Fallende Strompreise dank Block Chain
Universität Oldenburg entwickelt Konzept für Energieversorgung der Zukunft
Der Ansatz basiert auf kleineren virtuellen Netzen. Er baut auf die vorhandene Infrastruktur auf.
OLDENBURG – In Deutschland gibt es derzeit etwa hundert Energieversorger. In Zukunft werden es eher zehntausend sein. Denn bisher speisen Besitzer von Photovoltaikanlagen ihren Strom zu einem Festpreis ins Netz ein. Läuft die Förderung über diesen Garantiepreis aus, werden alle diese Anlagenbesitzer zu kleinen Energieversorgern, die ihren Strom auf dem freien Markt anbieten.
Wie soll das funktionieren können?! An einer Lösung haben Wissenschaftler sowie Studentinnen und Studenten der Universität Oldenburg aus der Abteilung Wirtschaftsinformatik, die Prof. Dr. Jorge Marx Goméz leitet, zusammen mit dem Oldenburger Software Unternehmen „the peak lab.“zwei Jahre lang gearbeitet.
Die Lösung sehen die Projektteilnehmer in kleineren Stromnetzen mit mehreren hundert Teilnehmern. „Wobei diese Netze virtuell sind. Äußerlich wird nichts zu sehen sein, da es verboten ist, die eigene Solaranlage mit einem Stromkabel über den Zaun mit dem Haus des Nachbarn zu verbinden“, erläutert Jens Läkamp von „the peak lab.“.
Einfach Handhabung
Aber wie wird genug Strom bereitgestellt, wenn an trüben, windstillen Wintertagen sehr viel Energie verbraucht wird? Oder wie wird das Netz an sonnigen, windigen Tagen vor einer Überlastung geschützt? „Eine Möglichkeit wären große Stromspeicher, eine andere die Zusammenarbeit mit etablierten Energieversorgern“, sagt Läkamp. „Mit unserem Lösungsansatz wollen wir nicht alles Bestehende einreißen, um etwas Neues aufzubauen, sondern die vorhandene Infrastruktur nutzen und sie – wo nötig – ergänzen.“
Für die Kunden ist der Lösungsansatz ausgesprochen einfach. „Er wird, wie jetzt bereits bei Onlinekäufen üblich, einfach nur den „Kaufen“-Button drücken“, so Läkamp. Den Rest erledige die Software – zuverlässig und kostengünstiger, wie die Informatiker versichern. „Da kein Zwischenhändler die Hand aufhält, können die Kunden von fallenden Preisen profitieren“, stellt Stefan Wunderlich von der Uni Oldenburg in Aussicht.
Erreichen wollen die Projektteilnehmer dies mit Hilfe der Block Ohain-Technologie: Dabei werden in Datenbanken sogenannte Blöcke wie in einer Kette aneinandergereiht – es kommt beispielsweise jede Viertelstunde ein neuer Block hinzu. Darin befindet sich ein Datensatz, der alle Transaktionen enthält, die innerhalb der Viertelstunde stattgefunden haben, beispielsweise wer womit wie viel Strom verbraucht hat oder welche Anlage wie viel Strom produziert hat.
Das Besondere daran: Aus allen Daten in einem Block wird mittels eines kryptografischen Verfahrens eine charakteristische Prüfsumme erzeugt, die mathematisch eindeutig von den Daten abhängt. Diese Zahl fließt wiederum in die Daten des nächsten Blocks und in dessen Prüfsumme ein. Auf diese Art sind die Daten aller Blöcke miteinander verkettet.
Verändert jemand auch nur eine Zahl in einem älteren Datensatz, schlägt das System Alarm, da die Prüfsumme dann nicht mehr mit den Folgeblöcken übereinstimmt. Weil die Rechenvorschriften hochkomplex sind, sei es kaum möglich, Daten zu manipulieren.
Reges Interesse
Um diesen Ansatz begreifbar zu machen, hat eine Gruppe von Masterstudenten ein Modell gebaut, mit Straßen, Häusern, Photovoltaikanlagen, Windkraft- und Biogasanlagen. Sozusagen im Untergrund befinden sich Kabel, Minicomputer und so weiter, die dafür sorgen, dass auf einem Bildschirm angezeigt wird, wer gerade wie viel Strom verbraucht oder produziert beziehungsweise kauft oder verkauft.
Das Modell war ein voller Erfolg. „Wir haben es zum Beispiel bei der Oebit ausgestellt. Deshalb sind viel mehr Besucher stehengeblieben und mit Fragen an uns herangetreten, als das der Fall ist, wenn wir unsere Arbeit nur an einem Monitor präsentieren“, berichtet Wunderlich. „Bei der Abschlusspräsentation des Projekts haben sich auch EWE-Mitarbeiter sehr für das Modell interessiert.“
Wie soll es weitergehen? „Meine Doktorarbeit wird sich auf jeden Fall weiter mit dem Thema befassen“, sagt Wunderlich. „Außerdem werden wir einen Antrag auf Drittmittel für ein Folgeprojekt einreichen. Das wird dann den nächsten Schritt gehen: weg vom Modell und hin zu einem Test in der Realität.“
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