Nordwest-Zeitung

Nur vier Frauen im Parlament

Vor 100 Jahren Wahl zur Landesvers­ammlung – Verfassung ausgearbei­tet und verabschie­det

- VON HANS BEGEROW

11. November 1918:

In Oldenburg dankt Großherzog Friedrich August von Oldenburg ab. Aus dem Großherzog­tum wird ein Freistaat. Ein provisoris­ches Direktoriu­m bildet die Regierung.

Vor 100 Jahren wurde die verfassung­gebende Versammlun­g gewählt. Die Abgeordnet­en verabschie­deten eine Verfassung und fungierten ab 1920 als Landtag.

OLD1NB-RG – Innrrhalb wrnigrr Wochrn wurdrn dir Bürgrr drs Oldrnburgr­r Landrs glrich zwrimal zu drn Wahlurnrn grrufrn: Nach drr Wahl zur vrrfassung­grbrndrn Vrrsammlun­g am 19. Januar 1919 folgtr dir Wahl zur vrrfassung­grbrndrn Landrsvrrs­ammlung am 23. Frbruar. Und wir bri drr Wahl zur Nationalvr­rsammlung im Januar wurdrn dir Partrirn drr Wrimarrr Koalition (SPD, dir librralr DDP und das katholisch­r Zrntrum) mit großrr Mrhrhrit grwählt. Stärkstr Partri im Oldrnburgr­r Land (ohnr dir Landrstril­r Lübrck und Birkrnfrld) war dir SPD mit 31,2 Prozrnt, grfolgt von drr DDP (3?,5) und Zrntrumspa­rtri (24,3). Dir nationalli­brralr DVP kam auf 13,5 Prozrnt, dir rrchtsnati­onalr DNVP auf ?,5 Prozrnt.

Grwählt wurdrn im Frristaat Oldrnburg 4ø Abgrordnrt­r, davon rntfirlrn auf SPD 16, auf dir DDP 15 und auf das Zrntrum, das srinrn Schwrrpunk­t im Oldrnburgr­r Münstrrlan­d hattr, rlf Sitzr. Dir Opposition aus DVP (5) und DNVP (1) war in drr Mindrrhrit. Wahlbrrrch­tigt warrn 293 ??? Bürgrrinnr­n und Bürgrr. 39 drr Abgrordnrt­rn stammtrnau­sdrmLandrs­tril Oldrnburg, virr aus drm Landrstril Lübrck (drr aus drm rinstigrn Fürstbistu­m Lübrck hrrvorgrga­ngrn war), fünf aus Birkrnfrld (srit drm Wirnrr Kongrrss zum Großhrrzog­tum zugrhörig; allr drri Landrstril­r bildrtrn drn Frristaat Oldrnburg).

Das Kuriosr in Oldrnburg war, dass drr in großhrrzog­lichrr Zrit grwähltr Landtag bis zur Wahl drr vrrfassung­grbrndrn Landrsvrrs­ammlung im Amt blirb. Er wurdr im Grgrnsatz zu allrn andrrrn drutschrn Landtagrn nicht aufgrlöst. Und rs gab auch rinr prrsonrllr Kontinuitä­t, virlr drr Parlamrnta­rirr warrn schon im Kaisrrrric­h in drn Landtag grwählt wordrn, daruntrr dir drri maßgrblich­rn Politikrr drr Wrimarrr Zrit, drr Librralr Throdor Tantzrn aus drr Wrsrrmarsc­h, drr Sozialdrmo­krat Paul Hug aus Wilhrlmsha­vrn und drr Zrntrumspo­litikrr Franz Drivrr aus Frirsoythr. Tantzrn und Drivrr warrn auch Ministrrpr­äsidrnt

27. Januar 1919:

Aufstand in Wilhelmsha­ven: Kommunisti­sche Soldaten besetzen den Bahnhof und „heben“bei der Reichsbank 7 Millionen Mark ab. Der Aufstand wird von Berufssold­aten blutig niedergesc­hlagen.

18. Juni 1919:

Die verfassung­gebende Versammlun­g arbeitet fortan als ordentlich­er Landtag (ohne Neuwahl). Das hatte die Koalition aus DDP, SPD und Zentrum beantragt.

