Kritische Fragen an die Pflegekammer
Teilnehmer konnten ihre Anliegen nach der Veranstaltung hinterlassen
OLDENBURG/HANNOVER/LL – Bei der Ð-Podiumsdiskussion zur Pflegekammer blieben einige Fragen aus dem Publikum offen. Die Ð hat die Fragen gesammelt und an die Pflegekammer weitergeleitet. Lesen Sie die Antworten von Kammer-Präsidentin Sandra Mehmecke. Video zur Podiumsdiskussion: www.NWZonline.de/pflegekammer
Nicht alles konnte an dem Abend geklärt werden. Die hat bei der Pflegekammer nachgehakt, hier die Antworten.
OLDENBURG/HANNOVER – Die Ð-Podiumsdiskussion zur Pflegekammer am 31. Januar hat zwar viele Fragen beantwortet, einige blieben aber offen. Die Ð hat sie gesammelt und an die Pflegekammer weitergeleitet. Deren Präsidentin Sandra Mehmecke stand Rede und Antwort.
Elisabeth Wilken (Krankenpflegerin): Wie siehtBs mit den Folgekosten aus
Die Pflegekammer erhebt zur Finanzierung ihrer Aufgaben einen Mitgliedsbeitrag von 0,4 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte aus der pflegerischen Berufsausübung. Wir gehen von einer langfristigen Beitragsstabilität aus. Zudem überprüft der Ausschuss Finanzangelegenheiten die Auswirkungen der Beitragsordnung permanent und macht Vorschläge für zukünftige Änderungen im Interesse der Beitragszahler. Gerade zum Thema Fortbildungen kursieren bisweilen haarsträubende Gerüchte. Fortbildung in der Pflege ist unerlässlich. Die Pflegekammer wird aber mit Sicherheit nicht am bisherigen System der Kostenübernahme durch die Arbeitgeber rütteln.
Sie wird aber langfristig Empfehlungen geben, welche Fortbildungen sinnvoll sind. Dabei wird sich die Pflegekammer dafür einsetzen, dass Fortbildungen weder pauschal in der Freizeit abzuleisten, noch vollumfänglich durch die Mitglieder zu tragen sind. Auch die Finanzierung von Weiterbildungen erfolgt wie bisher in der Regel durch den Arbeitgeber.
Wilma Bitter (Kinderkrankenschwester): Warum müssen Krankenschwestern zahlen, obwohl sie gar nicht mehr in der Pflege arbeiten. Andrea Blömer (Krankenschwester aus Wiesbaden): Warum können Menschen, die nicht mehr in der Pflege arbeiten, nicht aus der Pflegekammer austreten
Wir haben einerseits eine rechtliche Komponente. Das Kammergesetz für Heilberufe in der Pflege legt die Mitgliedschaft weit aus. Das Gesetz geht auch dann von einer Mitgliedschaft aus, wenn bei der aktuellen Tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeiten angewendet könnten, die man in der Ausbildung erworben hat. Andererseits kommen hier aber auch berufspolitische Aspekte zum Tragen. Es gibt bisher keine einheitliche Definition von Pflege. Wo fängt Pflege an und wo hört Pflege auf? Antworten können nur aus der Berufsgruppe heraus entwickelt werden. Mit der Pflegekammer besteht zum ersten Mal die Chance, mit allen Berufsangehörigen Antworten darauf zu finden. Fakt ist jedenfalls, dass jemand, der keine Kenntnisse aus der Ausbildung mehr anwendet und zum Beispiel als Gärtner arbeitet, auch kein Mitglied der Pflegekammer ist.
Frau Hinz (Krankenschwester): Die Gesellschaft möchte ja, dass es den Krankenschwestern gut geht. Warum kann die Gesellschaft nicht die Pflichtbeiträge bezahlen – das ist doch ein gesellschaftliches Problem
Die Pflegekammer ist als Berufskammer die gesetzlich legitimierte Vertretung der Pflegefachberufe. Damit ist sie ein wesentliches Instrument der Professionalisierung des Berufes. Mit der Pflegekammer beginnt Pflege, sich selbst zu organisieren und den eigenen Beruf weiterzuentwickeln. Diese große Chance ist eine Angelegenheit der Pflegefachpersonen, nicht der gesamten Gesellschaft.
