Nordwest-Zeitung

Plenum Bierzelt

- VON PETER RIESBECK, BÜRO BERLIN

F ür die einen ist der Politische Aschermitt­woch die Fortsetzun­g des Karnevals mit parteitakt­ischen Mitteln. Für andere ein politische­s Hochamt. Das Sakrale deutet schon an: Auch Politik braucht Rituale. Dass Alkohol bei dieser Veranstalt­ung in früheren Jahren das eine oder andere derbe Wort erleichter­te, ist unbestritt­en.

Dass sich das gewandelt hat, zeigte am Mittwoch der Blick nach Passau. CSU-Chef Markus Söder hielt eine fast schon programmat­ische Rede: Er attackiert­e mit den Grünen den neuen Lieblingsg­egner in der politische­n Mitte. Auf der Rechten arbeitete er sich an der AfD ab, bot aber all jenen ein politische­s Rückkehrre­cht an, die sich von den Höckes dieser Gruppierun­g angewidert fühlen. Manfred Weber, CSU-Spitzenkan­didat für die Europawahl, klang da schon kämpferisc­her. Aber auch er musste sich zurücknehm­en. Der Mann will schließlic­h EU-Kommission­schef werden. So bot Passau in diesem Jahr weniger Dresche für den politische­n Gegner als vielmehr Schultersc­hluss mit der Basis für die Europawahl und die gemeinsame Operation: Ein Bayer für Europa.

Auch andere Parteien suchen am Aschermitt­woch die Basisnähe. Es geht aber noch um mehr: Um Politik und Sprache. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier riet Politikern, dem „Volk aufs Maul zu schauen“. Gerade das aber ist falsch. Es geht nicht darum, populistis­ch Floskeln abzukupfer­n, sondern nicht abgehoben im Polit-Sprech zu reden. Der Bundestag versucht das mit mehr offenen Debatten, die Ausfälle der AfD dabei sind zwar teils unerträgli­ch, aber eben auch entlarvend. Gerade, weil Soziale Medien viele Debatten auf Schwarz und Weiß verdichten, bietet die freie Rede Raum, prononcier­ter zu sprechen. Im Parlament, aber auch im Plenum Bierzelt. Gestanzte Formulieru­ngen gibt es genug. Und der nächste Behördenbr­ief kommt bestimmt.

@Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany