Streit um Pannen und missachtete Hinweise
Niedersachsens Landtag debattiert über Missbrauchs- und Polizeiskandal in Lügde
HANNOVER/LÜGDE – Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) will Täter in Fällen von sexuellem Missbrauch konsequent verfolgen und hart bestrafen. „Einen milderen Umgang oder gar eine Art des Wegschauens für bestimmte Tätergruppen gibt es dabei nicht“, sagte Havliza am Donnerstag in Hannover bei einer Landtagsdebatte über den Missbrauchs-Skandal von Lügde und die Anti-Missbrauchskonferenz im Vatikan. Die Grünen im Landtag forderten mit Blick auf den Fall in Lügde, Sozialministerin Carola Reimann (SPD) müsse die Arbeit der Jugendämter genauer unter die Lupe nehmen.
In dem Ort an der niedersächsischen Landesgrenze waren seit dem Jahr 2008 nach bisherigen Erkenntnissen auf einem Campingplatz mindestens 31 Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahren in mehr als 1000 Fällen Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. Bei den Ermittlungen der Polizei in NRW gab es mehrere Pannen. Auch der niedersächsische Landkreis Hameln-Pyrmont musste Fehler einräumen. Das Jugendamt Hameln hatte den heutigen Hauptverdächtigen, der auf dem Cam- pingplatz wohnte, 2017 als Pflegevater für ein kleines Mädchen eingesetzt. Dies soll Wunsch der Kindesmutter gewesen sein. Zudem soll ein mittlerweile freigestellter Mitarbeiter des Jugendamtes die Akten manipuliert haben.
Die Staatsanwaltschaft Detmold ermittelt unterdessen auch gegen Polizeibeamte und Mitarbeiter in Jugendämtern in Lippe und Hameln. Dabei geht es um die Frage, ob Hinweise missachtet wurden. Sozialministerin Reimann sagte, es handle sich um einen der größten Missbrauchsfälle in Deutschland. Die Grünen im Landtag forderten von Reimann eine aktivere Rolle. Das Land müsse die Arbeit der Jugendämter und die Zusammenarbeit mit anderen Behörden genau auf Schwachstellen untersuchen, sagte Fraktionschefin Anja Piel.