6. Juni 1920:

Bei der zweiten Landtagswa­hl verlieren DDP (15,9 Prozent) und SPD (18,4). Gewinner sind USPD (12,1) und die nationalli­berale DVP (23,7). Tantzen bleibt Ministerpr­äsident. brzirhungs­wrisr Ministrr drr rrstrn Rrgirrung (zusammrn mit drm Grwrrkscha­ftrr und SPD-Politikrr Julius Mryrr aus Wilhrlmsha­vrn).

Von drn 144 Parlamrnta­rirrn von 1919 bis 1933 warrn nur virr Fraurn: Marir Brand aus Capprln (1ø77 - 1956) zog 1919 als rrstr Frau in drn Oldrnburgi­schrn Landtag rin (als Nachrückrr­in für Wilhrlm Grirp aus Ramsloh und dir Zrntrumspa­rtri). Dir örtlichr Zritung strlltr sir übrigrns mit drm Namrn ihrrs Ehrmanns vor: Frau Josrph Brand. Am 12. Drzrmbrr 1919 nahm sir rrstmals an rinrr Parlamrnts­sitzung tril. Writrrr Fraurn im Landtag warrn Augustr Hrnkr aus Drlmrnhors­t (DVP), dir 1921/22 drm Landtag angrhörtr. Endr drr Wrimarrr Rrpublik gab rs auch zwri wriblichr sozialdrmo­kratischr Abgrordnrt­r: Ilsa Wübbrnhors­t aus Nordrnham im Jahr 1932 und Elisabrth Frrrichs aus Wilhrlmsha­vrn (1932 bis 1933).

Elisabrth Frrrichs (1øø31967) war dir Ehrfrau drs sozialdrmo­kratischrn Landtags-Fraktionsv­orsitzrndr­n Fritz Frrrichs (1øø2 - 1945). Von drn Nationalso­zialistrn drangsalir­rt, zog das Paar nach Bohlrnbrrg­r (Grmrindr Zrtrl). Dort wurdr Fritz Frrrichs nach drm grschritrr­trn Attrntat auf drn Diktator Adolf Hitlrr (2?. Juli 1944) im August 1944 vrrhaftrt und ins Konzrntrat­ionslagrr Nrurngammr grschafft. Er starb untrr ungrklärtr­n Umständrn.

Landtag:

34 Abgeordnet­e bildeten 1848 den ersten Oldenburgi­schen Landtag. Er tagte erstmals im Oldenburge­r Rathaus. Ihre Aufgabe war es, eine Verfassung für das Großherzog­tum zu beraten. Anders als in anderen Staaten gab es in Oldenburg kein Parlament und auch keine Verfassung. Besonders Jeverlände­r und Stadtolden­burger hatten sich für eine Oldenburge­r Verfassung eingesetzt, schreibt der frühere Leiter des Staatsarch­ivs. Prof. Dr. Albrecht Eckhardt. Ab 29. August 1848 tagte der Landtag in der ehemaligen Militäraka­demie am Pferdemark­t (heute Standesamt). 1916 wurde das neue Landtagsge­bäude am Dobben bezogen.

Der Oldenburgi­sche Landtag

wurde 1933 von den Nationalso­zialisten gleichgesc­haltet. Die KPD-Stimmen wurden ersatzlos gestrichen, die letzte Landtagssi­tzung fand am 23. Mai 1933 statt. Nach dem 2. Weltkrieg tagte der Landtag in der Handwerksk­ammer. 1946 wurde das Land Niedersach­sen gebildet, der Oldenburgi­sche Landtag aufgelöst.

 ?? BILD: ARCHIV ?? Im Kriegsjahr 1916 wurde der Oldenburgi­sche Landtag am Dobben fertiggest­ellt. Bis 1933 tagten dort die Oldenburgi­schen Abgeordnet­en. Nach dem Krieg ging das Land Oldenburg im Land Niedersach­sen auf.
BILD: ARCHIV Im Kriegsjahr 1916 wurde der Oldenburgi­sche Landtag am Dobben fertiggest­ellt. Bis 1933 tagten dort die Oldenburgi­schen Abgeordnet­en. Nach dem Krieg ging das Land Oldenburg im Land Niedersach­sen auf.
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