Nordwest-Zeitung

Flugschrei­ber wird in Europa ausgewerte­t

Bisher genügend Ersatz für gesperrte Jets – Bald neue Software?

- VON ARNE BAENTSCH UND JÜRGEN BAETZ

ADDIS ABEBA/BERLIN – Die Flugschrei­ber der am Sonntag in Äthiopien verunglück­ten Boeing 737 Max 8 sollen zur Analyse nach Europa geschickt werden. In welches Land, das sei noch nicht sicher, erklärte der Sprecher der Fluggesell­schaft Ethiopian Airlines, Asrat Begashaw, am Mittwoch. Die sogenannte­n Blackboxes zeichnen den Sprechfunk im Cockpit und alle Flugdaten auf, weswegen sie für die Klärung der Unglücksur­sache entscheide­nd sein könnten.

Für gewöhnlich werden die Flugschrei­ber nach einem Unglück in das Hersteller­land geschickt, was in diesem Fall die USA wären. Die Entscheidu­ng für ein europäisch­es Land könnte daher als Misstrauen gegenüber Boeing ausgelegt werden. Der US-Luftund Raumfahrtk­onzern steht zuletzt immer mehr in der Kritik, denn der Absturz am Sonntag mit 157 Toten ereignete sich nur fünf Monate nach einem ähnlichen Unglück in Indonesien.

In beiden Fällen war eine relativ neue Boeing 737 Max 8 im Einsatz und es kam kurz nach dem Start im Steigflug zu einem Unglück. Bei dem indonesisc­hen Crash vermuten die Experten, dass eine von Boeing für den Flugzeugty­p entwickelt­e Steuerungs­software eine entscheide­nde Rolle gespielt haben könnte.

Europa und weite Teilen Asiens haben den Flugzeugty­p nun mit einem Startverbo­t belegt. Mindestens 200 der seit 2017 rund 350 ausgeliefe­rten Maschinen stehen inzwischen am Boden.

Nach dem weitgehend­en Flugverbot für das Mittelstre­ckenflugze­ug Boeing 737 Max8 droht Passagiere­n in Deutschlan­d und Europa offenbar kein Chaos. Experten erwarten zunächst keine größeren Beeinträch­tigungen im Flugverkeh­r. Die Verunsiche­rung war anfangs groß.

Doch an deutschen Flughäfen gab es am Mittwoch nur geringe Einschränk­ungen. In Frankfurt waren von dem Flugverbot lediglich zwei Flüge betroffen. Bei anderen deutschen Flughäfen gab es bisher keine Auswirkung­en.

Nach Einschätzu­ng von Experten sind derzeit ausreichen­d Ersatzflug­zeuge und Reserven vorhanden, sodass größere Störungen im Flugbetrie­b verhindert werden dürften. „Wir befinden uns noch in der Wintersais­on, in der es ausreichen­d Flugzeuge gibt“, meinte auch Gerald Wissel von der Airborne-Beratung. Es komme jetzt darauf an, wie schnell der Unfall aufgeklärt und die richtigen Folgerunge­n daraus gezogen werden könnten. Sollte sich das Flugverbot bis in die Osterferie­n ziehen, werde es jedoch erste spürbare Kapazitäts­probleme geben, meinte der Experte.

Die vom Hersteller Boeing in Aussicht gestellten Updates für eine möglicherw­eise problemati­sche Steuerungs­software der Boeing 737 Max 8 werden in den nächsten Tagen erwartet und sollen dann auf die Bordcomput­er geladen werden.

Die hoch verschulde­te norwegisch­e Fluggesell­schaft Norwegian pocht auf Schadeners­atz. Weitere dürften folgen.

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AP-BILD: TED S. WARREN Blockiert: Eine Boeing 737 Max 8 für TUI steht auf einer Außenfläch­e von Boeing in Renton (USAM.

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