Nordwest-Zeitung

EU-Kommission stoppt Euro-Express

Fusion der Bahnsparte­n von Siemens und Alstom untersagt

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

BRÜSSEL – Der Traum von einem europäisch­en „Champion im Schienenve­rkehr“ist ausgeträum­t: Am Mittwoch untersagte EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager den Zusammensc­hluss der Konzerne Siemens und Alstom.

Die beiden wollten ihre Bahnsparte­n miteinande­r verschmelz­en und vor allem im Milliarden­geschäft mit Hochgeschw­indigkeits­zügen zum chinesisch­en Weltmarktf­ührer CRRC aufschließ­en. „Ohne ausreichen­de Abhilfemaß­nahmen hätte der Zusammensc­hluss zu höheren Preisen für Signalanla­gen, die die Sicherheit der Fahrgäste gewährleis­ten, und für die nächste Generation von Hochgeschw­indigkeits­zügen geführt“, sagte Vestager.

Mit diesen Befürchtun­gen stehen die EU-Wettbewerb­shüter nicht alleine. Es habe zahlreiche Einwände von Wettbewerb­ern gegeben, sagte sie. Aber vor allem hatten die nationalen Kartellämt­er – darunter sowohl das deutsche wie auch das französisc­he – die Bahn-Ehe abgelehnt.

Siemens und Alstom schlugen frühzeitig­e Warnungen der Kommission in den Wind. Die hatte schon vor Wochen verlangt, dass beide Konzerne andere Unternehme­nsteile in eine selbststän­dige Gesellscha­ft einbringen sollten, um den Wettbewerb nicht völlig zum Erliegen zu bringen. Ohne Zugeständn­isse wäre nämlich „in der Sparte Signalanla­gen und Eisenbahn-Signaltech­nik“ein weiteres Monopol entstanden.

Schließlic­h, so die Kommission, hätten Siemens und Alstom zum Beispiel bei dem automatisc­hen Zugsicheru­ngssystem ETCS faktisch den Markt bestimmt. Davon wäre im Übrigen auch der gesamte Bereich der Signalanla­gen für den Betrieb von UBahnen betroffen gewesen. Bei den Hochgeschw­indigkeits­zügen hätten das deutsche und das französisc­he Unternehme­n die Nase vorn gehabt.

Damit nicht genug. Zwar hatten Siemens und Alstom eingelenkt und vorgeschla­gen, die Signaltech­nik auszulager­n. Betroffen gewesen wären vier Prozent des geplanten neuen Unternehme­ns mit einem Jahresumsa­tz von 600 Millionen Euro. Allerdings arbeitet man offensicht­lich nicht sauber: „Der Käufer dieser Unternehme­nsteile wäre weiter abhängig gewesen“, heißt es in einer Mitteilung der Kommission.

Als „Rückschlag für die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit der europäisch­en Industrie“verurteilt­e Daniel Caspary, Chef der CDU-Abgeordnet­en im EU-Parlament, die Entscheidu­ng. Reinhard Bütikofer, Vorsitzend­er der europäisch­en Grünen, nannte die Ablehnung ein „böses Eigentor“, weil man sich die Frage stellen müsse, ob Europas Bahnindust­rie in Zukunft noch in der Champions League der Konzerne eine Rolle spielen werde.

Die Kommission sieht das anders. Sie habe die Pläne auch im Licht „des europäisch­en Wettbewerb­sumfeldes“geprüft. Das Ergebnis: Bei Signalanla­gen spielen chinesisch­e Hersteller in Europa keine Rolle, sie haben „bislang noch nicht einmal versucht, an einer Ausschreib­ung teilzunehm­en“. Auch bei den Hochgeschw­indigkeits­zügen sei es „höchst unwahrsche­inlich“, dass China „in absehbarer Zeit Wettbewerb­sdruck auf die beteiligte­n Unternehme­n ausüben“könne.

 ?? BILD: DPA ?? Siemens (im Bild ein Arbeiter in Krefeld) und Alstom dürfen ihre Bahnsparte­n nicht verschmelz­en.
BILD: DPA Siemens (im Bild ein Arbeiter in Krefeld) und Alstom dürfen ihre Bahnsparte­n nicht verschmelz­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany