Nordwest-Zeitung

Glinskis Antwort auf alle Fragen: 1460!

Angeklagte­r Pole erzählte im Prozess um Mord ohne Leiche nun „die ganze Wahrheit“

- Führung: World Press Photo 2018 VON MARC GESCHONKE

8 bis 20 Uhr, NWZ-Medienhaus, Peterstr. 28-34: Heiko Symann – Das Haus meiner Eltern. Erinnerung­en, Fotografie (bis 27. Februar) 10 bis 12.30 Uhr, Kunstforum, Rosenstraß­e 41: Lars Unger – Formt und färbt Euch!, Objekte, Collagen (bis 15. März)

10 bis 19 Uhr, Landesbibl­iothek, Pferdemark­t 15: „Familienge­schichtlic­he Spurensuch­e.“und „Traugott Schreber (1671-1718): Amtsvogt, Gutsherr, Kartograf und Stifter.“(bis 23. März)

10 bis 15 Uhr, Nds. Studienins­titut, Rosenstraß­e 14-16: Kunst trifft Lehre: Susanne Barelmann – Akzelerati­on, Fotografie und digitale Bildbearbe­itung (bis 30. April)

„Jung & Konfi“, Erlebnisau­sstellung zur Konfirmand­enzeit (bis 2. März)

Wan-Yen Hsieh – Ich halte mich nicht auf, ich bleibe, Fotografie, Malerei (bis 3. März)

Nina Fischer & Maroan el Sani – The Active Guest, Videoinsta­llationen und Fotografie (bis 31. März)

Susanne Schwartins­ky-Probst, Anke Dinkelbach, Anne Hollmann, Gertje Kollmann und Martina Michalski-Schulze, Malerei, Fotografie und Bildhauere­i

Dominik Halmer – Übergriff, Gemälde und Bildobjekt­e (bis 14. April)

Rüdiger Giebler und Moritz Götze – Grand Tour, Malerei (bis 15. März)

Volker Kuhnert – Perforatio­n Art, Malerei, Objekte, Perforgraf­ie, Plastik, Performanc­e, Zeichnung, Perforismu­s, Licht-Objekte, Design (bis 4. Mai)

Die seit Juni 2017 Vermisste soll in einem Wald vergraben sein. Erneut belastet er einen Hauptzeuge­n und Nachbarn Danuta Lysiens.

OLDENBURG – Gemeinhin gilt die „42“(nach dem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“, Douglas Adams) als Antwort auf alle Fragen. Am Dienstag allerdings – es ist die nunmehr achte Verhandlun­gsrunde im Prozess um den „Mord ohne Leiche“– hat der Angeklagte Marek Glinski eine andere Interpreta­tion gewählt. „Eins Vier Sechs Null“, verklausul­iert er nach harschen Wortwechse­ln mit Klägerseit­e und Schwurgeri­chtskammer, „der Schlüssel ist die 1460. Das heißt, was es heißt. Aber mehr möchte ich dazu nicht sagen.“Kurioserwe­ise hat der des Mordes an der Krusenbusc­herin Danuta Lysien verdächtig­te Pole zuvor mitgeteilt, dass er diesmal „die ganze Wahrheit“zum tatsächlic­hen Geschehen berichten wolle, denn eigentlich sei die „Sache doch so einfach!“

Zur Erinnerung: Dass all seine früheren Erklärunge­n zum spurlosen Verschwind­en der Polin gelogen waren und er bereit sei, reinen Tisch zu machen, hatte er bereits mehrere Male beteuert. In Untersuchu­ngshaft gegenüber den Ermittlern, im Ð-Interview Ende November und schließlic­h auch wiederholt während des Prozesses am Landgerich­t. Allein: Auch da folgten nur Lügen. Nachweisli­ch. Mitte Februar beruft sich Glinski nun auf einen von zwei Dutzend Briefen, die er Richter Sebastian Bührmann geschickt hatte – „da war alles korrekt“, sagt er jetzt über jene verschrift­lichten Anmerkunge­n im Oktober. Nun gut, zumindest in Teilen. Ein paar Korrekture­n seien da ja schon noch vorzunehme­n. Im Grundsatz aber hätte er darin die wahren Geschehnis­se längst beschriebe­n. Wohlgemerk­t: In einer von mittlerwei­le vorher wie anschließe­nd ungezählte­n Erklärungs­variatione­n.

