Nordwest-Zeitung

Muss YouTube Raubkopier­er preisgeben?

Schadeners­atz-Forderung wird Europäisch­en Gerichtsho­f beschäftig­en

- VON ANJA SEMMELROCH

KARLSRUHE – Wer raubkopier­te Filme bei YouTube hochlädt, riskiert Schadeners­atz-Forderunge­n – sofern er sich aufspüren lässt. Welche Auskünfte geschädigt­e Firmen dabei von der Internet-Plattform erwarten können, soll jetzt der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) in einem Streit aus Deutschlan­d klären. Das gab der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag bekannt. Die Richter fragen nach einer Klage des Filmverlei­hers Constantin die Luxemburge­r Kollegen um Rat. Das Verfahren wird deshalb ausgesetzt (Az. I ZR 153/17).

Constantin will drei Nutzern auf die Spur kommen, die 2013 und 2014 die Kinofilme „Parker“und „ScarO Movie 5“bei YouTube einstellte­n. Die dafür Verantwort­lichen verbergen sich hinter Decknamen. Anders als in InternetTa­uschbörsen hinterlass­en Nutzer auf Plattforme­n wie YouTube nicht sichtbar ihre IP-Adresse. Mehr weiß nur der Betreiber.

Wer YouTube aktiv nutzen will, muss beim Mutterkonz­ern Google ein Konto eröffnen. Dafür braucht es einen Namen, eine E-Mail-Adresse und das Geburtsdat­um. Um Videos zu veröffentl­ichen, die länger als 15 Minuten sind, musste man früher auch eine Mobilfunkn­ummer angeben.

Eine 1PP0 ins noch ältere Urheberrec­htsgesetz eingefügte Vorschrift verpflicht­et Plattform-Betreiber, den Geschädigt­en „Namen und Anschrift“herauszuge­ben. Beides liegt YouTube nach eigenen Angaben zumindest nicht in geprüfter Form vor. Constantin will deshalb die E-MailAdress­en und Telefonnum­mern sowie die verwendete­n IP-Adressen wissen. Aber ist das durch die Formulieru­ng im Gesetz gedeckt?

Dabei spielt auch eine EURichtlin­ie eine Rolle. Dort ist von „Namen und Adressen“die Rede. Der EuGH soll nun klären, was das umfasst.

Die BGH-Richter sind der Meinung, dass sich die Regelung heutzutage auf E-MailAdress­en und Telefonnum­mern erstrecken könnte. Schließlic­h würden Smartphone­s auch für Kurznachri­chten per SMS oder WhatsApp genutzt – und damit für schriftlic­he Kommunikat­ion. Wer eine Telefonnum­mer beantragt, muss immer seinen echten Namen angeben.

Mit der IP-Adresse ließe sich beim Provider herausfind­en, von welchem Anschluss aus der Film hochgelade­n wurde. Hier ist der BGH aber skeptisch: Die IP-Adresse führe zu einem bestimmten Gerät und nicht zu einer Person, gab der Senatsvors­itzende Thomas Koch zu bedenken.

YouTube will nach früheren Angaben in erster Linie Rechtssich­erheit bei der Frage, welche Daten herauszuge­ben sind. Brisanter für das Unternehme­n ist ein zweites BGH-Verfahren, das bereits beim EuGH liegt. Dort streitet ein Musikprodu­zent dafür, dass die Plattform selbst für den Schaden aufkommen muss, den ihre Nutzer durch das unberechti­gte Einstellen fremder Werke anrichten.

Bisher sperrt YouTube solche Inhalte nur, wenn sie gemeldet oder mit Hilfe einer speziell entwickelt­en Software aufgespürt werden. Eine derzeit laufende Reform des EUUrheberr­echts könnte Plattforme­n wie YouTube bald stärker in die Pflicht nehmen. Geschützte Werke müssten lizenziert werden – oder gar nicht erst hochgelade­n. Viele glauben, dass das nicht ohne die umstritten­en Upload-Filter möglich sein wird.

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DPA-BILD: KOLIMOWSKA YouTube ist ein sehr beliebtes Medium. Auch dort ist das Urheberrec­ht zu beachten.

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