Vom Suchen und Finden von Heimat
Moderator und Journalist Michel Abdollahi (37) spricht über Migrationserfahrung und Medienkompetenz
Michel Abdollahi hat ein eigenes Verständnis von Heimat. Seit er fünf Jahre alt ist, lebt der im Iran geborene Journalist in Hamburg.
OLDENBURG – Heimat – ein Begriff, der Vieles sein kann. Ein Ort, ein Gefühl, ein geliebter Mensch, eine Rückbesinnung auf die Vergangenheit. Doch konkret, greifbar, eindeutig ist all das nicht. Wer oder was kann Heimat sein? Dieser Frage hat sich die Volkshochschule Oldenburg (VHS) mit der Projektreihe „Heimat: Bleiben. Suchen. Finden.“gewidmet, die unter der Überschrift „Heimat ist bunt“in einer Ausstellung mündet. Zu der dazugehörigen Abschlussveranstaltung hat die VHS den Moderator und PerformanceKünstler Michel Abdollahi eingeladen. Abdollahi, 37 Jahre alt, wurde im Iran geboren. Während der iranischen Revolution musste seine Familie Teheran verlassen. Als Fünfjähriger kam er dann mit seiner Familie nach Hamburg.
„Wir haben Michel Abdollahi eingeladen, weil wir fanden, dass er perfekt zu dem Thema passt“, erklärt Andreas Gögel vom geschäftsführenden Vorstand der VHS Oldenburg. „Einfach, weil er Dinge auf den Punkt bringt.“Für seine Reportage „Im Nazidorf“wurde der Reporter zum Beispiel schon mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.
In Oldenburg sprach Abdollahi in einer voll ausgebuchten rund anderthalbstündigen Diskussionsveranstaltung – und im Gespräch mit der Ð – über Perspektiven auf das Thema Heimat, über die Macht der Sprache und den Umgang mit (sozialen) Medien. „Der Themenkomplex Heimat“, sagt Abdollahi, „ist schwierig.
Er stößt viele andere Felder an. Heimat sagt etwas aus über Zugehörigkeit, kann jemandem zu- oder abgesprochen werden. Und doch ist es etwas so Selbstverständliches“. Um Heimat greifbarer zu machen, plädiert der 37Jährige dafür, das Thema etwas kleiner zu denken: „Ich finde, man könnte sich hinbewegen zu dem Begriff der Region oder Regionalität.“
Vor Ort, vor der eigenen Haustür, könnten Menschen ihre Region prägen, unabhängig davon, was in „der großen weiten Welt passiert“. Das heißt laut Abdollahi jedoch nicht, dass das weltpolitische Geschehen außer Acht gelassen werden darf. „Die Zusammenhänge sollte man versuchen, im Blick zu behalten. Doch dann hilft es, sie ins Regionale zurückzuführen und sich vor Ort zu engagieren.“Das beeinflusse das Heimatgefühl.
Darauf hat auch das Instrument Sprache Auswirkungen. „Es ist wichtig, Begriffe mit Bedacht zu wählen. Sprache ist machtvoll, deshalb ist die Wortwahl sehr entscheidend“, erklärt Abdollahi. Er nennt ein Beispiel: „Früher gab es einfach den Begriff Ausländer. Das wurde irgendwann als abwertend empfunden, also wurde der ,Mensch mit Migrationshintergrund’ eingeführt. Inzwischen hat auch das einen Beigeschmack.“
Nicht nur in direkten Gesprächen, ebenso in sozialen Medien zeige sich die Wirkung: Dauerhaft können Menschen in Kontakt sein, Kommentare abgeben, sich einmischen. „Aber eben, ohne sich real zu sehen, sich gegenüberzusitzen. Es wird suggeriert, dass diese Plattformen Stammtischcharakter hätten, – haben sie aber nicht“, bezieht Abdollahi einen Standpunkt.
Und: Viele Aussagen würden unkritisch hingenommen, nicht hinterfragt. Besonders junge Menschen, die mit der Allgegenwärtigkeit von mobilem Internet aufwachsen, müssten lernen, mit dem Wust an Infos umzugehen.