Ära des Airbus A 380 geht zu Ende
Konzernchef Enders trifft kurz vor Karriere-Ende klare Entscheidung – Sorge um Stellen
Im Konzern fragen sich Beschäftigte: Welche Auswirkungen hat der Produktionsstopp?
AMSTERDAM/HAMBURG/VAREL/ NORDENHAM/BREMEN – Börsianer lieben klare strategische Entscheidungen. So war es auch am Donnerstag bei Airbus: Der Flugzeugbauer kündigte das Ende der Produktion des Riesen-Jets A 380 an. Darauf zog der Aktienkurs des börsennotierten Unternehmens deutlich an – um rund fünf Prozent auf 108 Euro, in die Nähe des Allzeit-Hochs bei 111 Euro vom Sommer 2018.
Die Erleichterung, dass der breit aufgestellte Luft- und Raumfahrtkonzern Ballast abwirft, war geradezu fühlbar. Die A 380, größtes Passagierflugzeug der Welt, hat große Ressourcen beansprucht, bisher aber wenig eingebracht. Die letzte Auslieferung des weltgrößten Passagierjets sei für 2021 geplant, teilte der europäische Konzern am Donnerstag in Toulouse mit. Grund für das Ende des Riesen ist die schlechte Auftragslage – und eine Abbestellung der Großkundin Emirates.
Der doppelstöckige Passagierjet hat Airbus schon länger große Sorgen bereitet. Zuletzt hatte kaum noch eine Fluglinie ein Modell geordert – im Gegenteil: Fluglinien stornierten Bestellungen. Der Boeing-Rivale fuhr die Jahresproduktion zuletzt von zeitweise bis zu 30 Maschinen auf nur noch sechs Jets zurück.
Das Ende des Riesenjets trifft auch den Steuerzahler. In die Entwicklung des Flugzeugs flossen öffentliche Gelzum der – vor allem aus Frankreich, Deutschland und Spanien. Airbus versprach nun, dass das Projekt A 380 nicht beendet sei, schließlich wolle man die vorhandene Flotte weiterhin unterstützen.
Die Entscheidung sei schmerzhaft, man habe viel Mühe, Geld und Schweiß in den weltweit größten Passagierjet gesteckt, sagte der scheidende Konzernchef Tom Enders bei der Bilanzvorlage in Toulouse, die gleichzeitig Enders Abschied nach sieben Jahren an der Spitze von Airbus markiert. „Aber im Geschäft dürfen wir unsere Entscheidung nicht auf Basis von Gefühlen oder Wünschen treffen, sondern basierend auf Fakten.“
Airbus kündigte an, in den nächsten Wochen Gespräche mit den Sozialpartnern bezüglich der 3000 bis 3500 Stellen weltweit aufzunehmen. Wie viele Beschäftigte bundesweit von dem Produktionsstopp betroffen sind, konnte Airbus nicht sagen. Die meisten würden aber jetzt schon parallel an anderen Airbus-Jets arbeiten.
Zu den Zulieferern könne man jetzt noch nichts sagen, hieß es. Von ihnen gibt es im Nordwesten einige.
Kündigungen, Standortschließungen oder ein Verkauf von Unternehmensteilen müssten tabu sein, forderte IG-Metall-Vorstand und Airbus-Aufsichtsrat Jürgen Kerner am Donnerstag. Die Betriebsparteien vor Ort müssten unverzüglich Lösungen Erhalt der Stellen finden.
Wie die geänderten Aufträge durch andere Flugzeugprogramme wie A 350 oder A 330 beschäftigungswirksam aufgefangen werden können, sei abzuwarten. „Die einzelnen Standorte sind sehr unterschiedlich betroffen, sodass die genauen Auswirkungen erst in den nächsten Wochen analysiert werden können“, sagte Kerner. Airbus müsse auch neue Projekte prüfen und ausgelagerte Arbeiten zurückholen.
Konzernbetriebsratschef Holger Junge sagte, die Einstellung sei ein tiefer Einschnitt für die gesamte Luftfahrtindustrie in Deutschland und Europa. Sie „hat für Airbus und die Zuliefererindustrie große Auswirkungen“. Das Bundeswirtschaftsministerium hat nach dem angekündigten Aus für den AirbusPassagierjet A 380 klare Perspektiven für die betroffenen Beschäftigten gefordert. „Airbus muss nun – und das hat das Unternehmen ja auch bereits angekündigt – schnell Gespräche mit den Sozialpartnern bezüglich der rund 1000 in Deutschland betroffenen Stellen aufnehmen“, teilte das Ministerium mit. „Ziel muss es sein, dass die Beschäftigten bei anderen Airbus-Flugzeug-Programmen beschäftigt werden.“
In den vielen Reaktionen auf die angekündigte Beendigung des A380-Programms gingen die guten Geschäftszahlen, die am Donnerstag präsentiert wurden, etwas unter. Der Umsatz stieg 2018 demnach um acht Prozent auf 63,7 Milliarden Euro. Der Gewinn legte sogar um 29 Prozent auf 3,05 Milliarden Euro zu. Die Dividende soll auf 1,65 (Vorjahr: 1,50) Euro je Aktie erhöht werden.