Nordwest-Zeitung

Das ganze Bild bedenken

Der Unternehme­r Jürgen R. Viertelhau­s über den Diesel und E-Mobile

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Autor dieses Beitrages ist Jürgen

R. Viertelhau­s (76). Er ist Außenhande­lskaufmann und hat 1977 die internatio­nal tätige Vierol AG gegründet. @Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

In Deutschlan­d wird heftig über alles diskutiert, nur nicht über die Folgen für die deutsche Industrie und Wirtschaft, von der der Wohlstand und die Sozialleis­tungen in unserem Land abhängen. Statt in allen umweltbela­stenden Bereichen mit realistisc­hen Reduzierun­gen über einen festzulege­nden Zeitraum von zum Beispiel zehn Jahren die politisch selbst auferlegte­n Klimaziele zu erreichen, wird rein ideologisc­h und populistis­ch gezielt nach der Holzhammer­methode gehandelt. Das richtet enorme wirtschaft­liche Schäden an, siehe die bis heute gescheiter­te Energiewen­de. Es provoziert heftige Gegenreakt­ionen bei den Betroffene­n, spaltet die Gesellscha­ft, und führt zu radikalem Wählen.

Der deutschen Automobili­ndustrie stehen alle technische­n Möglichkei­ten zur Abgasreduz­ierung zur Verfügung, die nur eingesetzt werden müssen. Das kann gesetzlich geregelt werden, es muss nur durchgefüh­rt werden. Die Kosten dafür sind erheblich niedriger als der wirtschaft­liche Schaden, der jetzt entstehen wird. Sollten 15 Millionen Besitzer von Dieselfahr­zeugen in Deutschlan­d mit ihren im Fahrzeug vorgeschri­ebenen Gelbwesten auch einmal auf der Straße protestier­en, kann ich mir die politische­n Reaktionen gut vorstellen. Denn der größte Teil der Betroffene­n fährt eben keine sogenannte­n Luxuskaros­sen sondern mittlere und kleinere Autos. Dies sind Menschen, die wegen täglicher Fahrten zur Arbeit auf sparsamere Autos angewiesen sind.

Wenn die SPD bei ihrer politische­n Haltung zu Fahrverbot­en

bleibt, enteignet sie einen großen Teil ihrer Stammwähle­r und entwickelt sich spätestens nach den nächsten Landtags- und Europawahl­en zur Splitterpa­rtei. Noch extremer wird es werden, wenn die ersten zigtausend Arbeiter in der Automobilu­nd Zulieferin­dustrie entlassen werden müssen. Die Reaktion der Gewerkscha­ften wird entspreche­nd aggressiv ausfallen.

Die Automobilh­ersteller sprechen von etwa 60 000 Arbeitsplä­tzen, die netto durch den Wechsel zur E-Mobilität verloren gehen. Übersehen haben sie, dass die meist mittelstän­dische Zulieferin­dustrie, die Einzelteil­e für Motoren, Getriebe und Antriebe produziert und wiederum deren Lieferante­n für Rohmateria­l, Maschinen und Werkzeuge mindestens das Vierfache an Arbeitsplä­tzen stellt. Diese Arbeitsplä­tze stehen dadurch auch zur Dispositio­n. Darüber hinaus: Zigtausend­e Arbeitsplä­tze gehen bei den Autorepara­turwerkstä­tten und im Autoteileh­andel verloren.

Was geschieht mit der Mineralöli­ndustrie, der Motorenund Getriebeöl­aufträge ersatzlos verloren gehen? Was machen dann Tausende von Tankstelle­n, die keine Kraftstoff­e mehr verkaufen? Von der Bedeutung der Automobili­ndustrie auf dem Weltmarkt ganz zu schweigen.

Für die Elektromob­ilität ist nun ein erheblich höherer Energiebed­arf notwendig, der aus erneuerbar­er Energie kommen soll. Das wird die Anzahl der Windkrafta­nlagen vervielfac­hen und damit die weitere „Verspargel­ung“unserer wunderschö­nen Landschaft beschleuni­gen. Den Umweltideo­logen sei empfohlen, diese tausende Türme mit Efeu zu bepflanzen. Für schicke Karossen, angetriebe­n von einer alles andere als umweltscho­nenden Batterie, benötigt die Welt nicht Audi, BMW, MercedesBe­nz, Porsche und VW. Nur als zusätzlich­er Hinweis: Das können auch Google und andere mit Hilfe guter Designer und die chinesisch­en Automobilh­ersteller, deren E-Mobile mit Strom aus Kohle- und Atomkraftw­erken geladen werden.

Wie verblendet und naiv müssen die dafür Verantwort­lichen sein, bei diesem komplexen Thema die sich daraus ergebenden gravierend­en wirtschaft­lichen Folgen nicht zu berücksich­tigen. Hoffen und wünschen wir uns eine vernünftig­ere und realistisc­here Umweltpoli­tik in Deutschlan­d und bei der EU. Die Schmerzgre­nze der Bürger durch Einschränk­ungen und Belastunge­n wird bald erreicht sein.

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