Polizisten auf Herz und Gesinnung geprüft
Ein hessischer Beamter hatte offenbar Dienstgeheimnisse an eine rechtsgerichtete Gruppierung verraten. Etwaigen Tendenzen will die PolizeiAkademie vorgreifen.
OLDENBURG – „Rechtsextreme Tendenzen werden in der Polizei nicht toleriert. Diesen wird schon bei geringsten Verdachtsmomenten konsequent entgegengetreten“, so Polizeipräsident Johann Kühme mit Blick auf die nun erhobene Anklage gegen einen in der Polizeidirektion Oldenburg tätigen Beamten. Der Polizist soll wie berichtet im Frühjahr 2016 – viele Monate vor seiner Versetzung nach Niedersachsen – noch im Dienste der hessischen Landespolizei Dienstgeheimnisse an eine Bekannte aus dem rechtsextremen Milieu weitergegeben haben. Den Ermittlungen folgte nun die Anklage durch die Staatsanwaltschaft Darmstadt. Ob es aber tatsächlich zum Hauptverfahren kommt, ist allerdings noch nicht geklärt.
Unabhängig von dessen Ausgang – ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet, aber bis zur vollständigen Klärung des Geschehens ausgesetzt – müht man sich bei den hiesigen Behörden um die „Schlüsselkompetenz Demokratiefähigkeit/Demokratiekompetenz“, und, wie es auf Ð-Nachfrage aus dem Innenministerium heißt, „diese auch dauerhaft und nachhaltig zu erhalten und zu stärken“. Alle Bewerber würden vor einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst Niedersachsen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. „Im Rahmen des Einstellungsprozesses werden sie hinsichtlich ihrer weltanschaulichen Wertvorstellungen hinterfragt“, so Svenja Mischel vom Ministerium, aufgrund des dann geleisteten Diensteids sind sie „verpflichtet, sich jederzeit und ausnahmslos dafür einzusetzen, dass der demokratische Rechtsstaat gewahrt und geschützt“werde. Während ihrer Ausbildung – und damit im Studienverlauf an der Polizeiakademie in Bloherfelde – würden die angehenden Polizistinnen und Polizisten „intensiv und ganzheitlich“mit Grundwerten und „der Rolle der Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat“vertraut gemacht, heißt es.
Strafrechtliche Folgen
Gefordert werde von ihnen somit ein „bedingungsloses Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“, bestätigt auch Thomas Münch, Sprecher der Akademie. Zu jeder Zeit müsse bei ihnen die Bereitschaft bestehen, für die im Grundgesetz verankerten Werte einzutreten. Denn: „Jegliche Zweifel an der geistigen Haltung der Bewerberinnen und Bewerber gegenüber dieser Bereitschaft beziehungsweise an der eigenen Identifikation mit dieser führte grundsätzlich zum Ausscheiden aus dem Auswahlverfahren“.
Zuverlässigkeit und Verfassungstreue würden „ausnahmslos“vor dem Eintritt in den Vollzugsdienst überprüft. Gemeint sind damit ebenso rechts- wie linksextreme Tendenzen. Mehr noch: „Angelehnt an die von Bewerberinnen und Bewerbern benannten Wohnsitze werden die örtlich zuständigen Polizeidienststellen zu den Personen befragt“, sagt Münch auf ÐNa■hfrage. Darüber hinaus erfolge ein Abgleich mit den „Informationsbeständen polizeilicher Auskunftssysteme“, sprich: Kandidatinnen und Kandidaten werden auf Herz, Nieren und Gesinnung geprüft – „im Einzelfall wird auch Einsicht in gerichtliche beziehungsweise staatsanwaltschaftliche Akten sowie Personalakten genommen“.
Auch im folgenden Fortbildungsangebot der Polizei finden sich viele Seminare, die sich mit den „Aspekten des demokratischen Rechtsstaates und seiner Institutionen sowie Faktoren, die auf die Demokratie einwirken können“, beschäftigen. All dies sei, heißt es offen aus dem Innenministerium, aufgrund einer „besorgniserregenden Entwicklung“zwingend erforderlich.
Denn: „Durch den steigenden Zuspruch für Rechtspopulisten in Deutschland und in Europa hat die Polarisierung der Gesellschaft deutlich zugenommen“, so eine Stellungnahme aus dem Innenministerium auf ÐNa■hfrage. Das könne trotz aller Absicherungen „in Einzelfällen“eben auch bei Polizisten geschehen. Dadurch begingen sie „im Regelfall selbst Straftaten, mindestens erhebliche Verstöße gegen beamtenrechtliche Kernpflichten, und bewegen sich außerhalb aller Wertvorstellungen der Polizei“. All das habe neben etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen auch „immer ernsthafte dienstrechtliche Folgen“. Wie im jüngsten Fall.