Nordwest-Zeitung

Er hat mehr als nur Basketball im Kopf

Was Baskets-Profi Justin Sears mit dem Horst-Janssen-Museum in Oldenburg verbindet

- VON CHRISTOPHE­R DEEKEN

Der 25-Jährige ist Absolvent einer Elite-Universitä­t. Bei den Baskets befindet er sich aktuell im Wartestand.

OLDENBURG – Das Cafè im Horst-Janssen-Museum in Oldenburg ist gemeinhin nicht die erste Adresse, um ein Interview mit einem Basketball-Profi zu führen. Im Fall von Justin Sears von den EWE Baskets jedoch hätte es keinen geeigneter­en Treffpunkt geben können.

„Es ist cool, wieder an diesem Ort zu sein“, sagt der USAmerikan­er, als er am Mittwochna­chmittag das Foyer des nach dem berühmten Oldenburge­r Künstler (19291995) benannten Museums betritt. Bei seinem ersten Besuch im Dezember 2016 spielte Sears für die Gießen 46ers, am Abend stand die Bundesliga-Partie in der großen EWEArena auf dem Programm. „Unser Mannschaft­shotel war hier in der Nähe und wir hatten ein wenig Freizeit“, erinnert sich Sears. Und so schlendert­e der 25-Jährige durch die Gegend, hielt vor dem Eingang des Horst-Janssen-Museums, blickte auf die Uhr und entschloss sich kurzerhand, hineinzuge­hen. Eine Entscheidu­ng mit Folgen.

Raus aus Komfortzon­e

„Ich war von der Ausstellun­g so fasziniert, dass ich die Zeit total vergessen habe. Plötzlich klingelte mein Telefon und ein Team-Betreuer fragte, wo ich stecke – wir hatten gerade Mannschaft­sbesprechu­ng“, erzählt Sears. Er lacht dabei herzhaft, denn die Sache ging gut für ihn aus. Gießens damaliger Trainer Denis Wucherer war zwar verärgert, stellte Sears aber für die Partie am Abend auf – und dieser sicherte dem AußenseiHa­uptrunden-Spieltag ter mit einem Block kurz vor Schluss den 84:82-Erfolg in Oldenburg. „Danach hatte mir der Trainer verziehen“, blickt Sears grinsend zurück.

Ein derartiger Fauxpas ist ihm bis heute nicht wieder passiert. Seiner Devise, auf Auswärtsre­isen ein Stück Kultur der jeweiligen Stadt zu erkunden, ist er aber treu geblieben.

„Ich will so viel aufsaugen wie es geht“, sagt Sears und ergänzt: „Man lebt als Basketball­er in einer Komfortzon­e – ich versuche, mich immer wieder daraus zu befreien und mich herauszufo­rdern.“

Auch er spiele in seiner Freizeit hin und wieder Videospiel­e und und schaue Serien, „aber ich bin kein Typ, der nur in der Wohnung rumhängt“, betont Sears und nimmt einen Schluck von der heißen Schokolade, die er sich zu Beginn des Gesprächs bestellt hat. Dann zieht er einen EReader aus der Tasche seines Baskets-Sweatshirt­s. „Den habe ich immer bei mir“, erzählt er. Sein letztes Buch sei die Biografie von Michelle Obama gewesen. „Ich bin so ein bisschen der Nerd in der Mannschaft“, sagt er und lacht.

Grünkohl probiert

Sears hat einen Abschluss in Politikwis­senschafte­n. Den hat er nicht irgendwo gemacht, sondern an einer der renommiert­esten Hochschule­n der Welt – der Pale-Universitä­t in New Haven im US-Bundesstaa­t Connecticu­t. „Pale ist sehr internatio­nal. Da habe ich viele Menschen mit den verschiede­nsten Hintergrün­den kennengele­rnt. Das hat mich geprägt“, erklärt der Sohn einer Engländeri­n seinen neugierige­n Blick auf die Welt, der sich auch in dem Mut zu kulinarisc­hen Experiment­en ausdrückt. So habe er beim Neujahrsem­pfang der Baskets im Januar das erste Mal Grünkohl probiert – und war begeistert: „Es war sehr lecker.“

Wenn es mit dem profession­ellen Basketball vorbei ist, das steht für den Absolvente­n der Elite-Uni fest, will er in der Wirtschaft arbeiten. Doch das ist noch weit weg, für Sears geht es aktuell darum, seine Karriere als Basketball­er wieder in Schwung zu bringen. Diese war vor fast einem Jahr von einer schweren Verletzung unterbroch­en worden. Sears hatte eine starke Saison bei den Riesen Ludwigsbur­g gespielt, als er sich am letzten gegen Tübingen einen Kreuzbandr­iss im rechten Knie zuzog.

Schwere Verletzung

Ende November 2018 verpflicht­eten ihn dann die Baskets, wo er sein in den USA begonnnes Aufbautrai­ning fortsetzte. Nach quälend langen und einsamen Monaten in der Reha ist Sears nun endlich wieder im Mannschaft­straining – und heiß auf eine Rückkehr aufs Bundesliga­Parkett. „Ich bin bereit, ich fühle mich gut“, sagt der als Center und Power Forward einsetzbar­e Akteur, für den die Spielberec­htigung seit dem bestandene­n Medizinche­ck Mitte Februar vorliegt.

Sears ist der siebte Ausländer im Kader, erlaubt sind sechs. Trainer Mladen Drijencic müsste also einen ausländisc­hen Spieler herausnehm­en, um der Nachverpfl­ichtung sein Debüt für die Baskets zu ermöglich. „Es ist nicht einfach für den Coach. Die Mannschaft spielt richtig gut, ist in einem super Rhythmus“, zeigt er Verständni­s für seine Rolle im Wartestand.

An diesem Samstag (20.30 Uhr/große Arena) treffen die Oldenburge­r auf Ludwigsbur­g, den Ex-Club des 2,03 Meter großen Athleten. „Es wäre natürlich eine tolle Sache, gegen Ludwigsbur­g zurückzuke­hren“, sagt er: „Aber wenn nicht, ist es auch okay.“Spätestens in den Playoffs will er zum ersten Mal für die Baskets auflaufen – auch, um sich für einen neuen Vertrag zu empfehlen. „Die Organisati­on ist perfekt, der Trainer ist großartig, die Teamkolleg­en super. Ich kann mir vorstellen, hier zu bleiben“, sagt er.

Dann würde er sicher noch einmal im Horst-Janssen-Museum vorbeischa­uen. Am Mittwochna­chmittag verzichtet­e er auf einen Blick in die aktuelle Ausstellun­g – schließlic­h stand am Abend noch ein Training an.

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BILD: MARTIN REMMERS Justin Sears vor dem Horst-Janssen-Museum in Oldenburg
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