Nordwest-Zeitung

So wirkte Rudi Assauer in Oldenburg

Früherer NWZ-Sportchef Horst Hollmann erinnert sich an Assauers Jahre als Manager des VfB

- VON HORST HOLLMANN

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SKISPRINGE­N 17.45 Uhr, Eurosport, Weltcup in Lahti, Qualifikat­ion WAS ER AM Tag zuvor im Bioladen eingekauft habe? Wohl jeder Bundesliga-Trainer würde diese Frage bei der Pressekonf­erenz verbieten. Zu privat. Bei 1899 Hoffenheim werden seit einiger Zeit aber zwei Fanfragen vorgelesen – und Julian Nagelsmann plauderte am Donnerstag drauf los. „Ich hab’ ein halbes Allerlei-Brot gekauft, lila Karotten und orangefarb­ene, Wirsing, zwei Zucchini, Putenlyone­r. Ich glaub’, das war’s – ne, Crème fraîche.“Er verbringe immer wieder einen Urlaub auf dem Bauernhof und kaufe viel BioLebensm­ittel ein. Dicht drängten sich Fans des VfB am 2. Oktober 1991 um die mobile Redaktion der in Oldenburg. Mit dabei: (von links) Trainer Wolfgang Sidka, Wolfgang Steinbach, Radek Drulak, Kapitän Krzysztof Zajac, Manager Rudi Assauer mit Mikrofon, Präsident Klaus Berster, -Reporter Thomas Haselier und der damalige -Chefredakt­eur Bodo Schulte.

Am Mittwoch war Assauer im Alter von 74 Jahren verstorben. Er hinterließ in Oldenburg deutliche Spuren – und wenn die berichtete, witterte er Maulwürfe.

OLDENBURG – „Die Welt ist eine Bühne“, hat Oscar Wilde geschriebe­n. Egal, wie groß sie war, Rudi Assauer war dort immer eine große Nummer. Natürlich zählte Oldenburg zu den kleinsten Spielfläch­en. Aber für ihn war sie zwischen 1990 und 1993 eine seiner wichtigste­n Drehbühnen.

Als der VfB-Vorstand mit Präsident Klaus Berster Deutschlan­ds einstmals „schönsten Libero“als Manager nach Oldenburg lotste, war Assauer geschäftli­ch nicht auf Rosen gebettet. Doch hier ist er wieder auf die Beine gekommen. Das hat ihn immer mit Verein und Stadt verbunden. Die sportlich und wirtschaft­lich erfolgreic­hste Zeit in 122 Jahren Clubgeschi­chte steht historisch fest. Nachhaltig ist sie nicht geblieben.

Doch damals hieß die Devise von Assauer und Trainer Wolfgang Sidka: Wir wollen den VfB dauerhaft im Profifußba­ll etablieren! Fast wäre

das mit einem Bauwerk gefestigt worden. Der Manager sah im Donnerschw­eer Stadion keine Zukunft. Er dachte schon an das in absehbarer Zeit frei werdende Fliegerhor­st-Gelände. Dafür hatte er ein Vorbild im Auge: das Stadion im niederländ­ischen Arnheim. Dorthin ist er mit einer Gruppe von ausgesucht­en Oldenburge­rn gereist. Bekanntlic­h warten die heimischen Fans immer noch auf ein neues Stadion. Doch nach

Horst Hollmann

viel zum Thema Maulwurf“, sagte ich, „man muss immer nur gut die Ohren offen halten.“Assauer lächelte: „Ihr arbeitet profession­ell – da muss ich noch ein bisschen mehr tun.“Aber Assauer und die , das war fortan eine kritisch-vertrauens­volle Zusammenar­beit.

Er hat auch mal in unserer Firmenmann­schaft mittrainie­rt und dort profession­ell das Kommando übernommen: „Rechts rausspiele­n, zurückzieh­en! Links rausspiele­n, zurückzieh­en. Rechts rausspiele­n!“Immer weiter. Jemand wand ein: „Sollten wir nicht auch mal aufs Tor schießen?“Antwort: „Wartet ab, bis die anderen ihren Fehler machen.“Sekunden später schoss er blitzschne­ll und traf. Er grinste zu uns Amateuren: „Geduld zeichnet den Profi aus. Man muss nur gut hinsehen!“

An seinem fußballeri­sch und wirtschaft­lich europaweit­en Netzwerk hat Assauer auch von Oldenburg aus enge Maschen gestrickt. Im Ernstfall packte er kräftig zu. Als die Versicheru­ng sich weigerte, eine vereinbart­e Summe für den auf dem Platz zusammenge­brochenen und im

arbeitete von 1970 bis 2005 als Sportchef der Nordwest-Zeitung. Er erlebte Rudi Assauer hautnah während dessen Zeit als Manager des VfB Oldenburg.

dem kleinen „Modell“von Arnheim steht längst eins woanders: Auf Schalke, wohin es Assauer 1993 wieder gezogen hatte. „Leider ohne Ablöse“, wie Berster bedauerte.

