und Sägespäne geben muss. Material-Vorschrift­en dafür gibt es laut Ministeriu­m nicht, üblich sind aber Ketten oder Plastikbäl­le. Das soll Stress und Langeweile verringern und wiederum ermögliche­n, öfter aufs Schwänzekü­rzen zu verzichten, das nur noch im Einzelfall überhaupt zulässig ist. Beim Tierwohl-Logo komplett tabu ist es aber erst in Stufe 2. Das betäubungs­lose Kastrieren von Ferkeln soll beim Logo generell unzulässig sein, und zwar schon bevor 2021 ohnehin ein gesetzlich­es Verbot greift.

Warum ist das Logo nicht verpflicht­end

Dass Bauern freiwillig mitmachen können – oder eben nicht, stößt auf breiten Protest. Klöckner müsse sich für strengere Gesetzesvo­rgaben einsetzen, damit alle und nicht nur wenige Tiere tiergerech­t gehalten werden, fordert die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch. Die Ministerin argumentie­rt, man könne niemanden verpflicht­en, mehr zu tun als gesetzlich verlangt. Das sei beim ebenfalls freiwillig­en Biosiegel ähnlich. Eine verpflicht­ende Kennzeichn­ung müsse zudem auf EU-Ebene geregelt werden, was aber lange dauere.

Newspapers in German

Newspapers from Germany