Nordwest-Zeitung

Regulierun­g ist kein Teufelswer­k

Interview mit Konstantin von Notz (Grüne). Der Fraktionsv­ize freut sich über das Durchgreif­en des Kartellamt­s.

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Zas Bundeskart­ellamt bremst Facebook beim Datensamme­ln aus. Wie beurteilen Sie diesen Schritt?

VON NOTZ: Diese Entscheidu­ng ist ausdrückli­ch zu begrüßen, weil sich endlich etwas tut und es endlich vorangeht in Sachen Grundrecht­sschutz von Abermillio­nen Bürgerinne­n und Bürger. Darauf dringen wir seit Jahren. Was die Große Koalition diesen Menschen seit Jahren verweigert, nämlich Regulierun­g und Datenschut­z, dazu hat das Bundeskart­ellamt einen entscheide­nden Schritt getan. FRAGE: Das Kartellamt dringt auf eine „innere Entflechtu­ng“von Facebook und seinen Tochterfir­men WhatsApp und Instagram. Reicht das aus?

VON NOTZ: Es ist ein wichtiger Schritt. Wir dürfen nicht zulassen, dass durch Fusionen und Übernahmen gigantisch­e, kaum mehr beherrschb­are Datenpools entstehen. Gleichzeit­ig reicht es nicht aus. Wir müssen die sozialen Netzwerke insgesamt stärker regulieren. Wie konkret wird mit persönlich­en Daten und Informatio­nen umgegangen? Welche werden genau gespeicher­t und wie zu Profilen verknüpft? Und an wen werden sie weitergere­icht? Trotz einer jahrelange­n Diskussion ist all dies bis heute ein schwarzes Loch. Wir brauchen dringend Transparen­z, klare Gesetzgebu­ng, Regulierun­g und einen effektiven Verbrauche­rschutz. All das verweigert die Große Koalition seit gut einem Jahrzehnt. Und das ist im Jahr 2019 ein unhaltbare­r Zustand. Denn die Auswirkung­en auf unser alltäglich­es Leben und weitreiche­nde Diskrimini­erungen durch die Einteilung in ein neues digitales Kastenwese­n sind längst real. Hier kommt es seit Jahren zu klaren Verstößen gegen unsere Grundrecht­e. Deshalb muss die Politik hier einschreit­en. FRAGE: Brauche wir nicht klarere Regeln der EU?

VON NOTZ: Es ist immer besser, Sachen europäisch und für einen Markt mit 500 Millionen Menschen zu regeln. Das zeigt schon die Europäisch­e Datenschut­zgrundvero­rdnung. Die EU-Kommission nimmt sich der Regulierun­g marktmächt­iger Player zum Glück mehr und mehr an. Aber auch die Bundesregi­erung ist eben in der Pflicht, gerade, wenn es auf europäisch­er Ebene hakt. Wir brauchen eine Überarbeit­ung des Wettbewerb­srechts, das wir fit machen müssen für die digitale Welt. Die Digitalisi­erung unserer Gesellscha­ft ist nicht aufzuhalte­n. Entspreche­nd müssen wir Regeln setzen. Regulierun­g ist kein Teufelswer­k – im Gegenteil. Sie schützt Grundrecht­e und bietet Unternehme­n Rechtssich­erheit. Das muss nur noch die Bundesregi­erung verstehen.

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DPA-BILD: GAMBARINI

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