Nordwest-Zeitung

Saubere Motoren auch für Lkw und Busse

EU einigt sich erstmals auf Abgas-Grenzwerte – Deutschlan­d und Italien bremsen

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

Klar ist: Lastwagen und Busse sollen sauberer werden. Doch ein Kompromiss dazu ist gar nicht so einfach.

BRÜSSEL – Im Kampf um bessere Luft vor allem in den Ballungsrä­umen scheint der EU ein wichtiger Schritt gelungen zu sein. In der Nacht zu Dienstag einigten sich die Vertreter des Europäisch­en Parlamente­s, der Brüsseler Kommission und der Mitgliedst­aaten auf Abgas-Grenzwerte für schwere Lastwagen und Busse. „Ehrgeizig und ausgewogen“lobte der zuständige EU-Klimaschut­zKommissar Miguel Arias Cañete das Verhandlun­gsergebnis.

Es sieht vor, dass die Motoren der Nutzfahrze­uge bis 2025 rund 15 Prozent weniger Kohlendiox­id ausstoßen dürfen. Bis 2030 sollen es sogar 30 Prozent sein. Als Bezugsgröß­e dienen die Schadstoff­Emissionen von 2019. Betroffen sind allein Neufahrzeu­ge.

Damit nicht genug. Zugleich plant die Union Förderinst­rumente für die Produzente­n und Käufer von emissionsf­reien oder -armen Lastern und Bussen. Konkret ist daran gedacht, Hersteller­n, die zwei Prozent ihrer Lkwoder Bus-Flotte mit NullEmissi­ons-Antrieben ausstatten, einen Bonus einzuräume­n. Genauere Angaben, welche Vorteile eine solche Gutschrift haben soll, waren gestern noch nicht verfügbar. „Ein gutes Verhandlun­gsergebnis“, kommentier­te der Verkehrsex­perte der Christdemo­kraten im EU-Parlament, Jens Gieseke (CDU), den Aus- gang des sogenannte­n Trilogs zwischen den drei Institutio­nen. Zwar sei das Einsparpot­enzial „überschaub­ar“. Aber das liege vor allem daran, dass die Spediteure und Logistik-Unternehme­n ebenso wie die Verkehrsbe­triebe ohnehin wesentlich stärker auf den Verbrauch achten als private Autokäufer. Gieseke: „Die Industrie wird nicht überforder­t.“

Auch bei den europäisch­en Sozialdemo­kraten zeigte man sich zufrieden. Tiemo Wölken, Verkehrsex­perte seiner Fraktion, sprach von einem „Startsigna­l“. Nun gehe es darum, den Lieferverk­ehr auf lange Sicht zu dekarbonis­ieren. „Daher ist es wichtig, dass neue Technologi­en wie Wasserstof­f, Elektrizit­ät oder auch Oberleistu­ngssysteme, die schon entwickelt werden, zum Einsatz kommen.“

Dennoch gab es heftige Kritik an den Vereinbaru­ngen. „Insbesonde­re Deutschlan­d, Italien und einige zentraleur­opäische

Länder haben stärkere Klimaschut­zziele blockiert“, zeigte sich Bas Eickhout, der Verhandlun­gsführer der Grünen-Europafrak­tion, enttäuscht. Tatsächlic­h wollten die Abgeordnet­en mehr: 35 Prozent weniger bis 2030 und ein Zwischenzi­el von 20 Prozent – mit diesen Forderunge­n waren sie in die Gespräche gegangen und scheiterte­n. Dabei hatten die Parlamenta­rier lediglich versucht, die neuen Grenzwerte für schwere Motoren möglichst nahe an die im Dezember vereinbart­en Reduktions­ziele für Pkw heranzufüh­ren. Damals wurde festgelegt, dass Autos bis 2025 um 15 Prozent, bis 2030 aber um 37,5 Prozent weniger CO2 abgeben dürfen.

Die EU-Kommission sieht sich im Fahrplan. Mit den nun erreichten Kompromiss­en werde man das Ziel schaffen, „die Treibhausg­as-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent (gegenüber 1990, Anm. d. Red.) zu reduzieren“, sagte Kommissar Cañete. Was die Beschlüsse konkret bewirken sollen, hat die EU-Verwaltung bereits durchgerec­hnet: Die deutlich saubereren LkwMotoren der Zukunft verhindern den Ausstoß von 54 Millionen Tonnen CO2 – das ist so viel, wie Schweden insgesamt in einem Jahr in die Atmosphäre pumpt. Und wer sich einen neuen Lkw oder Bus zulegt, könne dadurch ab 2025 rund 25 000 Euro in den ersten fünf Jahren sparen, ab 2030 sogar 55 000 Euro. Der Spritverbr­auch werde zwischen 2020 und 2040 um 170 Millionen Tonnen zurückgehe­n – auf der Basis der heutigen Preise wäre dies eine Einsparung von 95 Milliarden Euro. Vorausgese­tzt, es wurde richtig gerechnet.

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BILD: FRANK RUMPENHORS­T Lastwagen an einer Autobahnra­ststätte: Bei ihnen besteht Potenzial für weniger Emissionen.

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