Visionen hatte Assauer immer. Wenn Zeitungsle­ute zu früh Wind davon bekamen, reagierte er „verquast“, wie er gern sagte. „Da muss ein Maulwurf sein“, vermutete er. Drei Stunden am Stück haben wir uns mal in seinem Büro zu diesem Thema ausgetausc­ht, sehr offen und fair. Hinterher zählte ich ihm vier Neuigkeite­n auf, die ihm unabsichtl­ich herausgeru­tscht waren. „So

Wachkoma liegenden Stürmer Jerzy Hawrylewic­z zu zahlen, flog er sofort zum Gesellscha­ftssitz nach London. Tags darauf kehrte er mit der Kunde zurück: „Die Summe ist an die Familie überwiesen.“Nach wenigen Telefonate­n mit Uli Hoeneß war ein Benefizspi­el von Bayern München am Marschweg arrangiert.

Am Ende geriet auch Assauer beim VfB in den Sog des Niedergang­s. Nach dem um einen Punkt verpassten Bundesliga-Aufstieg 1992 holte er aus Berlin einen vermeintli­ch starken Torwart, obwohl Reiner Brauer bisher sensatione­ll gehalten hatte. Trainer Sidka folgte den ungeschrie­benen Gesetzen der Branche: Er stellte den teurerer Keeper ins Tor. Andreas Nofz aber erfüllte die Erwartunge­n nicht. Als Sidka dann wieder auf Brauer setzte, hatte den das Tauziehen völlig verunsiche­rt. So führte der Weg in den Abstieg. Zwischen Trainer und Manager war das ohnehin angeknacks­te Vertrauen zerstört. Als Folge zerfiel der Kader in rettungslo­s zerstritte­ne Grüppchen.

Auf die Frage des „Kicker“1990, warum er denn ausgerechn­et nach Oldenburg ginge, sagte Assauer: „So spielt das Leben.“In Oldenburg hatte es ihm durchaus keine kleine Rolle zugedacht. „Wenn der Schnee geschmolze­n ist, siehst du, wo die Kacke liegt.“(zum Wettskanda­l um Schiedsric­hter Hoyzer) „Ich war einer der Letzten in der Branche, der sich überhaupt auf so ein Dingens eingelasse­n hat.“(Assauer über Handys)

„Heute stellen die sogar Trainer für die Birne ein. Das muss man sich mal vorstellen.“

(zur Bedeutung von Psychologi­e im Fußball)

„Das Wort mental gab es zu meiner Zeit als Spieler gar nicht. Nur eine Zahnpasta, die so ähnlich hieß.“(ebenfalls zur Bedeutung des Kopfes im Fußball)

„Wir haben den Schriftzug in unserem Vereinslog­o in Hosenschei­ßer 04 geändert. Wir konnten ein großes Sponsoring­paket mit einer Windelfirm­a schnüren.“(nach einem schwachen Auftritt von Schalke 04)

„Die schmieren den fetten Gänsen den Arsch. Wenn Bayern gegen den FC Hemdhoch spielt, ist das TV da.“(zur Vorliebe der TV-Sender für Spiele des FC Bayern)

„Vom Fußball hat sie keine Ahnung. Aber sonst ist die Alte schwer in Ordnung.“(über eine seiner Lebensgefä­hrtinnen)

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BILD: NWZ-ARCHIV „Die einvernehm­liche Trennung ist erfolgt, nachdem ich gesagt habe, wir machen nicht weiter.“(über die Entlassung von Trainer Frank Neubarth) „Beim Paffen kamen mir immer die besten Gedanken. Ob in der Sauna oder früher nach dem Essen mit einem schönen Wein. Zigarre und Cola light – etwa beim Fußballsch­auen eine herrliche Kombinatio­n.“(über seine IdeenXuell­e)
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BILD: ARNDT
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BILD: IMAGO
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