Innenstädte in großer Not
Das steht im Brandbrief des Verbandes an Innenminister Seehofer
Von 2012 bis 2017 schlossen 11 000 Geschäfte. Der Verband schlägt Alarm.
BERLIN – Der Handelsverband Deutschland hat in einem Brandbrief an Innenminister Horst Seehofer (CSU) vor einer Verödung des Innenstädte gewarnt und von der Bundesregierung Sofortmaßnahmen und die Einberufung eines Krisengipfels gefordert. „Viele Innenstädte in Deutschland sind in höchster Not. Früher attraktive und vitale Zentren verlieren an Zugkraft, vielerorts finden nur noch wenige Menschen den Weg in die Fußgängerzonen und Ladenzeilen“, schreibt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, in einem Brief an Seehofer, der auch für Bau und Heimat zuständig ist. Ursache dafür seien Umsatzverschiebungen in den Online-Handel und die prognostizierte Schrumpfung der Bevölkerungszahl. „Wir erleben deshalb heute in etlichen Kommunen eine deutliche Zunahme der Leerstände“, klagt Genth in dem Schreiben, das unserer Berliner Redaktion vorliegt. In der Zeit von 2012 bis 2017 habe sich die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte in Deutschland um 11 000.
Drohende Fahrverbote in den Innenstädten würden zusätzliche Probleme für den Einzelhandel mit sich bringen, befürchtet Handelsverbands-Geschäftsführer Genth. Der Einzelhandel erwarte nicht nur massive Umsatzeinbußen infolge der Fahrverbote, sondern eine verstärkte Umsatzverschiebung in den Online-Handel. Die Leerstände bewirkten nicht nur eine Verschlechterung der Versorgungssituation in diesen Kommunen. Sie hätten auch Folgewirkungen für die Attraktivität der Innenstädte, erklärt Genth und warnt vor den Folgen. Mit dem Laden-Sterben in den Innenstädten seien auch gesellschaftliche Prozesse verbunden. Der immense Leerstand führe zu einer sinkenden
STEFAN GENTH
Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt sowie zu einer Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation. „Daher müssen dringend Sofort-Maßnahmen ergriffen werden, um diese Entwicklung abzufedern“, fordert Genth. „Die Politik darf diesem Erosions-Prozess nicht länger nur zuschauen.“Die Attraktivität der Innenstädte müsse nicht nur über einen guten Funktions- und Branchenmix erhalten und erhöht werden, sondern es gelte auch, „der Gestaltung im Sinne der Baukultur einen größeren Stellenwert beizumessen“. „In etlichen Kommunen werden aber bald nicht mehr genug Verbraucher leben, um den wirtschaftlichen Betrieb von Handelsgeschäften im bisherigen Umfang auch weiterhin zu ermöglichen“, warnt der HDE-Geschäftsführer.
„Die Politik darf diesem ErosionsProzess nicht länger nur zuschauen“