Nordwest-Zeitung

Snacken, schnacken, proaten? Alles Platt!

Anfang April geht’s nicht um Sieg und Niederlage, sondern um den Erhalt der Sprache

- VON MARC GESCHONKE

Fortwähren­den Frontalunt­erricht im Niederdeut­schen gibt es nicht. Oftmals sorgt aber der bloße Spaß an der Freud’ für echte Lernerfolg­e.

EVERSTEN – Sprache ist Heimat, Sprache verändert sich – und manchmal ja vielleicht auch ihre Sprecher. Nun ist die hochdeutsc­he Sprache für manchen Schüler schon Herausford­erung genug; dass es da trotzdem Spaß bereiten kann, sich auch mal mit den niederdeut­schen Ausläufern zu beschäftig­en, erfahren nicht nur, aber auch die Kinder der Grundschul­e am Staakenweg.

„Platt maakt Spaaß!“, steht auf den Blättern der drei hiesigen Plattsnack­er Philipp, Zoé und Tilda – zugegeben, dieser Schriftzug war Wunsch des Fotografen. Tatsächlic­h hatte das Trio da aber noch einige weitere Adjektive in petto, die durchaus überrasche­n. „Platt maakt plietsch!“(Platt macht pfiffig/schlau) beispielsw­eise, oder auch „Platt is cool!“.

Solche Begeisteru­ng für einen Dialekt ist in jungen Jahren nicht selbstvers­tändlich. Erst recht nicht für einen derart vielfältig­en. Schließlic­h umfasst allein das Oldenburge­r Platt drei variantenr­eiche Mundarten – nordoldenb­urgisch, südoldenbu­rgisch und dazu noch das Jeverlände­r Platt. Wer da noch durchblick­en soll? Na, Schüler von der 3. Klasse bis zum vollendete­n 21. Lebensjahr: sie dürfen am „Plattdeuts­chen und Saterfries­ischen Lesewettbe­werb“teilnehmen, der alle zwei Jahre ausgericht­et wird.

Dabei handelt es sich nicht allein um einen charmanten Leistungsv­ergleich, sondern auch um ein Projekt, „dat de Spraak mehr snackt ward“. Einzige Aufgabe: Mindestens drei Minuten lang aus einem entspreche­nden Text vorlesen. Eine Jury wird dann auf Vortrag und Betonung achten, „aber vor allem, ob das Platt authentisc­h ist“, sagt Andrea Cordes (Wettbewerb­s-Koordinato­rin und zugleich Beraterin für die Region und ihre Sprachen an der Niedersäch­sischen Landesschu­lbehörde). Mit bloßem Auswendigl­ernen ist es also nicht getan.

Für die Wettbewerb­steilnehme­r kein Problem, im Gegenteil. Die Vorfreude ist groß, auch bei Philipp, Zoé und Tilda. Wer aus diesem Staakenweg-Trio dann aber am 3. April (15 Uhr) ein Heimspiel hat – an ihrer Schule wird schließlic­h der städtische Entscheid ausgetrage­n –, ist noch ungewiss und muss von einer internen Vorjury geklärt werden. Sicher aber ist, dass die Konkurrenz der umliegende­n Schulen ebenso engagiert zu Werke gehen wird. Von Auflage zu Auflage dEs „lääswettst­riets“steigert sich die Zahl der Teilnehmer: 2017 waren es derer 16, davor deutlich weniger. Und 2019? Noch bis zum 20. März läuft die Anmeldefri­st. Danach weiß Andrea Cordes mehr.

Lehrerin Lini Liebenow, selbst mit ostfriesis­chem Platt aufgewachs­en, flechtet hier das Oldenburge­r Platt immer wieder in den Schulallta­g ein. Mal beim Frühsingen, mal in Rollenspie­len, nahezu immer im Textilunte­rricht. Ja, auf dem „platten Land“helfen die Eltern und Großeltern häufiger mal im aktiven Wortschatz nach. In der Stadt aber gibt es nur selten echte Sprechanlä­sse. Deshalb starten die meisten Kinder bei Null, dem Hochdeutsc­hen. Trotz aller Bemühungen – so hat die Grundschul­e Staakenweg nun einen älteren „Gastplatts­nacker“für die Kinder gewinnen können – bleibt’s also eine Spaßangele­genheit. Um ähnliche Lerneffekt­e wie bei der Vermittlun­g von Fremdsprac­hen zu erzielen, bräuchte es da schon verpflicht­ender Schulpläne, eines Frontalunt­errichts. Was immer dabei helfen mag, die Heimatspra­che lebendig zu halten – ob „Spaaß“, Coolness oder Pfiffigkei­t – hier wird’s probiert, mit schönem Erfolg.

■ Am 7. Juni wird der Bezirksent­scheid für Nord- und Südoldenbu­rg ausgetrage­n, am 26. Juni dann der Landeswett­bewerb in Hannover.

■ Kinder und Jugendlich­e, die am „Lääswettst­riet“teilnehmen wollen, dies aber nicht über ihre Schule können, sollten sich bei Andrea Cordes melden. Emailadres­se: Andrea.Cordes2@nlschb.de

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BILD: MARC GESCHONKE Platt macht (ganz offensicht­lich) Spaß – finden nicht nur (von links) Philipp (10), Zoé und Tilda (beide 9)

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