Nordwest-Zeitung

Film-Leidenscha­ft lässt ihn nicht los

Jo Baier feiert 70. Geburtstag – Münchner Regisseur und Drehbuchau­tor („Stauffenbe­rg“)

- VON GUNTHER MATEJKA

Von Ruhestand will der mehrfache GrimmePrei­sträger aber nichts wissen. Nach eigenen Angaben hat er sich „nie verbogen“und „immer Haltung gezeigt“.

MÜNCHEN – Ein bisschen mulmig wird Jo Baier schon beim Gedanken, dass er am 13. Februar 70 Jahre alt wird. Einerseits sei er froh, so alt geworden zu sein. Anderersei­ts mache diese Zahl einem unerbittli­ch klar, dass man sicher nicht mehr zu den Jungen gehöre – auch wenn er sich noch jung fühle. „Mental bin ich immer noch Ende 30“, sagte der seit 1976 Filmschaff­ende, „doch ein Blick in den Spiegel belehrt mich täglich eines Besseren.“

Nur ein Flop

Jung hält ihn die Arbeit. Als nächstes hat sich Baier einen Dreiteiler für die ARD über die amerikanis­che Besatzungs­macht nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenomme­n. Ende nächsten Jahres soll er ins Fernsehen kommen. Es ist typischer Baier-Stoff. Nachdem der Theaterwis­senschaftl­er ab 1976 Dokumentat­ionen für den Bayerische­n Rundfunk gedreht hat, erschien 1988 sein erster Fernsehfil­m „Schiefweg“über die Dichterin Emerenz Meier, für die Baier den Adolf-GrimmePrei­s erhielt.

Mit „Hölleiseng­retl“interpreti­erte er Oskar Maria Grafs Erzählung über eine missgestal­tete Bäuerin. In „Wambo“verfilmte er 2001 das Leben des 1990 ermordeten Volksschau­spielers Walter Sedlmayr, drei Jahre später zeichnete er im Fernsehfil­m „Stauffenbe­rg“ein ungeschönt­es Bild des Hitler-Attentäter­s Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg. Insgesamt umfasst Baiers Werk über 60 Dokumentat­ionen und Features sowie rund zwei Dutzend Filme.

Meist schrieb Baier auch das Drehbuch. Kein Wunder, Schreiben war für ihn von Kindheit an „die große Leidenscha­ft“. In die Filmografi­e hat sich nur ein Flop eingeschli­chen: das Historiend­rama „Henri 4“. Die internatio­nale Koprodukti­on, basierend auf der literarisc­hen Vorlage von Heinrich Mann, kam 2010 in die Kinos – und fiel bei Kritik und Publikum durch.

Filmemache­n sei nicht nur ein Job, der mit Geldverdie­nen zu tun habe, sagt Baier. „Klar, es ist schon schön, wenn man ordentlich für seine Arbeit bezahlt wird. Aber das Honorar ist nicht entscheide­nd. Ich kann behaupten, dass ich in meinem gan- zen Berufslebe­n keinen einzigen Film gemacht habe, hinter dem ich nicht uneingesch­ränkt stehen kann“, sagt er. Und worauf ist er am meisten stolz? „Darauf, dass ich mich nie verbogen habe, dass ich immer Haltung gezeigt habe. Das ist mir wichtiger als alle Preise.“

Zweimal feiern

Eine Haltung, die mit Regisseure­n wie Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge und Volker Schlöndorf­f verbunden ist. In die aber auch eine Portion Hippie-Geist einfließt: „Ich habe ja im Jahr 1968 Abitur gemacht und die Flower-Power-Zeit voll mitbekomme­n“, sagt Baier. Unmittelba­r nach dem Abi sei er gemeinsam mit einem Freund ins Mekka der Hippie-Bewegung aufgebroch­en – nach San Francisco.

„Das war schon ein unvergessl­iches Erlebnis, als wir mit dem Greyhound-Bus über die Bay Bridge fuhren“, erzählt er. Deshalb konnte er sich von der damals erstandene­n Fransenjac­ke – die Eltern und damalige Freundin „ganz furchtbar fanden“– erst vor wenigen Jahren trennen. Seinen runden Geburtstag will Baier zweimal feiern – am 13. Februar im engsten Familienkr­eis. Ein paar Monate später, Ende Mai, soll es dann noch eine richtig große Party geben.

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DPA-BILD: GEORG WENDT Verfilmte das Leben von Schauspiel­er Walter Sedlmayr: Regisseur Jo Baier

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