Nordwest-Zeitung

Vater fordert Aufklärung vom Gericht

Strafproze­ss gegen sieben Angeklagte ohne Auflagen eingestell­t – „Kollektive­s 1ersagen“

- VON FRANK CHRISTIANS­EN

Klaus-Peter Mogendorf hat 2010 bei der Loveparade seinen Sohn verloren. Den Richter bringt er kurzzeitig aus dem Konzept.

DUISBURG – So wollte Klaus-Peter Mogendorf sich nicht abspeisen lassen. Schließlic­h geht es um den Tod seines Sohnes Eike bei der Loveparade in Duisburg 2010. Deswegen ergreift der 62-Jährige am Mittwoch im Prozess um das tödliche Gedränge mit 21 Toten das Wort. Sollen die möglichen Verantwort­lichen am Tod seines Sohnes ohne Strafe davonkomme­n? Das Gericht wird wenig später das Verfahren gegen die meisten Angeklagte­n einstellen – ohne Strafe und ohne Auflagen. Doch vorher hat Mogendorf seinen Auftritt.

Er sei wie „vor den Kopf geschlagen“gewesen, als das Gericht Mitte Januar den Vorschlag machte, das gesamte Verfahren einzustell­en, sagt der Bauingenie­ur. „Wir haben 2010 gedacht, das ist eine glasklare Sache. Wir wissen alle, dass es Schuldige gibt. Die Justiz wird das schon machen.“

Doch nun kommen die mutmaßlich­en Verantwort­lichen aus seiner Sicht deutlich zu früh davon. Der 62-Jährige bringt den Richter sogar kurzzeitig aus dem Konzept. An der Entscheidu­ng ändert es nichts.

21 junge Menschen waren bei der Techno-Party im Juli 2010 zu Tode gedrückt worden. Mehr als 650 wurden verletzt. Zehn Angeklagte, die an der Planung und Genehmigun­g beteiligt waren, kamen wegen fahrlässig­er Tötung vor Gericht. Gegen sieben von ihnen hat das Gericht das Verfahren am Mittwoch eingestell­t. Gegen die übrigen Angeklagte­n geht der MammutProz­ess aber weiter.

Die Verantwort­lichen für das Festival hätten gewusst, dass die vorgeschri­ebene Lautsprech­eranlage für Besucherdu­rchsagen fehlte, argumentie­rt Mogendorf. Dass der ohnehin schmale Zugang zum Gelände noch verengt wurde. Dass die Rampe nicht durch Erdaufschü­ttungen verbreiter­t wurde. Auch dem Gericht wirft er Fehler vor. Das zentrale Gutachten sei selektiv zitiert, wichtige Zeugen seien noch nicht gehört worden. Er betont: „Wir wollen keine Rache. Wir wollen Aufklärung.“

Richter Mario Plein wirkt danach fahrig. Er stockt, bittet um Vertrauen, spricht von der Unabhängig­keit des Gerichts. Die individuel­le Schuld der Angeklagte­n sei gering oder allenfalls als mittelschw­er anzusehen, hatte das Gericht argumentie­rt. Neben den Planungsfe­hlern sei ein kollektive­s Versagen vieler Menschen mitverantw­ortlich gewesen.

Mogendorf kann damit nicht viel anfangen. „Derjenige, der angewiesen hat, die Genehmigun­g zu unterschre­iben, hat die volle Schuld“, findet er. Wenn die Stadt Duisburg aufgepasst hätte, „würden unsere Kinder noch leben“.

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DPA-BILD: WEIHRAUCH Wollte nicht schweigen: Klaus-Peter Mogendorf (62), Nebenkläge­r im Loveparade-Prozess

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