WIE SICH MENSCHEN MIT DEMENZ FÜHLEN
Demenzparcours simuliert Krankheitssymptome – testet
Manu Lanvin – an diesem Freitag im Charly’s.BILD:
OLDENBURG/LR – Zum ersten Mal kommt der französische Bluesrock-Singer-Songwriter und Gitarrist Manu Lanvin (Blues, Booze Q RockSnSRoll) nach Oldenburg. Zu hören ist der Sohn des französischen Schauspielers GTrard Lanvin an diesem Freitag ab 21 Uhr in der Livemusik-Kneipe LharlySs in der Wallstraße.
■ Das LharlySs wird in diesem Jahr 30 Jahre alt und feiert das am Samstag, 2. März, mit einem Konzert der Nordenhamer Partyband „Ueti and the Machines“– mit Funk- und Rockmusik von T.M. Stevens, MotherSs Finest, AL/DL und andere partytauglichen Songs. Alle Musiker sind in der norddeutschen Musikszene in unterschiedlichen Bands beschäftigt. Neben Ueti (TastenV Funktomas) gehören Natascha Schulz (Gesang) Pasquale Schulz (Gesang/SaxophonV SaxV Suntana), Sven Lüdke (GitarreV Mob Rules), Alex Wizoreck (BassV Groovecircle) und Dirk Mengedoht (Weser Trio) zum Maschinistenteam.
Mehr Infos unter www.charlys-musikkneipe.com
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Mein Name ist Erna Müller. Und ich habe Demenz. Alles andere habe ich vergessen.
OLDENBURG – Himmelhergottnochmalverfluchtermist: Schimpfworte fallen mir etliche ein. Aber wie man dieses blöde Dings auf das was auch immer packen soll, weiß ich zum Verrecken nicht.
Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Ich soll Gemüse, Fleisch und Kartoffeln gleichmäßig auf drei Teller verteilen. Müsste ich das nicht dämlicherweise spiegelverkehrt erledigen und könnte ich meine idiotischen Hände besser kontrollieren. Furchtbar nerven auch die ungeduldigen Kommentare von Katrin Busse. Ich bin echt angepisst. „Das ist gewollt. Demenzkranke empfinden genauso“, sagt die Mitarbeiterin des Senioren- und Pflegestützpunktes der Stadt. Mitten in den Beratungsräumen sind große Holzkisten aufgebaut, in denen am Dienstagmittag fluchende Journalisten rumfummeln.
Später darf auch die Wffentlichkeit den Demenzparcours „Hands-on Dementia“als Betroffene, Erna Müller, ausprobieren. Viel Spaß dabei. Schön ist das nämlich nicht, wenn einem die einfachsten Dinge misslingen. 13 Stationen führen den Parcours-Teilnehmer durch den alltäglichen Wahnsinn eines kognitiv- und motorisch eingeschränkten Menschen.
Los geht es mit dem morgendlichen anziehen. „Ist das mein Kittel? Wie trägt man den?“, sagt Dagmar Bunge-Köpping zu mir, während ich versuche, mit Gartenhandschuhen Knöpfe in dafür vorgesehene Löcher zu prökeln. „So was fragen sich Erkrankte“, sagt die Seniorenservicebüromitarbeiterin und treibt mich zur Eile an: „Mutti, mach ein bisschen schneller“. Ich werde schon wieder ärgerlich, kann mich aber beherrschen. Menschen, die sich nicht wie ich nur ein paar Minuten mit den Hindernissen dieser Krankheit herumschlagen müssen, gelingt das nicht immer.
Aber wie geht man mit Aggressionen um? Als Ehefrau, als Sohn, als Pflegender? „Man muss sich vom eigenen Maß verabschieden“, sagt Dagmar Bunge-Köpping, „wenn Muttern das Kleid falsch zugeknöpft hat, ist das eben so. Wen störtSs? Wofür ist das wichtig?“. Sie empfiehlt liebevoll und geduldig zu sein. „Vielleicht sagt Muttern, wie gerne Max dieses Kleid mochte und will wissen, wo er ist. Dann muss man nicht erklären, dass Max längst tot ist, man kann sagen, dass er schon vorgegangen ist.“Mit belügen habe das nichts zu tun, ist Dagmar Bunge-Köpping überzeugt. Vielmehr ginge es darum, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stünden.
