Plenum Bierzelt
F ür die einen ist der Politische Aschermittwoch die Fortsetzung des Karnevals mit parteitaktischen Mitteln. Für andere ein politisches Hochamt. Das Sakrale deutet schon an: Auch Politik braucht Rituale. Dass Alkohol bei dieser Veranstaltung in früheren Jahren das eine oder andere derbe Wort erleichterte, ist unbestritten.
Dass sich das gewandelt hat, zeigte am Mittwoch der Blick nach Passau. CSU-Chef Markus Söder hielt eine fast schon programmatische Rede: Er attackierte mit den Grünen den neuen Lieblingsgegner in der politischen Mitte. Auf der Rechten arbeitete er sich an der AfD ab, bot aber all jenen ein politisches Rückkehrrecht an, die sich von den Höckes dieser Gruppierung angewidert fühlen. Manfred Weber, CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, klang da schon kämpferischer. Aber auch er musste sich zurücknehmen. Der Mann will schließlich EU-Kommissionschef werden. So bot Passau in diesem Jahr weniger Dresche für den politischen Gegner als vielmehr Schulterschluss mit der Basis für die Europawahl und die gemeinsame Operation: Ein Bayer für Europa.
Auch andere Parteien suchen am Aschermittwoch die Basisnähe. Es geht aber noch um mehr: Um Politik und Sprache. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier riet Politikern, dem „Volk aufs Maul zu schauen“. Gerade das aber ist falsch. Es geht nicht darum, populistisch Floskeln abzukupfern, sondern nicht abgehoben im Polit-Sprech zu reden. Der Bundestag versucht das mit mehr offenen Debatten, die Ausfälle der AfD dabei sind zwar teils unerträglich, aber eben auch entlarvend. Gerade, weil Soziale Medien viele Debatten auf Schwarz und Weiß verdichten, bietet die freie Rede Raum, prononcierter zu sprechen. Im Parlament, aber auch im Plenum Bierzelt. Gestanzte Formulierungen gibt es genug. Und der nächste Behördenbrief kommt bestimmt.
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