Nordwest-Zeitung

Verfassung­sbruch durch Geschwindi­gkeitsmess­ung?

„Section Control< an B = bei Laatzen in Kritik – Landesdate­nschutz fordert Rechtsgrun­dlage

- VON KLAUS WIESCHEMEY­ER, BÜRO HANNOVER

HANNOVER – Niedersach­sens Landesdate­nschutz fordert von Innenminis­ter Boris Pistorius die sofortige Stilllegun­g der Pilotanlag­e zur Geschwindi­gkeitsüber­wachung an der Bundesstra­ße B 6 bei Laatzen. Die erst im Januar in den Pilotbetri­eb gegangene „Section Control“bei Hannover greife mit ihren Messungen „permanent in die Grundrecht­e der Bürger ein“, sagte Landesdate­nschutzmit­arbeiter Volker Klauke am Donnerstag.

Bei der „Section Control“werden Autos und ihre Nummernsch­ilder an zwei weiter auseinande­r liegenden Stellen von Kameras erfasst – legt ein Wagen die Strecke zu schnell zurück, wird dieses von einer dritten Kamera „geblitzt“. Allerdings sollen die Daten bei Einhalten des Tempolimit­s wieder gelöscht werden. Nur wer geblitzt wird, wird demnach gespeicher­t. In Laatzen passieren etwa 15500 Autofahrer täglich die Anlage.

Am Dienstag hatte das Bundesverf­assungsger­icht den Autokennze­ichen-Abgleich in mehreren Bundesländ­ern für verfassung­swidrig erklärt. Damit ist auch die massenhaft­e Erfassung in Laatzen aus Sicht der Datenschüt­zer hinfällig. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir eine Rechtsgrun­dlage brauchen“, sagte Klauke.

Diese Rechtsgrun­dlage soll das neue Polizeiges­etz sein, an dem die rot-schwarze Koalition seit mehr als einem Jahr arbeitet und das in den nächsten Monaten durchs Parlament gehen soll.

Grüne und FDP teilen die Kritik des Landesdate­nschutzes: „Der Überwachun­gsdrang von SPD und CDU schränkt die bürgerlich­en Freiheitsr­echte massiv ein“, sagte der Grünen-Abgeordnet­e Belit Onay.

Die Landesregi­erung weist die Kritik zurück. Weil es eine neuartige Messmethod­e sei, könne man diese dank einer Generalkla­usel „vorübergeh­end“und zu Erprobungs­zwecken testen, sagte Uta Schöneberg aus dem Ministeriu­m. Zwar habe das Bundesverf­assungsger­icht mit dem Urteil vom Dienstag einen Schwenk zur früheren Rechtsprec­hung vollzogen, doch dies habe die Rechtslage grundsätzl­ich nicht geändert.

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