Ich stehe mittlerweile, zwar ohne Handschuhe, aber mit großem Fragezeichen im Kopf, vor dem Fingerspitzengefühl: Dagmar Bunge-Köpping (links) weiß, wie geduldig man mit Demenzkranken sein muss – Ð-Mitarbeiterin Lea Bernsmann kommt beim Knöpfezumachen in Handschuhen, was motorische Einschränkung simuliert, an ihre Grenzen.
Wer hat’s erfunden?
Entwickelt worden ist „Hands-on Dementia“von dem 21-jährigen Psychologie-Studenten Leon Maluck aus Remscheid. Der Parcours ist frei verkäuflich und kostet knapp 3000 Euro.
www.hands-on-dementia.info Frühstückstisch. 48 verschiedene Handlungsabläufe trennen mich von Kaffee und Käsestulle. An dieser Station gilt es, einen Stapel Fotos in die richtige Reihenfolge zu bringen. Erst Besteck suchen? Dann die Teller holen? Wo ist die Butter? „Sie machen dann Schubladen auf und wieder zu und fragen sich, was als nächstes kommt“, sagt Katrin Busse, „manche schreiben sich das auf.“Ich nicke ungeduldig und frage die Seniorenservicebüromitarbeiterin, was es noch auszuprobieren gibt. Vielleicht was weniger Deprimierendes? Denkste.
Ich soll mir eine Einkaufsliste samt Preisen merken und dann spiegelverkehrt notieren. „Was soll das immer mit dem Spiegel“, nöle ich. Dadurch würde Geübtes verkompliziert, man müsse sich auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren, erklären mir die Mitarbeiterinnen. Der Parcours sei schließlich für Gesunde konzipiert – mit dem
Wie sieht’s aus?
Der Simulator besteht aus 13 verschiedenen Stationen, die Betroffenen von früh bis spät begegnen.
Wo kann man’s testen?
Der Demenzparcours kann von Vereinen, öffentlichen Institutionen
Ziel, zu scheitern. Ein Gefühl, dessen sich Erkrankte in dem hier nachgestellten Stadium – den Anfängen einer Demenz – übrigens voll bewusst sind. „Dazu gehören Wortfindungsschwierigkeiten, Koordinationsstörungen, der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses“, sagt Friederike Oltmer.
Die Geschäftsführerin des Senioren- und Pflegestützpunktes hat den Simulator gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen auf einer Gesundheitsmesse Anfang des Jahres entdeckt. Angeschafft wurde der rund 3000 Euro teure Parcours mit städtischen Mitteln. Genutzt werden darf er nicht nur von Altenpflegeschülern oder ehrenamtlichen Seniorenbegleitern, sondern auch von Jugendlichen, von Angehörigen, von allen, die verstehen wollen, wie das ist, wenn sich die Welt auf einmal verkehrt herum dreht.
Weil zu Demenz oft etliche Begleiterkrankungen gehören, besteht an einer der Stationen oder Privatpersonen in den Räumen des Seniorenund Pflegestützpunktes an der Straßburger Straße 8, gebucht werden. Terminabsprachen unter:
235 37 80 oder per Mail über pflegestuetzpunkt@stadt-oldenburg.de
tdie kniffelige Aufgabe darin, mit Grauer-Star-Brille einen Ball zu fangen. Ich bin noch total daneben von Minkeldehl, Dansalen und Fundehutter. Katrin Busse hat mir Begriffe vorgelesen und ich sollte die Wörter wiedergeben. Natürlich so, dass sie Sinn ergeben. Auch der kommt Demenzkranken zeitweise abhanden.
Nachdem ich versucht habe, mir den Weg durch die Stadt zu meiner Tochter zu merken, mich daran zu erinnern, wann Gerd noch mal Geburtstag hatte und beim Versuch, Abendessen in Form von Murmeln zu portionieren am Liebsten das Besteck quer durch den Raum geschmissen hätte, bin ich fertig. Mit dem Parcours, mit der Welt – der Welt eines Demenzkranken. Himmelhergottnochmal. Eines ist sicher: Vergessen werde ich nicht, wie es sich anfühlt, Erna Müller zu sein.
Ein Film unter: www.NWZonline.de/videos