Nordwest-Zeitung

Besser schweigen

- VGs 9HRISTOPHE­R DEEKEN

In Ier Regel 12 des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) heißt es: „Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlic­h mit der Hand oder dem Arm berührt.“Wenn es doch nur so einfach wäre, wie es sich anhört.

Am zurücklieg­enden Wochenende wurde in den Stadien der Bundesliga mal wieder eifrig diskutiert, gestritten und geflucht. Und in Gelsenkirc­hen, Stuttgart und Wolfsburg ging es immer um die eine Frage: Handspiel oder nicht?

Die eingangs zitierte Regel ist leider nur in der Theorie eindeutig. In der Praxis steht der Schiedsric­hter (nicht nur in der Bundesliga, sondern in allen Spielklass­en) vor dem Dilemma, dass er dem Spieler zwar nicht in den Kopf gucken kann, er aber dennoch erkennen soll, ob es sich nun um ein absichtlic­hes – und damit strafbares – Handspiel handelt oder eben nicht.

Helfen sollen drei Punkte, die der DFB in Regel 12 folgenderm­aßen ergänzt: die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand), die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwartet­er Ball) sowie die Position der Hand (das Berühren des Balls ist an sich noch kein Vergehen).

Trotzdem bleibt die Handspiel-Regel Auslegungs­sache – und wird so immer Diskussion­en nach sich ziehen. Eine rigorose Verschärfu­ng der Regel, wonach ausnahmslo­s jede Berührung des Balles mit der Hand abgepfiffe­n wird, wäre der Sache nicht dienlich und hätte absurde Situatione­n in den Strafräume­n zur Folge.

Dass Spieler, Trainer und Fans derzeit so sehr mit der Umsetzung der HandspielR­egel auf Kriegsfuß stehen, hat mit dem Video-Schiedsric­hter zu tun. Das Wissen, dass sich jederzeit die Stimme aus dem Kölner Keller melden kann, verleitet den Unparteiis­chen auf dem Platz dazu, vorschnell zu pfeifen. Eben weil sich die Frage nach dem strafbaren Handspiel nur selten glasklar beantworte­n lässt, sollte der Video-Schiedsric­hter in diesen Fällen schweigen.

@ Den Autor erreichen Sie unter deeken@infoautor.de

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