Gas ei e Gemei de fürs Klima tu ka
Klimaschutzbeauftragter Ammermann über <chülerstreiks, Energieprojekte und E-Mobilität
Strom und Gas, und Wasser produziere ich selbst oder kaufe es in Glasflaschen. Aber auch ich habe viele Gewohnheiten, bei denen ich mich hinterfragen müsste. Wo ich ein schlechtes Gewissen haben müsste? Ganz klar, beim Fleischessen.
FRAGE: Klimaschutz ist ein großes Thema, das aber im Kleinen anfangen muss. Was kann eine Gemeinde da tun? AMMERMANN: Die Gemeinde kann Vorbild sein, mehr glaube ich nicht. Wenn wir es zum Beispiel hinkriegen würden, dass sich alle Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung umstellen, dann hätten wir 220 von 22000 Menschen in Rastede überzeugt. Das ist die Wirkung nach außen. Dadurch ist aber noch nicht gesichert, dass die 220 zu Hause auch ihr Licht mit LED-Lampen betreiben. Was die Gemeinde macht, kann weder das Klima in Rastede noch drumherum retten. Aber es kann dafür sorgen, dass die 220 ein Vorbild für die 22 000 sind. Und das ist der Weg.
FRAGE: Wie lässt sich das erreichen?
AMMERMANN: Wichtig ist, dass ein Automatismus drin ist, wie beim Anschnallen im Auto. Meine Kinder sind mittlerweile fast 30 Jahre alt und sind zu einer Zeit groß geworden, als Müllsortieren angesagt war. Die hatten damals im Kindergarten Knut, der lebte im Schlosspark und passte auf, dass kein Müll hingeschmissen wurde. Wenn wir zu Hause keinen Müll sortiert haben, haben meine Kinder gesagt: Wenn das Knut sieht. Für meine Kinder ist es selbstverständlich, Müll zu trennen, so wie es für meine Eltern selbstverständlich war, dass alles auf den großen Kompost kam.
FRAGE: Welche Maßnahmen laufen in der Gemeinde Rastede bereits in Sachen Klimaschutz?
AMMERMANN: Die Gemeinde hat ein Top-Projekt. Die neue Kinderkrippe an der Sandbergstraße in Wahnbek ist ein sogenanntes KfW-55-Haus. Entscheidend dabei ist, dass neben einer hochwertigen Wärmedämmung die verbleibende notwendigerweise eingesetzte Primärenergie aus CO2-freien Quellen kommt. Diese wird dann zum Beispiel eingesetzt für eine Wärmepumpe.
FRAGE: Und darüber hinaus? AMMERMANN: Bei der LEDBeleuchtung unserer Straßenlaternen, da waren wir fortschrittlich. Da muss man einen Gemeinderat überzeugen, über eine Million Euro für eine solche Umrüstung freizugeben. Die 20 Prozent Zuschuss, die es für dieses Projekt gab, sind ja nicht die Welt. Innerhalb eines Jahres haben wir dann das ganze Netz saniert und sind bei den Energiekosten bei 40 Prozent jenes Betrages gelandet, den wir vorher hatten. Und energetisch rechnet sich die Umrüstung so oder so, weil die LED-Leuchten langlebiger sind.
FRAGE: Wie sieht es beim Thema Mobilität aus? AMMERMANN: Wir haben inzwischen auch ein Elektroauto im Einsatz. Ein gesponsertes Fahrzeug, das ist ein Anfang. Und bei Anschaffungen für den Bauhof überlegen wir, ob es geeignete Elektrofahrzeuge gibt und ob das von der Klimabilanz tatsächlich vergleichbar ist.
