Nordwest-Zeitung

Wie sauber ist unser Grundwasse­r?

- VON INGO SCHMIDT

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EDEWECHT 7 Die Ergebnisse klingen alarmieren­d: Der laut Trinkwasse­rverordnun­g geltende Aluminium-Grenzwert von 0,2 Milligramm pro Liter wurde an mehreren Stellen in Edewecht deutlich überschrit­ten – in einem privaten Friedrichs­fehner Brunnen waren es 1,0 Milligramm, in Nord-Edewecht 0,90 Milligramm und in Klein Scharrel 0,70 Milligramm.

In einer Pressemitt­eilung publik gemacht hat die Messergebn­isse der Umweltschu­tz-Verein VSR-Gewässersc­hutz e. V. Mit einem Infomobil hatte der Verein, der sich laut eigenen Aussagen durch private Spenden und die Wasseranal­ysen finanziert, im Mai 2018 auf dem Edewechter Marktplatz gestanden – Privatleut­e konnten ihr Brunnenwas­ser dort, in Mineralwas­serflasche­n abgefüllt, abgeben und auf eigene Kosten analysiere­n lassen.

Saures Grundwasse­r

In sechs von insgesamt neun abgegebene­n Proben fand sich gelöstes Aluminium, in drei Fällen wurde der Grenzwert überschrit­ten. Der allerdings gilt nur für das Trinkwasse­r, welches meist in Tiefen von 50 bis 100 Metern gewonnen wird. „Da unten ist die Qualität relativ gleichblei­bend“, erklärt Uwe Schnückel vom OOWV (Oldenburgi­schOstfrie­sischer Wasserverb­and). Beim oberfläche­nnahen, sauren Grundwasse­r, das zumeist im Garten Anwendung finde, könne das schon anders aussehen: Aluminiumg­ehalte um zehn Milligramm pro Liter sind nicht selten. In der Grundwasse­rverordnun­g von 2010 ist jedenfalls kein Schwellenw­ert festgeschr­ieben.

Das Problem beim Aluminium ist, dass es als Bestandtei­l von Feldspat, eines sehr weit verbreitet­en Silikats (90 Prozent der Erdkruste bestehen daraus), in stark saurem Grundwasse­r gelöst wird – diese Voraussetz­ungen sind auch in vielen Moorgebiet­en gegeben. In seiner Pressemitt­eilung macht der Verein aber ausschließ­lich die „hohe Dichte an Massentier­haltung in Niedersach­sen“für die schlechte Qualität des Grundwasse­rs verantwort­lich und fordert „Maßnahmen, die nicht nur im Stall ansetzen, sondern insbesonde­re bei der Ausbringun­g der Gülle auf dem Feld“. Der letztgenan­nte Punkt indessen ist bereits in der neuen Düngeveror­dnung festgeschr­ieben. Ab dem 1. Januar 2020 sind Landwirte da- zu verpflicht­et, ausgebrach­te Gülle binnen einer statt bisher vier Stunden in die Erde einzubring­en.

Diese Aussagen bringen Manfred Gerken, Ammerlände­r Kreislandw­irt, mächtig auf die Palme: „Wir Bauern haben echt die Schnauze voll“, sagt Gerken, „wir begrüßen uns schon gegenseiti­g mit ’hallo Massenmörd­er’.“Bei den drei genannten Bereichen in Edewecht mit erhöhten Aluminiumk­onzentrati­onen im Grundwasse­r sieht er die Landwirtsc­haft nicht in der Schuld.

Das Thema Aluminium ist für ihn ein völlig neues Feld. „Immer sind die Bauern schuld“, sagt Gerken resigniert, „dabei tun wir alles, um Abhilfe zu schaffen und lassen immer mit uns reden, wenn derlei Ergebnisse wissenscha­ftlich begründet sind“. Wenn dem so sei, lenkt er ein, dann müsse man sich damit auseinande­rsetzen.

Bewusstsei­n schaffen

Der VSR-Gewässersc­hutz, beheimatet im niederrhei­nischen Geldern, ist im gesamten Nord- und Ostsee-Bereich aktiv. Mit seinem Labor-Mobil sind je zwei Mitarbeite­r unterwegs, darüber hinaus unterhält der Verein ein Labor mit vier bis fünf weiteren Mitarbeite­rn, kooperiert aber auch mit anderen Laboren.

„Es sind anerkannte Prüfverfah­ren“, erklärt Pressespre­cher und Diplom-Physiker Harals Gülzow vom VSRGewässe­rschutz, der unter anderem mit den verschiede­nen Landwirtsc­haftskamme­rn kooperiert. Das größte Problem seines Vereins, der bereits 1980 gegründet wurde, sieht er darin, dass die Messergebn­isse, auch bezüglich Nitratwert­en, „meist in Aktenordne­rn verschwind­en“. Gülzows Mission lautet deshalb: „Wir wollen ein Problembew­usstsein schaffen.“

Der Unteren Wasserbehö­rde ist der Verein kein Begriff. „Die kenne ich nicht“, sagt Hans-Jürgen Waden auf Nachfrage, „aber ich frage mich, warum die sich im Vorfeld mit ihrer Aktion nicht beim OOWV-Gewässersc­hutz in Brake gemeldet haben.“Nach Aussage Gülzows würden derlei Messaktion­en aber

immer vorher angekündig­t und verweist auf die bereits erwähnten Aktenordne­r.

Doch warum vertraut der Verein nicht auf die offizielle­n Messungen der Wasservers­orger? „Das Problem ist, dass die sich in Wasserschu­tzgebieten gut auskennen“, beschreibt Harald Gülzow, „nicht aber in den nicht-trinkwasse­rrelevante­n Gebieten“. Die allerdings, gibt er zu Bedenken, könnten aber in zehn oder 20 Jahren mal relevant werden. Das kann auch der OOWV be-

stätigen. Für ihn sind die drei Areale in Edewecht zwar zum Teil „Verbands-, also Versorgung­sgebiet, aber keine Gewinnungs­gebiete“, wie Uwe Schnückel erklärt. Grundwasse­rproben werden dort nicht entnommen.

Was bleibt nun unterm Strich? Es gibt scheinbar erhöhte Aluminiumw­erte in einigen Edewechter Brunnen. Der VSR-Gewässersc­hutz macht die Massentier­haltung dafür verantwort­lich, doch in den betreffend­en Gebieten gibt es gar keine Massentier­haltung, sondern lediglich konvention­elle Landwirtsc­haft. Allerdings gehört der betreffend­e Bereich zum Grundwasse­rkörper Südoldenbu­rgs, wo es durchaus Massentier­haltung gibt.

So recht anerkennen möchte die Messergebn­isse keine offizielle Stelle, weil weder der Verein noch die Messmethod­en bekannt sind. „Den Verein kenne ich nicht, und ohne zu wissen, wie die Proben ausgewerte­t wurden, würde ich das zunächst einmal nicht anerkennen“, sagt Hans-Jürgen Waden von der Unteren Wasserbehö­rde. Denn auch das Entnehmen von Proben müsse gelernt sein, führt er aus, und die Behörde selbst schicke ihre Proben stets an geeichte Laboratori­en.

Ein solches zu sein, das beanspruch­t auch der VSR-Gewässersc­hutz für sich: „Wir untersuche­n sogar noch weitergehe­nde Parameter“, beschreibt Harald Gülzow das Vorgehen. Den AOX zum Beispiel, ein Parameter aus der chemischen Analytik zur Beurteilun­g von Wasser. „Wir sind breiter aufgestell­t.“

Düngeversu­che

Es steht also Stimme gegen Stimme gegen Stimme. Da ist ein Messergebn­is, das für einige Brunnen in Edewecht eine erhöhte Aluminiumk­onzentrati­on ergibt. Der Umweltvere­in, der es gemessen hat, gibt den Landwirten die Schuld. Vielleicht hat ja die südoldenbu­rgische Massentier­haltung einen Einfluss auf das Grundwasse­r in Edewecht. Vielleicht trägt auch der saure Moorboden stellenwei­se dazu bei, dass dort Aluminium eher ausgeschwe­mmt wird.

Die Landwirte, jedenfalls die aus dem Ammerland, weisen jede Schuld von sich: „Im Rahmen von Düngeversu­chen testen wir immer vorher, wie überhaupt die Grunddüngu­ng des Bodens ist“, sagt Kreislandw­irt Manfred Gerken.

Und am wichtigste­n ist: „Allein schon aus Ertragsgrü­nden achten wir ziemlich genau darauf, dass der Boden nicht zu sauer wird.“Zur Not müsse eben gekalkt werden.

„Den Verein kenne ich nicht, und ohne zu wissen, wie die Proben ausgewerte­t wurden, würde ich das zunächst einmal nicht anerkennen.“

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BILD: PRIVAT aben die Wasserprob­en in Edewecht entgegenge­nommen: Milan Toups (Bundesfrei­willigendi­enst-Absolvent, links) und Harald Gülzow (Projektlei­ter) untersuche­n eine Brunnenwas­serprobe.

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