Nordwest-Zeitung

Film- und Theaterwel­t trauert um Bruno Ganz

Schauspiel­er mit 77 Jahren gestorben – Vielfach ausgezeich­net und Träger des Iffland-Rings

- VON THOMAS BURMEISTER UND CHRISTIANE OELRICH

ZÜRICH – Den Tod hat Bruno Ganz oft gespielt. Auf der Bühne in klassische­n Dramen ebenso wie vor der Filmkamera. „In Sterberoll­en lernt man, dass es einem nicht hilft, sich auf den eigenen Tod vorzuberei­ten“, sagte er einst im Interview der „Zeit“. Am Samstag ist der Schweizer Schauspiel­er, der mit seinem gespenstis­chen Auftritt als Adolf Hitler weltweit Aufsehen erregt hat, im Alter von 77 Jahren in seiner Heimatstad­t Zürich gestorben, wie seine Agentin Patricia Baumbauer mitteilte.

Mit ihm hat die Film- und Theaterwel­t einen ihrer größten Mimen, Europa einen seiner renommiert­esten Film und Bühnenscha­uspieler verloren. „Bruno Ganz besaß diesen magischen Schlüssel, der Ein Weltstar: Schauspiel­er Bruno Ganz

große Kunst erschließt“, hieß es in einem Kondolenzs­chreiben von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) bezeichnet­e Ganz als „eine Ikone des deutschspr­achigen Theaters und einen herausrage­nden Könner auch der internatio­nalen Schauspiel­kunst“.

Ganz war seit mehr als 20 Jahren Träger des IfflandRin­gs. Die Auszeichnu­ng wird von ihrem Träger jeweils im Testament an den seiner Ansicht nach würdigsten Bühnenküns­tler des deutschspr­achigen Theaters auf Lebenszeit weitergere­icht. Ganz hatte den nach dem Schauspiel­er und Theaterdir­ektor August Wilhelm Iffland (1759–1814) benannten Ring 1996 von Josef Meinrad erhalten.

Der vielfach Ausgezeich­nete war auf der Bühne Tasso, Hamlet, Odysseus, Prometheus, Faust oder Ibsens Bauernsohn Peer Gynt. Beim Theaterpub­likum vor allem durch seine Arbeit mit Peter Stein an der Schaubühne in Berlin längst hoch geschätzt, wurde der Schweizer mit Wim WendersR „Der amerikanis­che Freund“1977 auch als Filmschaus­pieler bekannt. Mehr als 80 Filme drehte er, zuletzt in dem Horror-Thriller „The House that Jack Built“von Lars von Trier, der im Mai 2018 beim Filmfestiv­al in Cannes uraufgefüh­rt wurde.

Eindrucksv­oll seine Darstellun­g eines von Selbstzwei­feln geplagten Kriegsberi­chterstatt­ers in Volker Schlöndorf­fs „Die Fälschung“(1981). Kritiker und Publikum begeistert­e Ganz im Wenders-Film „Der Himmel über Berlin“(1987) als Engel Damiel.

Unsterblic­hkeit erlangte Ganz als Schauspiel­er zweifellos 2004 in der Rolle des Adolf Hitler in „Der Untergang“von Bernd Eichinger (Drehbuch) und Oliver Hirschbieg­el (Regie). Ganz gab den Nazi-Diktator verstörend, unheimlich und gleichzeit­ig lebensecht und nachvollzi­ehbar.

Danach hatte er sich vor Rollenange­boten aus aller Welt kaum retten können. Doch er blieb wählerisch, spielte, worauf er Lust hatte – darunter mit Liam Neeson den Hollywood-Thriller „Unknown Identity“(2011). Auch wenn Ganz abwechseln­d in Berlin, Venedig und Zürich lebte, blieb er seiner Heimat immer treu. Auch als Schauspiel­er: 2014 gab er mit Bravour für eine Neuverfilm­ung die Schweizer Altherren-Paraderoll­e – den Großvater des Alpenmädel­s Heidi. „Den Alpöhi zu spielen“, sagte er augenzwink­ernd Reportern , „ist doch eine patriotisc­he Pflicht.“

Im Sommer 2018 sollte Ganz bei den Salzburger Festspiele­n in der Inszenieru­ng der Mozart-Oper „Die Zauberflöt­e“die Rolle eines Erzählers übernehmen – doch dazu kam es nicht mehr: Aus gesundheit­lichen Gründen musste er absagen.

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DPA-BILD: JENSEN

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