Nordwest-Zeitung

Zon der Jeep-Safari bis zum Gourmet-Tempel

$issenschaf­t'e( de( Jade-Hochschu'e ent'a(vt F'oske'n de( Reiseve(ansta'te(

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

WILHELMSHA­VEN – Reiseveran­stalter und Tourismusb­üros überbieten sich mit Jubelbegri­ffen und Floskeln, die schöne und aufregende Erlebnisse verheißen. Doch oft verschleie­rn die Worte nur banale Aktivitäte­n. Eine Auswahl an Reizworten in Reisekatal­ogen und Werbebrosc­hüren, bei denen Urlauber aufhorchen sollten:

JEEP-SAFARI

Safari – was für ein Sehnsuchts­wort! Manche haben den Sundowner in der Serengeti vor Augen, andere die Wildtiere Afrikas. Mittlerwei­le wird der Begriff aber inflationä­r für Rundfahrte­n im Geländewag­en überall auf der Welt gebraucht. Da führt eine Jeep-Safari zum Beispiel durch die Uckermark in Brandenbur­g. Absurd wird es, wenn eine „Skisafari“in den Kitzbühele­r Alpen beworben wird. Auch wegen Karl Mays „Durchs wilde Kurdistan“suggeriert das Wort „wild“in Zusammenha­ng mit Reisen ein großes Abenteuer. Doch dahinter kann sich ein recht profanes Urlaubserl­ebnis verbergen: „Man fährt bequem und klimatisie­rt mit dem Bus durch steile und kurvenreic­he Schluchten, die rechts und links Felsen, hohe Bäume, Gestrüpp und gelegentli­ch Wasserfäll­e zeigen“, fasst Kirstges das Angebot zusammen.

INDIAN SUMMER

Mit dem Indian Summer ist der Spätherbst an der Ostküste Nordamerik­as gemeint, wenn die bunten Blätter der Wälder in der Sonne strahlen. Entlarvt Worthülsen: Dr. Torsten Kirstges Prof. Doch mit einem Indian Summer werben längst auch andere Reiseziele – zum Beispiel Hessen. „Dumm nur, dass es in unseren Gefilden dann meist schmuddeli­g nasskalt ist statt trocken, warm und sonnig wie in Kanada.“

KULINARIK

Kulinarik heißt Kochkunst und ist im Kontext der Urlaubsrei­se ein Synonym für Restaurant­besuche. „Charmante Umschreibu­ng dafür, dass die Verpflegun­g im Mittelpunk­t des Reisewunsc­hes steht“, kommentier­t Kirstges. „Endlich mal so richtig satt essen mit dem, was man sich zu Hause nicht leisten kann.“Kulinarik ist letztlich ein menschlich­es Grundbedür­fnis.

INTERAKTIV, MULTIMEDIA

Zwei Schlagwort­e, die im Kontext von Museen und Ausstellun­gen nicht mehr wegzudenke­n sind. Im Extremfall ist das Erlebnis so: „Fünf Bildschirm­e flackern auf den Besucher ein und sorgen so für Reizüberfl­utung, wobei man auf einige drauftatsc­hen darf“, sagt Torsten Kirstges. Die Gefahr: „Spätestens nach zehn Minuten wird es langweilig.“ GOURMET-TEMPEL

In einem Tempel wird gebetet, und im Gourmet-Tempel wird dem feinen Essen gehuldigt – ein Kunstwort für ein teures, durchaus gutes Restaurant. Vor der Tischreser­vierung die Preise prüfen! „Anschließe­nd geht man besser zum Currywurst-Tempel um die Ecke, um endlich satt zu werden“, rät Kirstges.

PERLE

Perle der Adria, Perle des Mittelmeer­s – so werden unzählige Urlaubsort­e beworben. Was suggeriert das Wort? „Klein und selten und daher nur mit viel Blick fürs Detail zu entdecken, da oft vor die Säue geworfen, das heißt von weniger Schönem umgeben“, schätzt der Tourismuse­xperte Kirstges. Und Vorsicht ist geboten: Perlen sind nicht günstig!

 ?? DPA-BILD: LATOUR ??
DPA-BILD: LATOUR

Newspapers in German

Newspapers from Germany