Schulen schlagen Alarm
Mittel um 60 Prozent reduziert – Dramatische Finanzlage an allen vier Berufsbildenden Schulen
Budgetkürzungen um bis zu 60 Prozent nehmen den Berufsschulen die Luft zum Atmen. Jetzt schlagen die Einrichtungen Alarm: Man habe keinerlei finanziellen Spielraummehr ...........
A– Felt um Vertretungs> unterricht, der immer häufiger nicht stattfinden kann. Und es geht um Fortbildungen, die eben> falls gestoppt werden müssen. Hintergrund sind starke Kürzungen.
OLDENBURG – Deg Jerufsbildenden Schulen (BBS) der Stadt geht die finanzielle Puste aus. Grund ist ein massiver Einschnitt im Budget. „Unser Budget wurde um 60 Prozent gekürzt“, hieß es am Mittwoch aus der Leitungsebene einer der vier städtischen BBSen, die immerhin von 12 000 Schülerinnen und Schülern besucht werden. Die Unterrichtsversorgung sinkt dadurch inzwischen schon auf bis zu gut 80 Prozent – ein allgemein als absolut kritisch angesehener Wert, der weder den Schülern noch den Standards der Unternehmen gerecht werde, so einer der Verantwortlichen gegenüber der Ð. Die BBSen stünden „mit dem Rücken zur Wand“.
Das Budget des Landes setzt sich aus jährlichen Zuweisungen und Überträgen aus den Vorjahren zusammen. Der größte Teil stammt aus den Jahren, an denen an Berufsbildenden Schulen landesweit etwa 800 Lehrerstellen aufgrund des Bewerbermangels nicht besetzt werden konnten. Dieses Geld ist nun weitgehend aufgebraucht „mit dramatischen Folgen auch für die BBSen in der Weser-Ems-Region“, heißt es aus den Berufsschulen.
Das Geld aus dem Budget konnten die Berufsbildenden Schulen bisher eigenverantwortlich einsetzen. Sie bezahlten davon Fortbildungen und Dienstfahrten, aber auch die befristete Anstellung von Vertretungslehrkräften.
Weil das Budget nun um etwa 60 Prozent geringer ausfällt als im Vorjahr, haben die Berufsbildenden Schulen „keinerlei finanziellen Spielraum mehr“, so die Kritik.
Leiter zieht Reißleine
Gert Mora Motta, Schulleiter des BZTG Oldenburg zog nun die Reißleine: „Ich genehmige keine Fortbildungen und Dienstfahrten mehr. Dies ist gerade für eine technische Berufsbildende Schule katastrophal. Denn Projekte wie Smart Factory oder auch Industrie 4.0 unterrichten sich nicht von alleine. Meine Kolleginnen und Kollegen sind auf Fortbildungen einfach angewiesen“.
Mindestens genauso dramatisch sind die Folgen für die Unterrichtsversorgung am BZTG. Die Berufsbildenden Schulen wissen derzeit nicht, wie sie ohne Vertretungslehrkräfte den Unterricht im kommenden Schuljahr planen sollen. „Es fehlen Schwangerschaftsund Krankheitsvertretungen. Zudem sind gerade technische Berufsbildende Schulen auch auf Spezialisten angewiesen, die befristet bei uns angestellt werden“, so Mora Motta weiter.
Diedrich Ahlfeld, Schulleiter der BBS Haarentor bestätigt das: „Vielen der an den Schulen befristet beschäftigten Lehrkräften hilft keine Planstelle weiter, weil sie oft keine Laufbahnbefähigung haben und sich deshalb gar nicht erst bewerben können. Darum ist für die BBSen ein auskömmliches Budget für die befristete Anstellung lebensnotwendig“.
Ähnlich stellt sich die Situation an der BBS 3 Oldenburg da. Hier würden befristet angestellte Lehrkräfte dringend benötigt, so die Schule, weil die ausgeschriebenen Stellen nicht mit geeigneten – sprich ausgebildeten Lehrkräften – besetzt werden könnten. „Es sind einfach zu wenig geeignete Bewerber auf dem Markt“sagt Tatjana Meyer zum Felde, kommissarische Schulleiterin der BBS 3. „Besonders betroffen sind die sozialpädagogischen Bildungsgänge. Bislang konnten wir die entstandenen Lücken mit Teilzeitkräften im Angestelltenverhältnis auffüllen, deren Verträge wir aber nun auflösen müssen. Das erscheint angesichts der Tatsache, dass gerade in diesem Bereich in den Einrichtungen Fachpersonal fehlt und dringend ausgebildet werden müsste als nicht akzeptabel“.
Kein Platz für Bewerber
Dabei würden sich die Kürzungen besonders ungünstig auf das Angebot für angehende Erzieherinnen und Erzieher und Sozialpädagogische Assistenten und Assistentinnen auswirken, die diese Bildungsgänge in Teilzeitform absolvieren wollten, heißt es. „Bereits in diesem Schuljahr war ein Angebot in vollem Umfang nicht möglich. Und nun wird es zu weiteren Kürzungen kommen müssen“so Tatjana Meyer zum Felde.
Sie befürchtet, dass im kommenden Schuljahr wegen mangelnder Kapazitäten viele Bewerberinnen und Bewerber abgelehnt werden müssen.
Und auch an der BBS Wechloy werden diese Befürchtungen geteilt. „Wir werden an der BBS Wechloy im kommenden Schuljahr über 3 Prozent Unterrichtsversorgung verlieren“, prognostiziert Schulleiter Oliver Pundt. „Die geringfügige Steigerung der Unterrichtsversorgung in diesem Schuljahr, die vom Ministerium als Erfolg dargestellt wird, ist damit wieder verpufft und wird auch bei uns wieder unter 90 Prozent fallen. Das hat mit erfolgreicher Ausbildung nicht mehr viel zu tun“, ärgert sich Pundt über die fehlenden Mittel.
Die Budgetkürzungen gingen so zu Lasten der Unterrichtsqualität und der -quantität. Viele BBSen befürchten eine noch höhere Absenkung der Unterrichtsversorgung als von Pundt vorausgesagt.
Doch nicht nur die Unterrichtsversorgung ist massiv beeinträchtigt. Auch die Entwicklung digitaler Lerninhalte und Methoden werde durch die fehlenden Fortbildungsmittel ausgebremst, kritisieren die Schulen. Dies sei „ein Armutszeugnis für den Bildungsstandort Niedersachsen“. Kultusminister Grant Hendrik Tonne ist von den Schulleitern der niedersächsischen Berufsbildenden Schulen auf diese Situation hingewiesen worden. Er wolle bis Ende des Monats Lösungen aufzeigen. „Diese werden jetzt aber auch sehr, sehr dringend benötigt“, so die vier Oldenburger Leiter. Zumal nicht einmal klar sei, was passiere, wenn die Schulen sich nun verschuldeten, um das Nötigste aufrecht zu erhalten. Eine Verschuldung von über 120 000 Euro an einzelnen BBSen sei so gut wie sicher, hieß es. „Wir dann der Leiter in Regress genommen?“