Babynahrung aus der Wesermarsch
Molkereigenossenschaft DMK eröffnet neues Werk in Strückhausen – 145 Millionen Euro investiert
230 Stellen sind bis 2020 geplant. Der Standort blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück.
OVELGÖNNE-STRÜCKHAUSEN – Großer Tag für den traditionsreichen Milchstandort Strückhausen in der Wesermarsch: Nach knapp dreijähriger Bauzeit eröffnete das Deutsche Milchkontor (DMK/Bremen/ Zeven) am Donnerstag offiziell seine neue, hochmoderne Produktionsstätte für Babynahrung. Insgesamt investierte Deutschlands größte Molkereigenossenschaft nach eigenen Angaben rund 145 Millionen Euro in das Werk in der Gemeinde Ovelgönne, was – wie mehrere Redner bei der feierlichen Eröffnung betonten –, eine der größten Einzelinvestitionen in der jüngeren Vergangenheit in Norddeutschland sein dürfte.
Bekenntnis zur Region
Ingo Müller, Chef der DMK-Gruppe, bezeichnete die Investition als „Statement für das Milchland Niedersachsen“und „klares Bekenntnis zum Nordwesten“. Sie füge sich auch sehr gut in die strategische Ausrichtung der DMK-Gruppe „weg von Massenware, hin zu mehr Ertrag“ein. „Der Markt für Babynahrung wird und ist dabei für uns von hoher Bedeutung“, sagte Müller.
Für den Molkereichef hatte die Eröffnung des Standorts auch persönlich eine besondere Bedeutung. Nicht nur, dass Müller in unmittelbarer Drückten symbolisch den Startknopf zur Eröffnung des Werks (von links): DMK-Chef Ingo Müller, Bürgermeister Christoph Hartz, Landrat Thomas Brückmann, Minister Björn Thümler, DMK-Aufsichtsratschef Heinz Korte und DMK-Bereichsleiter Stefan Eckert
Nähe des Werkes aufwuchs, er absolvierte in Strückhausen auch seine Berufsausbildung und war dort drei Jahre als Werkleiter tätig.
„Ein Standort mit langer Tradition ist zu einem HighTech-Standort für Babynahrung umgewandelt worden“, sagte Stefan Eckert, verantwortlich für die Babynahrungssparte bei DMK. Künftig sollen unter der Marke „Humana“in Strückhausen jährlich bis zu 40 Millionen Kilogramm Milch für den deutschen und internationalen Markt aus gentechnikfreier Fütterung zu Babymilchnahrung in Pulverform hergestellt und verpackt werden. Aktuell sind laut Eckert rund 170 Mitarbeiter an dem Standort beschäftigt. „Die Planungen sehen
einen weiteren Ausbau auf rund 230 Arbeitsplätze bis 2020 vor“, sagte er.
„Babynahrung ist ein fester
Bestandteil unserer Milchverarbeitung und vor allem unserer Wertschöpfung“, sagte der DMK-Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Korte. Er hob hervor, dass die Milch, die in Strückhausen verarbeitet wird, „hier aus der Region von hiesigen Landwirten“komme. Die Einweihung am Donnerstag bezeichnete er als „einen der Höhepunkte in der wechselvollen Geschichte dieses Standortes“.
An die wechselvolle 135jährige Geschichte, „die in den letzten Jahrzehnten eher von Tiefen und weniger von Höhen geprägt“war, erinnerte auch Niedersachsens Wissenschaftsund Kulturminister Björn Thümler (CDU), der selbst in der Wesermarsch lebt. Das Werk wurde 1884 von Bauern aus der Wesermarsch und angrenzender Gebiete, die sich zur Genossenschaft Milchwerke Wesermarsch zusammengeschlossen hatten, gegründet. Ging es anfangs um klassische Molkereiprodukte wie Butter, machte sich der Standort in der Nachkriegszeit vor allem mit der Produktion von Eis (Botterbloom/Nord-Eis) einen Namen. In Hochzeiten arbeiteten bis zu 700 Mitarbeiter in einem der größten Milchwerke in Norddeutschland.
2011 drohte das Aus
Später sollten aber auch turbulente Jahre mit roten Zahlen und Rationalisierungen folgen. Ende 2011/Anfang 2012 drohte sogar das Aus für den Standort, an dem damals nicht einmal mehr 60 Mitarbeiter beschäftigt waren.
2014 entschied sich DMK dann für einen Neuanfang in Strückhausen. Statt Eis und anderer traditioneller Molkereiprodukte sollte auf dem 112 000 Quadratmeter großen Standort, was etwa einer Fläche von 16 Fußballfeldern entspricht, künftig Babynahrung in Pulverform hergestellt werden. Dazu wurde der Standort komplett umgebaut. In den Bereichen Trocknung, Mischen und Abfüllen blieb nur die Gebäudehülle stehen. Für Thümler, der damals auch die turbulenten Phase um den Erhalt des Werkes vor Ort miterlebt hatte, eine wegweisende Entscheidung: „Ich freue mich, dass DMK Wort gehalten hat, den Standort erhalten und viel Geld hier in Niedersachsen, hier in der Wesermarsch, investiert hat.“