Wie Schüler EU-Parlament sehen
50 junge Menschen stellen Politik-Betrieb nach – „Begeisterung für Europa“
Das Projekt SimEP feierte am Wochenende Niedersachsen-Premiere. „Wir haben viel gelernt“, sind sich die Teilnehmer einig. Fest steht: 2020 gibt’s eine weitere Auflage in Oldenburg.
OLDENBUR. – „Bitte erheben Sie sich nun für die Hymne der Europäischen Union“, klingt es aus den Lautsprechern des Sitzungssaals im Alten Landtag. Mehr als 80 Jahre nach der letzten Zusammenkunft des Parlaments im Oldenburger Freistaat, wurde am Wochenende der politische Betrieb zwischen den historischen Mauern wieder aufgenommen – wenn auch nur für zwei Tage.
Bei der Simulation des Europäischen Parlaments (SimEP) werden Abläufe des europäischen Regierungsapparates nachgestellt. Schüler ab der 8. Jahrgangsstufe bekamen die Möglichkeit, selbst in die Rolle eines Abgeordneten zu schlüpfen und an Fraktionssitzungen und Ausschüssen teilzunehmen. Dabei wurden die ganz großen Themen Erinnerung an die Opfer: Schüler legen zum Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege einen Kranz nieder.
in Angriff genommen: die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Rund 50 Teilnehmer zählten die Organisatoren; sie hatten zuvor mit 80 bis 100 gerechnet. „Für das erste Mal war es aber ganz gut, dass wir nicht mehr waren“, sagte Karl Grotheer vom Organisationsteam.
„Komplizierte Prozesse“
Die Schülerinnen und Schüler – die meisten aus Oldenburg, zum Teil aber auch aus benachbarten Landkreisen – sollten die Mechanismen der Politik kennenlernen und sich für ihre Positionen stark machen, auch wenn sie auf Gegenwind stoßen. „Einige Prozesse sind kompliziert, es ist nicht immer einfach, mit allen Fraktionen Konsens zu erarbeiten“sagt der 22-jährige Student Dennis le Plat, der bei der SimEP als Fraktionsgeschäftsführer die Gruppe um die europakritische Fraktion EKR unterstützt.
Wie bei le Plat kann es vorkommen, dass Schüler während der drei Tage in einer Fraktion mitarbeiten, deren Positionen sie normalerweise nicht vertreten. Dies helfe dabei, sich mal anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen.
Die Veranstaltungsreihe SimEP findet seit 1999 in verschiedenen Städten bundesweit statt. In Oldenburg gastierte sie zum ersten Mal. Dafür eingesetzt hat sich eine Gruppe des Stadtschülerrates.
„Ich bin wirklich beeindruckt, mit welcher Professionalität die Jugendlichen das Projekt völlig eigenständig organisiert haben“, lobt Helge Peter Ippensen vom Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems. Ippensen unterstützte die Gruppe als Ansprechpartner und offizieller Gastgeber der Veranstaltung.
Von der ersten Idee bis zur Umsetzung ist etwa ein Jahr vergangen. Dazwischen lagen zahlreiche Stunden der Sponsorensuche, Pressearbeit und inhaltlicher Organisation, an der insgesamt ein Team aus etwa 40 Schülern mitgewirkt hat. Viel Arbeit, die sich am Ende jedoch mehr als gelohnt hat, wie Karl Grotheer sagt: „Allein durch die Organisation haben wir alle wahnsinnig viel gelernt.“Aufgrund der positive Resonanz sei eine Wiederholung 2020 geplant.
.egen Nationalismus
Die niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, Birgit Honé rief dazu auf, sich kritisch und realistisch mit europäischer Politik auseinanderzusetzen. Grade in Zeiten, in denen nationalistische Strömungen an Zuspruch gewinnen, sei es bedeutend, die Begeisterung für Europa aufrecht zu erhalten.
Neben aktuellen Themen wurde ein Blick auf historische Ereignisse geworfen, die verdeutlichen, warum europäische Zusammenarbeit wertvoll ist. In Erinnerung an die Opfer des ersten und zweiten Weltkrieges wurde ein Kranz am Ehrenmahl vor dem Alten Landtag niedergelegt.