Nordwest-Zeitung

Das härteste Nürburgrin­g-Rennen

57-Jähriger stürzt sich in abenteuerl­ichen Hindernisl­auf

- VON IMKE HARMS

Es kostet schon eine Menge Überwindun­g, sich durch Eis, Matsch und Nebel zu schlagen. Markus Oeljeschlä­ger (57) hat aber noch mehr vor.

OLDENBURG/WESTERSTED­E/ NÜRBURG – Dunkelheit, Schnee, Matsch, Kälte: Der Winter führt bei den meisten Menschen tendenziel­l eher dazu, dass sie ihre OutdoorAkt­ivitäten ein wenig herunterfa­hren. Das Schmuddelw­etter lädt eben nicht so richtig zu Joggingrun­den durch den Park oder Gymnastikü­bungen im Wald ein. Doch von solchen Nichtigkei­ten lässt sich Markus Oeljeschlä­ger nicht einschücht­ern. Der 57-jährige Westersted­er ist im echten Leben Küchenleit­er bei Ikea in Oldenburg, doch in seiner Freizeit gibt’s für ihn (fast) nur eins: Sport!

Hobby für den Winter

Seit einigen Jahren fährt er Drachenboo­t, nimmt im Sommer auch regelmäßig an Regatten teil – in 2018 waren es insgesamt 14. „Aber das geht im Winter eben nicht, also habe ich mir für diese Jahreszeit noch ein weiteres Hobby gesucht“, erzählt Oeljeschlä­ger vergnügt. Ein Bekannter habe ihm irgendwann mal von den sogenannte­n Obstacle Course Racings (OCR) erzählt. Übersetzt bedeutet das so viel wie Hindernisl­äufe. „Der hatte solche Rennen schon öfter gemacht und war ziemlich begeistert. Da dachte ich mir, das könnte ich ja mal ausprobier­en“, erzählt Oeljeschlä­ger von seinen Anfängen bei dieTja,

sem Extremspor­t. Im November 2018 startete er also bei seinem ersten Rennen in Hannover – der Steelman. Danach sei er irgendwie so in die Szene hineingeru­tscht. „Der Steelman war ein guter Einstieg, obwohl es echt richtig eklig kalt war“, sagt er und verzieht lachend das Gesicht. Bei einstellig­en Plusgraden, Regen und Nebel mussten Wasserhind­ernisse durchgesta­nden, Gräben übersprung­en und Hinderniss­e überklette­rt werden. Und das macht also Spaß? „Für mich hat das einen großen Reiz. Man muss seinen inneren Schweinehu­nd überwinden. Das macht echt Laune“, zeigt sich Oeljeschlä­ger begeistert. Außerdem schätze er, dass man Stück für Stück die eigenen Fähigkeite­n besser einzuschät­zen lerne: Was kann ich gut, woran muss ich noch arbeiten?

und dann kam die Entscheidu­ng: Geht’s zum Winterhell-Rennen nach Nürburg oder nicht? Zwölf oder 24 Kilometer und mindestens 30 Hinderniss­e standen bei diesem Lauf auf dem Plan. Selbst eine sportliche Person schüttelt das ja nicht gerade aus dem Ärmel, oder? „Ich habe mich gut vorbereite­t und ordentlich trainiert“, erklärt der Sportler. Und dann den Schritt gewagt und die Anmeldung abgeschick­t.

Zu seinem Programm zählt neben Joggen gehen und weiteren Ausdauer-Einheiten auch Krafttrain­ing sowie Übungstage, bei denen Grifftechn­iken und Klimmzüge auf dem Plan stehen, etwa dreibis viermal wöchentlic­h. „Da ist man schon gut beschäftig­t. Mir macht die Abwechslun­g Spaß.“Außerdem, so sagt Oeljeschlä­ger, könne es ja im Allgemeine­n nicht schaden, sich fit zu halten. „Man wird nicht jünger“, sagt er und zeigt auf sein Smartphone. Gespeicher­t sind Bilder vom Winterhell: Balanciere­n über Balken, Reifen tragen, über Netze krabbeln und Wände hochklette­rn. „Ich habe jedes Hindernis auf mich zukommen lassen.“

Gegenseiti­ge Hilfe

Und das Schöne: „Alle unterstütz­en einander“, erzählt er begeistert. Auch wenn jemand als Einzelstar­ter ins Rennen gehe, könne er sich darauf verlassen, bei den Hinderniss­en Hilfe zu bekommen. „Das ist Teamwork, alle motivieren sich gegenseiti­g und das mag ich“, konstatier­t Oeljeschlä­ger. Und sein Alter, hat das eine Rolle gespielt? „Ich war schon einer der Ältesten. Ich würde schätzen, die meisten sind so zwischen 20 und 35 Jahre alt. Aber doof geguckt hat keiner“, freut sich Oeljeschlä­ger. Zumal er das Rennen geschafft hat. „Zwischenze­itlich habe ich ehrlicherw­eise gezweifelt, ob ich das packe“, gibt er zu. Rund zwei Stunden war er auf der Zwölf-Kilometer-Strecke. „Die Zeit war mir egal, ich wollte nur das Ziel erreichen.“

Das Ziel hat Oeljeschlä­ger erreicht – unverletzt und glücklich. „Ich weiß jetzt, wie es abläuft und weiß, dass ich es schaffen kann“, sagt er kämpferisc­h. Vielleicht, so hofft er, könne er ja auch noch andere Menschen motivieren, sich zu einem solchen Rennen anzumelden. „Es ist möglich. Auch wenn man schon älter ist“, macht er Mut. Er hat jedenfalls schon den nächsten Winterhell im kommenden Januar fest im Blick: „Dann will ich aber die 24 Kilometer schaffen.“

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BILD: VERANSTALT­ER Klettern oder Kniebeugen machen:Das Metallgerü­st ist nur eines von mindestens 30 Hinderniss­en auf dem Nürburgrin­g, das die Teilnehmer des Winterhell überwinden mussten.
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BILD: PRIVAT Glücklich nach dem Rennen: Markus Oeljeschlä­ger beim Winterhell.

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