Harte Landung für A 380
Letzte Auslieferung des Luftgiganten für 2021 geplant Kaum Auswirkungen auf Werke in Varel und Nordenham Auch Airbus-Standort in Bremen sieht die Lage gelassen
Zuletzt hatte sich die Auftragslage weiter verschlechtert. Jetzt sprang auch noch der Großkunde Emirates ab.
VON SABRINA WENDT,
OLAF ULBRICH, NORBERT HARTFIL UND HERMANN GRÖBLINGHOFF
TOULOUSE/VAREL/NORDENHAM/ BREMEN – Airbus stellt die Produktion seines Riesenjets und Vorzeige-Flugzeugs A 380 ein. Die letzte Auslieferung des weltgrößten Passagierjets sei für 2021 geplant, teilte der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern am Donnerstag in Toulouse mit. Grund für das Ende des Luftgiganten ist die schlechte Auftragslage sowie eine Abbestellung eines Großkunden, der Fluggesellschaft Emirates.
Das Ende des Riesenjets trifft auch den Steuerzahler. In die Entwicklung des Flugzeugs flossen öffentliche Gelder – vor allem aus Frankreich, Deutschland und Spanien.
Teile des Luftgiganten werden an Airbus-Standorten in Deutschland gefertigt – darunter vor allem HamburgFinkenwerder, aber auch Bremen und Stade. Zudem produzieren Zulieferer wie die Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec (PAG) Bauteile. Dazu zählen auch die Zuliefer-Betriebe in Varel und Nordenham. Montiert wird das Flugzeug dann im französischen Toulouse.
Trotz der neuen Entwicklung gibt man sich an den Airbus-Standorten im Norden Deutschlands zuversichtlich. Die Beschäftigten hätten dort durch die Modelle A 320, A 330 und A350 reichlich Arbeit, sagte Meinhard Geiken von der Hamburger IG Metall Küste.
Für das Werk des AirbusZulieferers Premium Aerotec in Varel sind die Konsequenzen nach Angaben der Standortleitung überschaubar. In Friesland werden zahlreiche Zerspanteile für alle AirbusTypen hergestellt – und damit auch für das Großraumflugzeug. „Wird so ein Programm eingestellt, hat das auch für Varel Auswirkungen“, hieß es am Donnerstag auf Nachfrage der Ð. Denn in der Produktion für die A 380 fallen dann Stunden für die dort beschäftigten Mitarbeiter weg. Personelle Konsequenzen, sprich Entlassungen, werde es indes nicht geben. „Wir können die betroffenen Mitarbeiter für andere Programme einsetzen“, hieß es weiter.
Für die Flugzeugbauer bei Premium Aerotec am Standort in Nordenham kam das Aus für die A 380 nicht überraschend. Trotzdem sorgte die Nachricht am Donnerstag für gedrückte Stimmung in der Belegschaft. „Wir bedauern das sehr“, sagte Betriebsratsvorsitzender Michael Eilers gegenüber der Ð, „die A 380 ist ein tolles Flugzeug“. Er war bis zuletzt von den Qualitäten des doppelstöckigen Großraumjets überzeugt.
Der Abschied von der A 380 hat auf die Beschäftigungslage am Nordenhamer Standort kaum Auswirkungen. Die Rumpfschalenfertigung für das größte Passagierflugzeug der Welt ist dort schon seit Jahren gedrosselt worden. Der Anteil der A 380-Reihe an der Gesamtproduktion in Nordenham beläuft sich inzwischen auf bescheidene drei Prozent. Mittlerweile sind nur noch 67 der rund 3000 Mitarbeiter in dem Nordenhamer PAG-Werk mit dem Rumpfschalenbau für die A 380 beschäftigt. Um ihre Jobs müssen sie sich keine Sorgen machen: „Die betroffenen Mitarbeiter werden in andere Programmbereiche wechseln“, betonte PAG-Pressesprecherin Barbara Sagel am Donnerstag auf Anfrage der Ð.
Für Bremen als zweitgrößtem deutschen Airbus-Standort hat das Aus für die A 380 ebenfalls nur relativ geringe Folgen. „Betroffen sind in der Produktion und der Entwicklung schätzungsweise bis zu 80 Kolleginnen und Kollegen“, sagte Betriebsratschef Jens Brüggemann. Dies sei ein „überschaubarer Rahmen“. „Wir sehen keinen Grund, dass diese Mitarbeiter in Bremen nicht weiter mit Arbeit versorgt werden können“, so Brüggemann.
W as in den vergangenen Wochen bereits absehbar war, ist nun Gewissheit. Airbus stoppt die Produktion seines Großraumflugzeugs A 380. Das ist ein nachvollziehbarer Schritt, denn die Tendenz am Flugmarkt geht seit einigen Jahren eher in Richtung mittelgroße Jets mit zwei leistungsstarken Triebwerken, die auch zunehmend langstreckenfähig sind. Das bietet den Airlines einige Vorteile. Sie lassen lieber zwei kleinere Flugzeuge, die voll besetzt sind, fliegen, als einen Giganten mit vier Triebwerken wie die A 380, der noch Kapazitäten an Bord frei hat. Außerdem können größere Jets nicht überall landen.
Das Sterben auf Raten der A 380 kommt für Airbus nicht überraschend. Zuletzt hatte nur noch Emirates mit seinen Bestellungen den Flieger in der Luft gehalten, mehrere Abbestellungen – unter anderem von Qantas – gaben nun offenbar den Ausschlag. Der Konzern hatte aber genug Zeit, um auf diese Entwicklung zu reagieren. In der Region – am Airbus-Standort in Bremen, wo die Landeklappen der A 380 montiert werden, sowie bei den Zulieferern Premium Aerotec in Nordenham und in Varel dürften die Auswirkungen nur gering sein. Die Auftragslage ist dort gut, die A 380 machte ohnehin nur noch einen kleinen Teil des Gesamtpakets aus. Selbst die Gewerkschaft äußerte Verständnis. Zwar sei es schade um den schönen Flieger, aber die Entscheidung des Vorstandes sei nachvollziehbar, hieß es vonseiten der IG Metall Küste.
Es ist besser, sich von einem Ladenhüter zu trennen, statt ihn mit hohen Kosten verbunden am Leben zu halten. Und die Auftragslage an den norddeutschen Standorten ist durch die A 320, A 330 und A 350 sehr gut. Bleibt zu hoffen, dass auch für die vom Aus der A 380 betroffenen Beschäftigten eine vernünftige Lösung gefunden wird – und sei es der Wechsel an einen anderen Standort.
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