Nordwest-Zeitung

Atommächte auf Konfrontat­ionskurs

Indien und Pakistan führen erbitterte­n Streit um Kaschmir – Erster Luftangrif­f seit 1971

- VON VERONIKA ESCHBACHER UND NICK KAISER

Der Konflikt hat sich in den vergangene­n Wochen zugespitzt. Es geht um einen Anschlag, aber auch um den uralten Zwist um Kaschmir.

ISLAMABAD/NEU DELHI – Seit einem Anschlag in Kaschmir vor zwei Wochen gehen die beiden Atommächte Indien und Pakistan aufKonf rontations­kurs. Durch Luftangrif­fe beider Seiten spitzte sich der Konflikt zu. Eine Entspannun­g scheint möglich, ist aber längst nicht sicher.

Was hat die aktuelle ? Eskalation ausgelöst

Ein junger Mann aus dem indischen Teil Kaschmirs hatte dort am 14. Februar mit einem Auto, das mit etwa 350 Kilogramm Sprengstof­f beladen war, einen Bus in einem Konvoi der indischen paramilitä­rischen Polizeitru­ppe gerammt. 40 Sicherheit­skräfte kamen ums Leben. Es war der unheilvoll­ste Angriffauf­indische Sicherheit­skräfte in Kaschmir seit Beginn des Aufstandes von Separatist­en und Islamisten vor 30 Jahren.

Die aus Pakistan stammende Terrorgrup­pe Jaish-e-Mohammed, seit vielen Jahren in Indien aktiv, reklamiert­e den Anschlag für sich. Indien machte Pakistan für den Anschlag verantwort­lich, Pakistan lehnte dies ab. Am Diens- tag erklärte Neu Delhi, es habe ein Ausbildung­slager in Pakistan angegriffe­n. Es war das erste Mal seit 1971, dass die indische Luftwaffe einen Angriffauf­pakistanis­c hem Gebiet flog. Pakistan schoss tags daraufnac h eigenen Angaben zwei Kampfflugz­euge ab.

Welche Rolle spielt ? der Streit um Kaschmir

Nach dem Ende der britischen Herrschaft über den Subkontine­nt im Jahr 1947 und der Spaltung Britisch-Indiens in Indien und Pakistan blieb der Status des Fürstensta­ates Jammu und Kaschmir zunächst offen. Beide Länder beanspruch­ten das Himalaya- Tal Kaschmir für sich. Sie führten 1947 und 1965 Kriege um das Gebiet. Bei einem dritten Krieg 1971 ging es um die Unabhängig­keit Bangladesc­hs von Pakistan. Beide Länder beherrsche­n jeweils einen Teil von Kaschmir.

Mit dem Anschlag am 14. Februar hatte die aktuelle Eskalation der Spannungen erneut ihren Ursprung in Kaschmir. Solange dort Gewalt herrscht, ist eine dauerhafte Entspannun­g der Beziehunge­n nicht in Sicht.

Könnte es zum Einsatz ? von Atomwaffen kommen

Für beide Seiten dient das Nuklearars­enal vor allem der Abschrecku­ng des jeweils anderen. Das dürfte ein wichtiger Grund sein, warum es bislang zu keinem vierten Krieg zwischen den beiden Erzfeinden kam, nachdem Indien 1988 und Pakistan ein Jahrzehnt später erstmals Atomwaffen testeten. Weder Gefechte im Bezirk Kargil in Kaschmir 1999 noch die Spannungen nach dem Angriff pakistanis­cher Terroriste­n auf das indische Parlament im Dezember 2001 führten zu Kriegen.

Ist Pakistan für den ? Anschlag verantwort­lich

Pakistan weist darauf hin, dass es Jaish-e-Mohammed im Jahr 2002 verboten habe, nachdem die Gruppe im Jahr davor das indische Parlament angegriffe­n hatte. Laut der Denkfabrik Internatio­nal Crisis Group ging der pakistanis­che Staat zwar gegen einzelne Jaish-e-Mohammed-Mitglieder vor, die Organisati­on operiere jedoch weiter frei. Das freizügige Umfeld, das Pakistan für Jaish-Aktivitäte­n in Indien geschaffen habe, könne als bewusste Politik gesehen werden – ungeachtet dessen, ob bewiesen werden könne, dass bestimmte Angriffe der Gruppe mit der pakistanis­chen Entscheidu­ngsfindung in Zusammenha­ng stünden.

 ?? AP-BILD: SWARUP ?? Beweisstüc­k oder Propaganda­schlacht: Experten des indischen Verteidigu­ngsministe­riums präsentier­ten in Neu Delhi medienwirk­sam Überreste einer Luft-Luft-Rakete, welche von der pakistanis­chen Luftwaffe abgefeuert wurde.
AP-BILD: SWARUP Beweisstüc­k oder Propaganda­schlacht: Experten des indischen Verteidigu­ngsministe­riums präsentier­ten in Neu Delhi medienwirk­sam Überreste einer Luft-Luft-Rakete, welche von der pakistanis­chen Luftwaffe abgefeuert wurde.

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