Snacken, schnacken, proaten? Alles Platt!
Anfang April geht’s nicht um Sieg und Niederlage, sondern um den Erhalt der Sprache
Fortwährenden Frontalunterricht im Niederdeutschen gibt es nicht. Oftmals sorgt aber der bloße Spaß an der Freud’ für echte Lernerfolge.
EVERSTEN – Sprache ist Heimat, Sprache verändert sich – und manchmal ja vielleicht auch ihre Sprecher. Nun ist die hochdeutsche Sprache für manchen Schüler schon Herausforderung genug; dass es da trotzdem Spaß bereiten kann, sich auch mal mit den niederdeutschen Ausläufern zu beschäftigen, erfahren nicht nur, aber auch die Kinder der Grundschule am Staakenweg.
„Platt maakt Spaaß!“, steht auf den Blättern der drei hiesigen Plattsnacker Philipp, Zoé und Tilda – zugegeben, dieser Schriftzug war Wunsch des Fotografen. Tatsächlich hatte das Trio da aber noch einige weitere Adjektive in petto, die durchaus überraschen. „Platt maakt plietsch!“(Platt macht pfiffig/schlau) beispielsweise, oder auch „Platt is cool!“.
Solche Begeisterung für einen Dialekt ist in jungen Jahren nicht selbstverständlich. Erst recht nicht für einen derart vielfältigen. Schließlich umfasst allein das Oldenburger Platt drei variantenreiche Mundarten – nordoldenburgisch, südoldenburgisch und dazu noch das Jeverländer Platt. Wer da noch durchblicken soll? Na, Schüler von der 3. Klasse bis zum vollendeten 21. Lebensjahr: sie dürfen am „Plattdeutschen und Saterfriesischen Lesewettbewerb“teilnehmen, der alle zwei Jahre ausgerichtet wird.
Dabei handelt es sich nicht allein um einen charmanten Leistungsvergleich, sondern auch um ein Projekt, „dat de Spraak mehr snackt ward“. Einzige Aufgabe: Mindestens drei Minuten lang aus einem entsprechenden Text vorlesen. Eine Jury wird dann auf Vortrag und Betonung achten, „aber vor allem, ob das Platt authentisch ist“, sagt Andrea Cordes (Wettbewerbs-Koordinatorin und zugleich Beraterin für die Region und ihre Sprachen an der Niedersächsischen Landesschulbehörde). Mit bloßem Auswendiglernen ist es also nicht getan.
Für die Wettbewerbsteilnehmer kein Problem, im Gegenteil. Die Vorfreude ist groß, auch bei Philipp, Zoé und Tilda. Wer aus diesem Staakenweg-Trio dann aber am 3. April (15 Uhr) ein Heimspiel hat – an ihrer Schule wird schließlich der städtische Entscheid ausgetragen –, ist noch ungewiss und muss von einer internen Vorjury geklärt werden. Sicher aber ist, dass die Konkurrenz der umliegenden Schulen ebenso engagiert zu Werke gehen wird. Von Auflage zu Auflage dEs „lääswettstriets“steigert sich die Zahl der Teilnehmer: 2017 waren es derer 16, davor deutlich weniger. Und 2019? Noch bis zum 20. März läuft die Anmeldefrist. Danach weiß Andrea Cordes mehr.
Lehrerin Lini Liebenow, selbst mit ostfriesischem Platt aufgewachsen, flechtet hier das Oldenburger Platt immer wieder in den Schulalltag ein. Mal beim Frühsingen, mal in Rollenspielen, nahezu immer im Textilunterricht. Ja, auf dem „platten Land“helfen die Eltern und Großeltern häufiger mal im aktiven Wortschatz nach. In der Stadt aber gibt es nur selten echte Sprechanlässe. Deshalb starten die meisten Kinder bei Null, dem Hochdeutschen. Trotz aller Bemühungen – so hat die Grundschule Staakenweg nun einen älteren „Gastplattsnacker“für die Kinder gewinnen können – bleibt’s also eine Spaßangelegenheit. Um ähnliche Lerneffekte wie bei der Vermittlung von Fremdsprachen zu erzielen, bräuchte es da schon verpflichtender Schulpläne, eines Frontalunterrichts. Was immer dabei helfen mag, die Heimatsprache lebendig zu halten – ob „Spaaß“, Coolness oder Pfiffigkeit – hier wird’s probiert, mit schönem Erfolg.
■ Am 7. Juni wird der Bezirksentscheid für Nord- und Südoldenburg ausgetragen, am 26. Juni dann der Landeswettbewerb in Hannover.
■ Kinder und Jugendliche, die am „Lääswettstriet“teilnehmen wollen, dies aber nicht über ihre Schule können, sollten sich bei Andrea Cordes melden. Emailadresse: Andrea.Cordes2@nlschb.de