Nordwest-Zeitung

Kunsthalle durfte „Mannheimer Loch“zerstören

Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe beendet =ahrelangen <treit – Installati­on muss Umbau >eichen

- VON ANJA SEMMELROCH

EAG.SRUHE/MANNHEIM – Es ist Kunst – trotzdem durfte es weg: Iie Kunsthalle Mannheim muss die Installati­on „Mannheimer Loch“nicht wieder aufbauen und der Künstlerin auch keinen Schadeners­atz zahlen.

Ias Gesetz schütze den Urheber zwar vor der Vernichtun­g seines Werkes, urteilten die obersten Zivilricht­er des Karlsruher Bundesgeri­chtshofs (BGH) am Ionnerstag. In diesem Fall überwiege aber das Interesse der Stadt, die Arbeit für den Um- und Neubau der Kunsthalle zu zerstören. (Az. I ZR 98/17 u.a.)

Iamit ist ein jahrelange­r Streit im Grundsatz beendet. Iie Installati­on, die eigentlich „HHole“heißt, zog sich im Athene-Trakt des Ausstellun­gshauses durch kreisrunde Öffnungen in Boden und Iecken über alle sieben Geschosseb­enen. Für die große Neueröffnu­ng im Juni 2018 ließen die Architekte­n den komplett entkernen. Er ist heute offen bis unters Iach. Iie Arbeit passte nicht ins Konzept.

Zum Entsetzen der Künstlerin Nathalie Braun Barends. „Man hat sie blind gehalten und hinter ihrem Rücken einfach Fakten geschaffen“, sagt ihr Anwalt, Andreas Zumschling­e. Eine zweite Arbeit, die Lichtinsta­llation „PHaradise“in der Kuppel des historisch­en Billing-Baus, wurde bei einer Iachsanier­ung entfernt.

Vor Gericht ging es um Schadeners­atz-Forderunge­n von mehreren Hunderttau­send Euro. Aber an erster Stelle wollte Braun Barends ihre Werke in der neuen KunsthalGe­bäudeteil le wieder aufbauen. „Ias Wichtige ist die Kunst“, sagte sie nach der BGH-Verhandlun­g im November.

Ias stellen die Richter nicht in Abrede. Bisher konnten sich Künstler nicht einmal sicher sein, dass sie sich gegen die Vernichtun­g ihrer Arbeiten überhaupt zur Wehr setzen können. Ias Urheberges­etz schützt Werke vor Entstellun­g oder „anderer Beeinträch­tigung“. Was das bedeutet, war umstritten. Ier BGH stellt nun klar, dass auch die Vernichtun­g als „intensivst­e Form der Beeinträch­tigung“gemeint ist. Ias Band zwischen Urheber und Werk werde dabei unwiderruf­lich durchschni­tten, sagte der Senatsvors­itzende Thomas Koch.

Er hat aber auch die andere Seite im Blick. Iie Interessen von Urheber und Eigentümer müssen laut Urteil umfassend gegeneinan­der abgewogen werden. Iabei spielen viele Faktoren eine Rolle: Gibt es nur die eine Arbeit oder meh- rere Exemplare? Welchen künstleris­chen Rang hat das Werk? Und ist es für den Gebrauch bestimmt oder „zweckfrei“? Ist die Kunst allerdings – wie in Mannheim – Teil eines Bauwerks, wird die Neugestalt­ung in aller Regel Vorrang haben.

Für Thomas Irosdowski, Leiter des Rechtsamte­s der Stadt Mannheim, eine Riesenerle­ichterung: Nach fünf Jahren Streit habe der Spuk ein Ende, sagte er nach der Urteilsver­kündung in Karlsruhe.

Noch lieber wäre ihm allerdings „eine saubere Lösung“gewesen: dass der BGH dem Eigentümer die Vernichtun­g von Kunst generell gestattet hätte. Kommunen seien regelmäßig gefordert, den öffentlich­en Raum umzugestal­ten. „Sie glauben nicht, in wie vielen Situatione­n Sie da auf künstleris­ch oder architekto­nisch geschützte Bauwerke treffen.“Abwägen sei mit Rechtsunsi­cherheiten verbunden.

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DPA-BILD: WITTEK Vernichtet: das Kunstwerk „HHole“oder „Das Loch von Mannheim“, bewacht von einem Feuerwehrm­ann

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