FRAGE: Welchen Stellenwert können Elektroautos haben? AMMERMANN: Ich glaube, dass Elektroautos den Übergang zu einer besseren Technik einleiten werden. Nehmen wir einmal an, wir haben in der Gemeinde Rastede einen Motorisierungsgrad von 15 000 Fahrzeugen. Wenn die Hälfte davon Elektroautos wären und jedes eine mittlere Tankzeit von zwei Stunden hätte, was würde das für unser Stromnetz bedeuten? Die Möglichkeit, im Haus einen Elektrospeicher zu haben, der von einer Photovoltaikanlage gespeist wird, ist bei den derzeitigen Wirkungsgraden der Paneele und des Energiebedarfs leider nicht möglich. Das Versorgungsnetz müsste ganz anders aufgebaut werden. Ich denke deshalb, dass Hybridfahrzeuge die Lösung sein könnten. Von heute auf morgen geht eine solche Entwicklung natürlich nicht. Aber wir sind ja auch nicht von der Kutsche in den 7er BMW eingestiegen. FRAGE: Im Zuge des Klimaschutzes beteiligt sich die Gemeinde Rastede seit 2016 am „European Energy Award“. Mit welchem Ergebnis? AMMERMANN: Zunächst gab es eine Bestandsanalyse, bei der festgestellt wurde, dass unsere kommunalen Gebäude top sind unter den verschiedenen Handlungsfeldern des Awards. Bei der Gasund Stromeinsparung sind wir einfach gut. Natürlich kann man aber noch viel mehr machen.
FRAGE: Zum Beispiel? AMMERMANN: Es gibt beim „European Energy Award“Handlungsfelder, bei denen wir mehr machen können und müssen, und andere, auf die wir wenig Einfluss haben. Beim Verkehr können wir zum Beispiel wenig machen. Die Gemeinde ist nicht Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs. Wir haben auch nicht den schienengebundenen Verkehr in der Hand und wenig Einfluss auf die Autobahn, höchstens durch unser eigenes Nichtbenutzen. FRAGE: Also geht es auch hier wieder um liebgewonnene Gewohnheiten und das Schärfen des eigenen Bewusstseins? AMMERMANN: Ja, wir können zum Beispiel bei öffentlichen Veranstaltungen versuchen, die Leute dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen und stattdessen das Fahrrad zu nehmen oder zu Fuß zu gehen. Fragen kann man sich auch, ob wirklich alle Kinder mit dem Auto zur Schule und zum Kindergarten gebracht werden müssen. Geht es nicht auch, dass man die Kinder an die Hand nimmt? Wenn ich so etwas zwangsweise fordere, funktioniert das natürlich nicht. Aber wenn die junge Generation, die einmal eine Familie gründen wird, dieses Bewusstsein schon hat, erreichen wir viel.
FRAGE: In welchen Handlungsfeldern muss die Gemeinde Rastede beim „European Energy Award“besser werden?
AMMERMANN: Nach der Bewertung des „European Energy Awards“haben wir bei einigen Handlungsfeldern noch Luft nach oben. Hierzu hat das Energieteam, bei dem übrigens auch Ehrenamtliche vertreten sind, Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet. All das muss besprochen werden. Am 25. Februar werden wir das Thema Klimaschutz auch im Ausschuss für Bau, Planung, Umwelt und Straßen behandeln.
FRAGE: Worum wird es dabei konkret gehen? AMMERMANN: Das Thema wird sein, wie stellt sich die Gemeinde Rastede beim Klimaschutz auf. Darüber ist auch 2007 und 2015 schon beraten worden. Wir wollen darstellen, welche Auswirkungen sich aus dem Handeln beim Klimaschutz ergeben haben und sich weiter ergeben können. Und dann wird die Politik eine Entscheidung fällen müssen. Wir versuchen darauf hinzuwirken, ein Ziel zu benennen und dieses mit Zwischenschritten zu versehen. Wir müssen uns aber Ziele setzen, die realistisch sind. FRAGE: Kontrovers diskutiert wird auch über den Bau neuer Windkraftanlagen... AMMERMANN: Die Windenergie ist ja so ein Thema für sich. Natürlich sehen die Menschen, die nahe einer solchen Anlage leben, das Thema anders als jemand, der nur den Strom verbraucht. Auch hier geht es wieder ums Bewusstsein: Wenn wir alle weniger Strom verbrauchen, brauchen wir auch weniger Windmühlen und weniger Stromnetze.