Laptop und iPad statt Hammer und Meißel
Wie sich Berufe in den vergangenen Jahren gewandelt haben – Häufig falsche Vorstellungen
Die Digitalisierung hat auch im Handwerk Einzug gehalten. Die Arbeitsagentur rät zu Schnupperpraktika.
OLDENBURG – Die gute alte Rohrzange kommt im Betrieb von Stefan Korfhage immer noch gelegentlich zum Einsatz. Immer häufiger sind jedoch Computer oder Tablet das wichtigste Werkzeug. „Früher haben wir viel geschweißt und gelötet oder mit Hammer und Meißel gearbeitet – heute spielt das nur noch eine geringe Rolle“, sagt der Geschäftsführer der Korfhage GmbH, einem Heizungs-, Bad- und Sanitärspezialisten aus Oldenburg. „Das Berufsbild ist inzwischen megabreit, Elektrik und Elektronik nehmen mittlerweile einen großen Raum ein.“
Der Handwerksbetrieb mit seinen 20 Mitarbeitern, darunter sechs Auszubildende, steht exemplarisch für den Wandel, den viele Berufe in den vergangenen Jahren durchlebt haben. Die Digitalisierung hat längst auch im Handwerk Einzug gehalten. „Viele haben immer noch alte Bilder vom Klempner oder Schrauber im Kopf“, sagt Dr. Thorsten Müller, Leiter der Agentur für Arbeit OldenburgWilhelmshaven, anlässlich der Woche der Ausbildung. „Dabei haben sich viele Berufe in den letzten 10 bis 15 Jahren vollkommen gewandelt.“
Das fängt schon beim Namen an: Der Beruf, den viele mit dem Klempner verwechseln, heißt heute Anlagenmechaniker Sanitär Heizung Klima (SHK). Viel wichtiger sind aber die inhaltlichen Veränderungen. „Bei uns kommt immer mehr Technik rein“, sagt Michael Richter, Prokurist bei Korfhage. Am Computer zeigt er, wie er verschiedene Lösungen für ein neues Bad simulieren kann. „Im Prinzip können wir am Bildschirm direkt in das Bad reingucken und dem Kunden zeigen, wie der Raum künftig aussehen wird“, sagt er. Mit wenigen Handgriffen lässt sich etwa am Bildschirm eine andere Badewanne einbauen.
Wenn die Mitarbeiter von Korfhage eine Heizungsanlage überprüfen, dann ist der Werkzeugkoffer zwar immer noch dabei, die Fehlersuche erfolgt aber immer häufiger über Laptop oder Tablet. „Früher war vor allem Muskelkraft gefragt, heute vor allem Köpfchen“, sagt Richter.
Dass die körperliche Belastung abgenommen hat, kommt auch Frauen wie Vanessa Hagenböhmer zugute. Sie absolviert bei Korfhage mittlerweile im dritten Lehrjahr eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin Sanitär Heizung Klima. „Der Beruf ist extrem abwechslungsreich“, sagt sie. „Es wird nie langweilig und man hat eigentlich jeden Tag etwas anderes zu tun.“
Die Vielfalt des Berufes und die Karrierechancen haben sich aber offenbar noch nicht überall herumgesprochen. 2018 waren bei der Arbeitsagentur 131 Ausbildungsplätze als Anlagenmechaniker SHK von regionalen Betrieben gelistet. Zugleich gab es aber nur 96 registrierte Bewerber. „Wir haben hier einen Engpass“, sagt Müller. Kein Einzelfall: Auch in anderen modernen Berufen wie Feinwerkmechaniker, Zahntechniker oder Mechatroniker für Kältetechnik übersteige der Bedarf an Nachwuchskräften deutlich die Nachfrage.
„Es gibt viele spannende Berufe mit Potenzial und guten Zukunftsaussichten“, sagt Müller. Es lohne sich, sich selbst ein Bild davon zu machen, etwa bei einem Schnupperpraktikum. Auch bei Korfhage haben viele Mitarbeiter über ein Praktikum oder kleine Helferdienste den Weg in den Betrieb gefunden. So wie Eray Furkan Kayada. Vor vier Jahren ist er aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Nachdem er einige Zeit in die Arbeit bei Korfhage hineingeschnuppert hatte, fand er Gefallen an dem Beruf, begann eine Ausbildung und ist heute im dritten Lehrjahr. Bereut hat er seinen Entschluss nicht. „Das war die absolut richtige Entscheidung“, sagt er. „Was ich hier gelernt habe, ist für mich Gold wert.“