Die Beitragszahlung durch die Mitglieder sichert die Unabhängigkeit der Kammer. Bei einer Fremdfinanzierung durch den Staat oder die Arbeitgeber wäre diese Unabhängigkeit gefährdet. Johannes Schaffland (Krankenpfleger): Was will die Kammer tun, um das Vertrauen der Mitglieder wieder zu erlangen, und warum wurde so viel Druck auf die Mitglieder ausgeübt
Regelmäßige Veranstaltungen zum Beispiel auf Regionalkonferenzen bieten Raum, um sich auszutauschen. Gemeinsam werden wir als Kammer unsere Fachkompetenz beweisen müssen. Wir werden uns einbringen in die wichtigen Debatten und zu den Themen, die uns als Pflegefachpersonen bewegen und die Arbeit unserer Kammer transparent darstellen.
Die Geschäftsstelle der Pflegekammer hat die von den Arbeitgebern gemeldeten Mitglieder angeschrieben und um Registrierung gebeten. Wenn dabei der Eindruck entstanden ist, dass Druck aufgebaut wurde, war das nicht beabsichtigt. Vielleicht mögen die juristischen Formulierungen, auf die die Geschäftsstelle nicht immer verzichten konnte, diesen Eindruck verstärkt haben. Und doch müssen wir Mitglieder der Kammer auch einsehen, dass es eine gesetzliche Pflicht zur Registrierung gibt.
Oksana Breitmeier (Krankenschwester): Wenn Sie unsere Stimme sind, warum entscheiden Sie nicht über Anzahl von Liftern, aber über die Anzahl von Badewannen pro 100 Patienten
Wir werden als Pflegekammer zu allen die Pflege betreffenwerden den und aktuell anstehenden Verordnungs- und Gesetzgebungsverfahren befragt beziehungsweise um Stellungnahme gebeten. Selbstverständlich können und werden wir als Kammer auch proaktiv Vorschläge machen. Bringen Sie Ihren Vorschlag gerne in die Kammer ein und wenden Sie sich damit an den Ausschuss Pflege- und gesundheitspolitische Angelegenheiten.
Ulrike Pieper (Krankenschwester): Wann und woran merke ich, dass meine Interessen von der Pflegekammer konkret umgesetzt werden
Sie können uns Ihre Interessen und Forderungen jederzeit mitteilen. Die große Chance ist, dass die unterschiedlichen Perspektiven, die wir als Pflegende haben, in die Arbeit eingebracht werden. Ein Mitteilungsblatt wird über Neuigkeiten, Veränderungen, Forderungen und Erfolge informieren. Ein Newsletter berichtet schon heute über die Arbeit der Pflegekammer. Die Teilnahme an Regionalkonferenzen ist möglich. Aber auch die Pflegekammer kann die Versäumnisse vieler Jahre nicht von heute auf morgen beseitigen.
Hannelore Bischoff (Krankenschwester im Ruhestand): Warum ist das Niveau der Ausbildung in allen Bundesländern verschieden und in Niedersachsen grottenschlecht
Die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen ist bundeseinheitlich festge- schrieben. Das heißt, dass in allen Bundesländern die gleichen Grundlagen vermittelt werden müssen. Ab dem 1. Januar 2020 löst das Pflegeberufegesetz die bisherigen Regelungen ab. Ziel ist es, die Ausbildung attraktiver zu machen und den Berufsbereich der Pflege durch eine generalistische Pflegeausbildung aufzuwerten. Das Ausbildungsniveau sollte überall gleich sein. Unterschiedlich ist allerdings die Bezahlung. Hier liegt Niedersachsen am unteren Ende der westdeutschen Bundesländer. Die Pflegekammer wird hier die Tarifpartner zu Anpassungen auffordern. „Verdi“hat in den vergangenen Jahren keine Meisterleistung abgeliefert.
Ute Lebert (Krankenschwester): Wird die Zwangsmitgliedschaft zurückgenommen
Die Pflichtmitgliedschaft gewährleistet, dass alle Pflegefachkräfte an der Entwicklung der Pflegekammer beteiligt sind. Nur dann kann die gesamte Berufsgruppe ihre Kraft entfalten und Dinge positiv verändern. Auch eine zukünftige Berufsordnung kann nur durch die Mitgliedschaft aller Berufsangehörigen legitimiert werden. Die Pflegekammer hat sich nicht selbst geschaffen. Auf Grundlage einer repräsentativen Befragung hat ein demokratisch gewähltes Parlament, der Landtag Niedersachsen, mit Mehrheit die Errichtung einer Pflegekammer mit einer Pflichtmitgliedschaft beschlossen.
Video zur Podiumsdiskussion: www.NWZonline.de/pflegekammer