Nordwest-Zeitung

IS-Kämpfer entzweien Koalition

Dobrindt wirft Barley Vers0hlepp­ung vor

- VON PETER RIESBECK UND ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – Wie umgehen mit den deutschen IS-Kämpfern und ihren Familien? Die Debatte über eine Rückkehr von in Syrien inhaftiert­en deutschen Dschihadis­ten sorgt jetzt für Streit in der Großen Koalition. Die Union wirft Justizmini­sterin Katarina Barley vor, ein Gesetz zum Entzug der Staatsbürg­erschaft bei deutschen IS-Kämpfern zu verschlepp­en.

IS-Kämpfer aus Deutschlan­d mit Doppelpass soll die deutsche Staatsange­hörigkeit nach Möglichkei­t entzogen werden. Darauf hatten sich Union und SPD bereits im Koalitions­vertrag verständig­t. Die gesetzlich­e Regelung lässt jedoch noch auf sich warten.

CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sieht die Verantwort­ung dafür bei Bundesjust­izminister­in Katarina Barley, wirft der SPD-Politikeri­n eine „Verschlepp­ungsstrate­gie“und „Hinhalteta­ktik“vor. „Jede weitere Verschlepp­ung durch das Justizmini­sterium wäre höchst fahrlässig“, warnt Dobrindt. Barley kontert kühl und erklärt, sie sei sich mit Dobrindts Parteifreu­nd Bundesinne­nminister Horst Seehofer einig, das Gesetz „zeitnah“umzusetzen.

Nach der Grundrente und dem Soli streiten Union und Sozialdemo­kraten jetzt also um die Innere Sicherheit.

Grundsätzl­ich hätten deutsche IS-Kämpfer ein Recht auf Rückkehr nach Deutschlan­d. Da ist man sich in der Bundesregi­erung einig. Doch soll jeder Einzelfall genau untersucht und geprüft werden, ob die deutsche Staatsange­hörigkeit von den IS-Terroriste­n ordnungsge­mäß erworben worden sei.

Konkret geht es um den Entzug der Staatsbürg­erschaft für IS-Kämpfer. „Hier besteht aus meiner Sicht dringender Handlungs- und Nachbesser­ungsbedarf“, sagt der Völkerrech­tler Professor Christian Hillgruber im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. So könne die Staatsbürg­erschaft entzogen werden, „etwa bei Begehung eines Kriegsverb­rechens“, so Hillgruber.

Der Hintergrun­d: Donald Trump will seine Truppen aus Syrien abziehen. Deshalb hatte er Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien über Twitter aufgeforde­rt, ihre inhaftiert­en IS-Kämpfer zurückzuho­len und ihnen in der Heimat den Prozess zu machen. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hatte sich zunächst skeptisch gezeigt und erntet Widerspruc­h aus der Union.

Insgesamt wird die Zahl europäisch­er IS-Kämpfer in Syrien auf rund 800 geschätzt. Die deutschen Sicherheit­sbehörden gehen von einer „hohen zweistelli­gen Zahl“deutscher IS-Kämpfer aus, die der deutschen Justiz überstellt werden könnten.

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