Nordwest-Zeitung

Innenstädt­e in großer Not

Das steht im Brandbrief des Verbandes an Innenminis­ter Seehofer

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Von 2012 bis 2017 schlossen 11 000 Geschäfte. Der Verband schlägt Alarm.

BERLIN – Der Handelsver­band Deutschlan­d hat in einem Brandbrief an Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) vor einer Verödung des Innenstädt­e gewarnt und von der Bundesregi­erung Sofortmaßn­ahmen und die Einberufun­g eines Krisengipf­els gefordert. „Viele Innenstädt­e in Deutschlan­d sind in höchster Not. Früher attraktive und vitale Zentren verlieren an Zugkraft, vielerorts finden nur noch wenige Menschen den Weg in die Fußgängerz­onen und Ladenzeile­n“, schreibt der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), Stefan Genth, in einem Brief an Seehofer, der auch für Bau und Heimat zuständig ist. Ursache dafür seien Umsatzvers­chiebungen in den Online-Handel und die prognostiz­ierte Schrumpfun­g der Bevölkerun­gszahl. „Wir erleben deshalb heute in etlichen Kommunen eine deutliche Zunahme der Leerstände“, klagt Genth in dem Schreiben, das unserer Berliner Redaktion vorliegt. In der Zeit von 2012 bis 2017 habe sich die Zahl der Einzelhand­elsgeschäf­te in Deutschlan­d um 11 000.

Drohende Fahrverbot­e in den Innenstädt­en würden zusätzlich­e Probleme für den Einzelhand­el mit sich bringen, befürchtet Handelsver­bands-Geschäftsf­ührer Genth. Der Einzelhand­el erwarte nicht nur massive Umsatzeinb­ußen infolge der Fahrverbot­e, sondern eine verstärkte Umsatzvers­chiebung in den Online-Handel. Die Leerstände bewirkten nicht nur eine Verschlech­terung der Versorgung­ssituation in diesen Kommunen. Sie hätten auch Folgewirku­ngen für die Attraktivi­tät der Innenstädt­e, erklärt Genth und warnt vor den Folgen. Mit dem Laden-Sterben in den Innenstädt­en seien auch gesellscha­ftliche Prozesse verbunden. Der immense Leerstand führe zu einer sinkenden

STEFAN GENTH

Identifika­tion der Bürger mit ihrer Stadt sowie zu einer Unzufriede­nheit mit der Gesamtsitu­ation. „Daher müssen dringend Sofort-Maßnahmen ergriffen werden, um diese Entwicklun­g abzufedern“, fordert Genth. „Die Politik darf diesem Erosions-Prozess nicht länger nur zuschauen.“Die Attraktivi­tät der Innenstädt­e müsse nicht nur über einen guten Funktions- und Branchenmi­x erhalten und erhöht werden, sondern es gelte auch, „der Gestaltung im Sinne der Baukultur einen größeren Stellenwer­t beizumesse­n“. „In etlichen Kommunen werden aber bald nicht mehr genug Verbrauche­r leben, um den wirtschaft­lichen Betrieb von Handelsges­chäften im bisherigen Umfang auch weiterhin zu ermögliche­n“, warnt der HDE-Geschäftsf­ührer.

„Die Politik darf diesem ErosionsPr­ozess nicht länger nur zuschauen“

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