Politik ohne Witz
Soziologe Prof. =r. Andreas Schelske >56?@ommunikationswissenschaft und PRA von der Bade Hochschule spricht Cber die Relevanz des politischen Aschermittwochs. Und Cber den Humor als @ommunikationsform.
FRAGE: „ie zeitgemäß ist der politische Aschermittwoch noch? W s leistet der Humor? SCHELSKE: Der Tag steht in einer Tradition, die witzige und satirische Kommunikationsformen als politisches Statement pflegt. Einschaltquoten verweisen darauf, dass satirische Medienformate sehr zeitgemäß sind. Manche Rezipienten behaupten sogar, dass satirische Nachrichten informativer seien, weil sie die Tatsachen besser skizzieren. Die Wissenschaft und die Politik kommunizieren in der Regel ohne einen Witz, weshalb Gesellschaften sich einen sozialen Kontext schaffen, um über das zu sprechen, worüber im Ernst nicht gesprochen werden kann oder soll. Im Witz lassen sich Ängste, Tabus und Vorurteile aussprechen, um darüber zu lachen, dass es nicht wirklich wahr ist, was dort ausgesprochen wurde. Leider werden schlechte Witze mittels Unwahrheiten oft über Minderheiten gemacht – die sich kaum wehren können. Es könnte sein, dass es für den Nordwesten etwas unverständlich wirkt, wie wenig ernsthaft mit Minderheiten umgegangen wird und wie viel Witz im Süden benötigt wird, um ungewohnte Dinge überhaupt anzusprechen. FRAGE: Wie wichtig ist heut zut ge ein entsprechender Showeffekt für Politiker? SCHELSKE: Politik in der Netzwerkgesellschaft muss ein Medienereignis sein, um wahrgenommen zu werden. Erfolgreiche Politiker versuchen gegenwärtig eine Rolle einzunehmen, die authentisch wirkt und in den computerunterstützten Medien gut vernetzt ist. Nicht die Qualität der Show bestimmt den Erfolg, sondern mit der Qualität der Follower entscheidet sich zunehmend eine Wahl. Eine Politik, die auf Vernunft setzt, hat sicher viele Vorzüge, aber wenn sich Bürger durch sie unwohl fühlen und nichts zu lachen haben, wird sie auf kurz oder lang scheitern. FRAGE: W s reizt Sie persön lich m politischen Ascher mittwoch?
SCHELSKE: Als Protestant und Soziologe amüsiert er mich, weil dort Akteure sich selbst Fettnäpfen aufstellen, in die sie bei ungeschickter Formulierung selbst hineintreten. Der Witz des politischen Aschermittwochs besteht deshalb darin, dass er selbst kein Witz ist, sondern politische Konsequenzen impliziert und darüber lässt sich als Nordlicht trefflich lachen.