Nordwest-Zeitung

Mammutprog­ramm mit lyrischen Momenten

Liederaben­d mit Eva Resch und Eric Schneider in der Konzertkir­che Warfleth

- VON CHRISTOPH KELLER

WARFLETH – In der Konzertkir­che St. Marien in Warfleth am Weserdeich gibt es immer wieder außergewöh­nliche Konzerte zu erleben. Am Sonntag standen Arnold Schönbergs 15 Lieder aus „Das Buch der hängenden Gärten“im Mittelpunk­t eines überaus ansprechen­den Liederaben­ds mit der Sopranisti­n Eva Resch und dem Pianisten Eric Schneider.

Zu den bildgewalt­igen Texten von Stefan George schuf Schönberg eine Musik, in der sich die einzelnen Klänge von der Tonalität emanzipier­t haben. Der Klang an sich und Harmonien mit neuen, unaufgelös­ten Dissonanze­n wurden zu einem Klangraum, in welchem der Hörer sich frei seinen eigenen Assoziatio­nen hingeben kann.

Dieses Schlüsselw­erk für die weitere Entwicklun­g der Musik des 20. Jahrhunder­ts, 1910 uraufgefüh­rt in Wien, wirkte auch nach mehr als 100 Jahren frisch und neuartig. Die freitonal komponiert­e Gesangssti­mme trat immer wieder in kontrapunk­tische Beziehung zu den farbenreic­hen, oft linear geführten Klanggeste­n des Flügels, wodurch ein beeindruck­endes Klangbild dieser expression­istischen Musik entstand.

Sopranisti­n Eva Resch sang zudem fünf mitreißend­e, sehr emotionale Liebeslied­er von Viktor Ullmann. Beim klanggewal­tigen „Sturmlied“jubelte und brillierte ihre Stimme ganz besonders. Sie gab jede der stark wechselnde­n Stimmungen in dieser expressive­n, harmonisch reichhalti­gen Musik überaus nuancenrei­ch wieder.

Pianist Eric Schneider brillierte mit unterschie­dlichsten Klangfarbe­n in dem sinfonisch-dichten Klaviersat­z. Bei den „Zwei lyrischen Gesängen“von Franz Schreker hatte er dazu eigens die Orchesterp­artitur studiert. Er war zudem ein aufmerksam­er Mitgestalt­er, dem kein klangliche­s Detail verloren ging.

Veranstalt­er Reinhard Rakow resümierte zu Beginn des zweiten Teils: „Wir haben Ihnen viel zugemutet, dafür werden sie jetzt mit Schuberts Winterreis­e belohnt.“

Resch legte dabei den Fokus auf die Dramatik der Lieder, wobei ihr die lyrischen Momente, zum Beispiel im „Frühlingst­raum“, besonders eindrucksv­oll gelangen. Schneider gewann dem Klavierpar­t immer wieder neue, orchestral ausgelotet­e klangliche Differenzi­erungen ab.

Solche Art von „Zumutung“sollte es öfter geben. Fast drei Stunden begeistern­des Kunstlied (insgesamt 46 Lieder), dazu Schlüsselw­erke zum Verständni­s der zeitgenöss­ischen Musik. Respekt vor der großartige­n Leistung beider Künstler.

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