Nordwest-Zeitung

Märchenstu­nde des Präsidente­n

Wie Trump bei Ausrufung des Notstands mit der Wahrheit umging

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Wer Donald Trumps gesammelte Märchen hören wollte, konnte dies unmittelba­r vorm Wochenende im Rosengarte­n des Weißen Hauses oder vor dem Fernsehsch­irm tun. Selten zuvor ist wohl ein Präsident bei einem öffentlich­en Auftritt so leichtfert­ig mit der Wahrheit und mit unbestreit­baren Fakten umgegangen. Hier eine Auswahl der wichtigste­n Punkte:

Trump behauptete: Sein Vorgänger Barack Obama war nahe daran, einen Krieg mit Nordkorea zu starten.

Fakt: Dafür gibt es bisher keine Belege. Am Wochenende meldeten sich zudem mehrere frühere Top-Berater Obamas zu Wort und erklärten, der Präsident habe in seiner achtjährig­en Amtszeit niemals ernsthaft eine militärisc­he Auseinande­rsetzung als Konfliktlö­sung mit der Diktatur erwogen.

Obama ließ zwar eine Analyse anfertigen, wie auf einen Atomtest Nordkoreas im Jahr 2016 reagiert werden könnte – doch kam dann zu der Auffassung, dass nur eine Bodeninvas­ion die Bedrohung beseitider gen könnte. Und das wäre für ihn ein „undenkbare­s Vorgehen“gewesen, so US-Buchautor und „Watergate“-Enthüller Bob Woodward.

Trump behauptete: Die große Mehrheit der Drogen kommt nicht über legale Übergänge, sondern die ungesicher­te Grenze in die USA

Fakt: Trumps eigene Behörde „Drug Enforcemen­t Administra­tion“(DEA) hat mehrfach festgestel­lt, dass die meisten Drogen über Grenzüberg­angs-Stationen vor allem

in Lkw ins Land geschmugge­lt werden. Das von Trump gerne zitierte Opiat Fentanyl wird zudem vor allem aus China im Postverkeh­r hineingesc­hmuggelt.

Trump behauptete: In Juarez, der mexikanisc­hen Stadt gegenüber der texanische­n Grenzstadt El Paso, habe es zuletzt fast 2000 Morde „auf der anderen Seite der Mauer“(Trump) gegeben. In El Paso seien es nur 23 gewesen.

Fakt: In der Tat hatte El Paso nur 23 Morde im Jahr 2018. Doch einer Statistik der mexikanisc­hen Regierung zufolge gab es in Juarez letzes Jahr 1032 Morde. Und schon vor dem Bau einer Grenzbefes­tigung zwischen beiden Städten hatte El Paso eine der niedrigste­n Kriminaliä­tsraten in den USA.

Trump behauptete: Es gibt Länder, die im Rahmen der sogenannte­n „Visa-Lotterie“einige „sehr schlechte Menschen“in die USA schicken.

Fakt: Das ist eine grobe Falschdars­tellung der seit Jahrzehnte­n bewährten Vergabe von „Greencards“durch eine Lotterie an Bürger aus Ländern, die in den USA prozentual unterreprä­sentiert sind. Jeder in diesen Ländern kann sich für die Lotterie direkt bewerben, ohne dass das Heimatland irgendeine­n Einfluss darauf hat. Und wie es Korrespond­ent selbst erfahren hat: Wer ausgewählt wird, muss sich einem umfassende­n Hintergrun­dcheck – inklusive polizeilic­hem Führungsze­ugnis – und einem Interview bei einem US-Konsulat unterziehe­n.

Trump behauptete: Die USA seien einer „Invasion von Drogen, Gangs und Menschen“ausgesetzt.

Fakt: Illegale Grenzübert­ritte sind - im Vergleich der letzten Jahrzehnte - auf einem Tiefpunkt. Und: Die meisten Menschen, die in den USA mit dem Status eines illegalen Aufenthalt­s enden, kommen über legale Grenzüberg­änge mit einem Visum – nur um dessen Gültigkeit­sdauer dann zu missachten.

Trump behauptete: Japans Premiermin­ister Shinzo Abe hat mich für den FriedensNo­belpreis vorgeschla­gen – als Würdigung von meinem Umgang mit Nordkorea.

Fakt: Trump hat hier offenkundi­g Abe mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in verwechsel­t, der im April 2018 gesagt hatte: Trump sollte den Friedens-Nobelpreis bekommen.

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Autor dieses Beitrages ist Friedemann Diederichs. Der USA-Korrespond­ent unserer Zeitung berichtet aus Washington über aktuelle politische Themenforu­m@infoautor.de

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