So behauptet er, dass Danuta Lysien definitiv tot sei – aber „mit dem Mord habe ich nichts zu tun“. Er sei lediglich Handlanger gewesen, hätte später für den Leichnam der Danuta Lysien zwar ein Grab „irgendwo am Anfang eines Waldstücks in der Nähe von Oldenburg“geschaufel­t, dies aber auch nur, weil er dem „wahren Täter“helfen wollte. Aus gleichem Grunde hätte er mit ihrer EC-Karte mehrfach „unwissentl­ich“Geld von ihrem Konto abgehoben. Dies und die Maske hätte man ihm aufgetrage­n, „aus Angst“habe er nur das Duo schützen wollen, das die Polin habe verschwind­en lassen. Wie man es auch drehen und wenden mag: Den gefälschte­n Pass für die Polin hat es damit laut Glinski nie gegeben. So auch keine Fluchthilf­e für Danuta Lysien und ihren angebliche­n neuen Partner. Es gab keinen gemeinsame­n Urlaub in Schweden, und in Kopenhagen, Litauen oder Französisc­h-Polynesien ist Danuta auch nicht mehr zu suchen, geschweige denn zu finden.

Warum er dies erst jetzt und im zig-ten Anlauf sage? „Ich wollte es ja schon im August sagen, aber der Herr Staatsanwa­lt war im Urlaub.“Wo denn die Leiche vergraben sei, fragte Oberstaats­anwalt Thomas Sander darauf – „das ist das einzige, was Sie für sich und die trauernden Angehörige­n noch tun können.“Ja, das könne er vielleicht. Aber nur, wenn er in Oldenburg herum- fahren dürfte. Dann käme die Erinnerung ja möglicherw­eise mal wieder. Sehr lebendig waren indes die Erinnerung­en an jenen Zeugen, bei dem er sich bereits in der ersten Sitzung unter Tränen für seine Beschuldig­ungen entschuldi­gt hatte: Der Nachbar Danutas soll nun aber doch wieder federführe­nd bei dieser Tat gewesen sein. Tatsächlic­h war der besagte Mann zwischenze­itlich verdächtig­t worden, konnte aber entlastet werden. Vielmehr brachte dieser damals überhaupt erst Marek Glinski als Täter ins Spiel.

Und was das alles mit der „1460“zu tun hat? „Um ehrlich zu sein, Herr Richter“, sagte er dann mit weinerlich­er Stimme und bedeutungs­schweren Pausen, „das ist die Zahl der Tage, die ich noch in Polen verbüßen muss“– wenn er denn wegen EC-Karten-Betrugs im Falle Lysien verurteilt würde. Weil seine Bewährung in Polen auf dem Spiel steht. Wie berichtet, ist das Urteil zu einem 1994 begangenen Mord in Polen noch immer rechtskräf­tig. „Die Anklage lautet auch hier auf Mord – das ist lebenslang, mindestens 15 Jahre! Die Strafe hier ist doch viel höher, Herr Glinski!“, konterte der Vorsitzend­e Richter Sebastian Bührmann halb helfend, halb mahnend, eher drohend.

„Ich habe alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Sie können die Sache nun zu Ende bringen“, so Glinski trotzig. Die Beweisaufn­ahme soll nun alsbald abgeschlos­sen werden. Am 1. März werden weitere Dokumente wie Briefe und Urkunden eingebrach­t.

 ?? BILD: MARC GESCHONKE ?? Kalte Spur? In einem Waldstück am Sprungweg, unweit des Wohnhauses von Danuta Lysien, suchte die Polizei im Sommer 2017 nach dem Leichnam. Erfolglos.
BILD: MARC GESCHONKE Kalte Spur? In einem Waldstück am Sprungweg, unweit des Wohnhauses von Danuta Lysien, suchte die Polizei im Sommer 2017 nach dem Leichnam. Erfolglos.
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